Schweizer Börse steigt bei Carbonfuture ein
Six steigt bei Carbonfuture ein
Börsenchef Sibbern: Wir glauben, das könnte eine der Assetklassen der Zukunft sein
hip London
Die Schweizer Börse Six ist beim Software-Start-up Carbonfuture eingestiegen. Wie die beiden Unternehmen mitteilen, hat der Marktinfrastrukturbetreiber die aktuelle Finanzierungsrunde (Series A) der Freiburger Firma angeführt. Für den Six-Börsenchef Bjørn Sibbern geht es um zwei Dinge: börsennotierte Gesellschaften auf ihrem Weg in die CO2-Neutralität zu unterstützen und dabei eine neue handelbare Assetklasse zu entwickeln.
Carbonfuture hat sich darauf spezialisiert, den gesamten Lebenszyklus von Kohlendioxid-Entfernungszertifikaten (Carbon Dioxide Removal, CDR) zu managen. Dabei handelt es sich um Belege dafür, dass der Atmosphäre dauerhaft Kohlenstoff entzogen wurde, etwa durch CO2-Abscheidung und Speicherung (CCS). „Wir glauben, das könnte eine der Assetklassen der Zukunft sein“, sagt Sibbern der Börsen-Zeitung.
Bislang nur Telefonhandel
Six gehöre nun zu den größten Anteilseignern von Carbonfuture. Allerdings handele es sich um eine Minderheitsbeteiligung. Wenn man heute CDR handeln wolle, müsse man das über das Telefon tun, sagt Sibbern. Künftig würden solche Produkte wohl zunächst in Auktionen gekauft und verkauft, bevor dann ein kontinuierlicher Handel stattfinde.
Die Kunden wollten Daten. Vielleicht könne man einen Index zusammenstellen. Vielleicht gebe es ja ein Produkt, auf das man Futures auflegen und für das man Clearing betreiben könne. In ein paar Jahren werde das alles einem traditionellen Markt wie dem für Aktien sehr ähnlich sein. „Aber wir sprechen da von mehr als drei oder vier Jahren“, sagt Sibbern.
„Da gibt es eine Menge Legacy“
„Wir sind im Moment noch ausschließlich in freiwilligen Märkten unterwegs“, sagt Carbonfuture-CEO Hannes Junginger. „Es gibt erste Compliance-Regimes, die in diese Richtung gehen. Aber im Grunde kann man sagen: Es gibt noch keine Compliance-Märkte für Carbon Removal.“ An Compliance-Märkten wie dem EU-Emissionshandelssystem werden Verschmutzungsrechte gehandelt. An den freiwilligen Märkten wird eine Vielzahl unterschiedlicher Produkte angeboten, von CO2-Ausgleichszertifikaten aus Wiederaufforstungsprojekten bis hin zu CDR. „Da gibt es eine ganze Menge Legacy“, sagt Junginger.
Überprüfbarkeit und Transparenz
Der große Unterschied sei: Mit der Kohlendioxid-Entfernung wird ein Service erbracht, der Energie und Geld kostet, sagt der Gründer und CEO. „Irgendjemand muss es ja machen: Das CO2 entziehen und dauerhaft speichern. Um das überhaupt zu ermöglichen, muss man es rigoros überprüfbar machen und Transparenz reinbringen“, sagt der Finanzmathematiker. „Sonst hat man sofort Anreizstrukturen, die in die falsche Richtung gehen.“
„Wir wollen Strukturen schaffen, die privatwirtschaftliche Akteure wie unsere Lieferanten, Betreiber von Pyrolyseanlagen zum Beispiel, dazu bringen, diesen Mehraufwand zu betreiben“, sagt Junginger. „Wenn es wirklich ein Markt werden soll, braucht es Regeln, an die sich alle halten müssen. Und die müssen staatliche Institutionen schaffen.“
„Six ist der erste Stratege“
In der Seed-Finanzierung habe man mit Risikokapitalgesellschaften und Business Angels gearbeitet. Mittlerweile hat Carbonfuture 40 Beschäftigte. „Six ist der erste Stratege“, sagt Junginger. „Wir wollen jetzt zusammen diese Assetklasse bauen. Wir wollen ein standardisiertes und handelbares Produkt entwickeln.“
Die bisherigen Investoren wie Carbon Removal Partners und 4Impact haben sich ihm zufolge an der Finanzierungsrunde beteiligt. Am Ende sei sie überzeichnet gewesen.
„Akademische Fingerübung“
Die Idee zu Carbonfuture entstand Junginger zufolge, nachdem ihm sein Freund Hansjörg Lerchenmüller die Problematik erläutert habe, „beim Mountain Biking, solange wir noch reden konnten beim Bergaufstrampeln“.
Dann habe er mit dem Mitgründer Matthias Ansorge 2019 angefangen, Frameworks zu modellieren, „eigentlich als akademische Fingerübung“. Ein Jahr später gründeten sie Carbonfuture.
Carbonfuture entwickelte die Software MRV+, die darüber berichtet, was über die Carbon-Removal-Wertschöpfungskette hinweg passiert: Monitoring, Reporting und Verifizierung. Dabei macht das Start-up nicht die eigentliche Verifizierung, sondern übergibt den entsprechenden Datensatz an Auditoren, die sie dann nach den entsprechenden Standards prüfen.
Externe Prüfer
Geprüft werden sie von Firmen wie Verra, Puro Earth oder Carbon Standards International. Die Software verbindet dann den generierten Credit mit Registerintegration und Marktplatzinfrastruktur, die solche Credits dann auch transferierbar machen.