Banken gehen auf Prüferinstitut los
Deutschlands Bankenverbände gehen auf das Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW) los. Heftig kritisiert die Deutsche Kreditwirtschaft (DK) vom IDW geplante Vorgaben an Prüfer hinsichtlich der Bilanzierung von Risikovorsorge nach HGB. IDW-Vorstandssprecher Klaus-Peter Naumann hält dagegen.Von Bernd Neubacher, FrankfurtDicke Luft zwischen Berlin und Düsseldorf, den Sitzen der deutschen Bankenverbände und des Instituts der Wirtschaftsprüfer (IDW). Ein Entwurf neuer Anleitungen für die Prüfer mit Blick auf die Bildung von Risikovorsorge nach HGB in Banken treibt die Verbände der privaten und Genossenschaftsinstitute, der Sparkassen, öffentlichen Banken und Pfandbriefbanken, zusammengeschlossen in der Deutschen Kreditwirtschaft (DK), auf die Barrikaden. “Die Vorgaben des Entwurfs kann man rein theoretisch zwar nachvollziehen, aber sie sind weder sachgerecht geschweige denn praktikabel”, teilt die Organisation der Börsen-Zeitung mit. Die Kritik am Entwurf: viel zu komplex, die geplante Umsetzung schon 2020 illusorisch. Eine Front der AblehnungDie Reaktion der Branche fällt heftig aus, auch weil sich die Verbände vom Entwurf der offiziell als “Stellungnahme” daherkommenden Anleitung offenbar überrumpelt fühlen. “Unserer Meinung nach darf ein solches Verfahren nicht erst mit der Veröffentlichung eines Stellungnahme-Entwurfs beginnen, sondern bereits mit der Aufnahme der Arbeit an einer solchen Stellungnahme”, heißt es in einer Stellungnahme, welche die DK am heutigen Mittwoch publizieren will. “Eine Einbeziehung der ,Stakeholder` vor Veröffentlichung eines Stellungnahme-Entwurfs ist mittlerweile gängige Praxis sowohl nationaler als auch internationaler Rechnungslegungsgremien. Auch wenn das IDW kein Standardsetzer ist und als eingetragener Verein ausschließlich die Interessen seiner Mitglieder vertritt, gehen wir davon aus, dass das IDW den Anspruch erhebt, dass seine Stellungnahmen zur Rechnungslegung breite Anwendung finden.”Die Front der Ablehnung dürfte das IDW überrascht haben, hatte es dort im Herbst doch noch geheißen, die Neuerung werde schon seit längerem mit Banken diskutiert. “Wir gehen davon aus, dass das Konsens finden wird”, hatte Burkhard Eckes, Vorsitzender des Bankenfachausschusses des IDW und Partner Banking & Capital Markets Leader bei PwC, der Börsen-Zeitung erklärt.IDW-Vorstandssprecher Klaus-Peter Naumann hält nun dagegen. Der Prozess der Konsultation beginne mit der Veröffentlichung des Entwurfs, sagt er der Börsen-Zeitung. Bisher habe das IDW viele Stellungnahmen erhalten, die in unterschiedliche Richtungen wiesen. Zu den Stakeholdern seien dabei neben der DK auch Aufseher und Aktionäre zu zählen. Naumann: “Gerade in der Frage, wie viel bilanzielle Vorsicht ausgeübt werden soll, würde ich mich nicht nur nach Banken richten wollen.” Die geplanten Fingerzeige des IDW betreffen nicht nur nach HGB bilanzierende Häuser, sondern auch die internationale Rechnungslegungsregeln anwendende Banken, die ihren Einzelabschluss nach dem Handelsgesetzbuch erstellen.Mit seiner Vorgabe will das IDW im HGB die Reform der Bildung von Risikovorsorge nachvollziehen, welche der internationale Bilanzstandard IFRS 9 schon für IFRS-Abschlüsse per 2018 eingeführt hat. Grundidee: Nach den Erfahrungen in der Krise, als Banken von sich rasch auftürmenden Belastungen destabilisiert oder gar überrollt wurden, müssen Institute ihre Risikovorsorge stärker vorausschauend bilden. So verpflichtet IFRS 9 Banken, schon bei Vergabe eines Kredits eventuelle Belastungen auf Sicht von zwölf Monaten als sogenannten Expected Loss und, sobald sich das Rating des Schuldners bedeutend verschlechtert, vorab über die gesamte Laufzeit der Forderung, als Expected Loss over Lifetime, zu bilanzieren. Es steht einiges auf dem SpielFür die deutsche Kreditwirtschaft steht dabei einiges auf dem Spiel: Nachdem eine florierende Konjunktur die Risikovorsorge vielerorts gen null gedrückt hat, geht angesichts schwacher Ertragskraft schon ohne Bilanzierungsänderung die Angst vor sich wieder häufenden Kreditausfällen und entsprechend heftigen Einschlägen in die Ergebnisrechnung um. Wie die Einführung von IFRS 9 dürfte auch die Umstellung der Risikovorsorge nach HGB für Banken höhere Pauschalwertberichtigungen bedeuten, wie es beim IDW im Oktober unter Verweis auf erste Berechnungen hieß. Bei Beobachtern wird denn auch schon gemutmaßt, offenbar scheine nicht jedes Institut das Mehr an bilanzieller Vorsicht infolge der neuen Vorgabe zu vertragen.”Eine Schätzung des Expected Loss over Lifetime ist schwer umsetzbar und mit den Prinzipien des HGB wenig vereinbar”, teilt die DK mit. Vielmehr plädieren die Banken dafür, die Berechnung des Verlustes auf Einjahressicht zum Referenzmodell zu erheben. “Eine barwertige Lifetime-Betrachtung ist allein wegen seiner Komplexität für den Jahresabschluss nach HGB unverhältnismäßig und daher ungeeignet”, heißt es in der Stellungnahme. Zudem pochen die Banken auf Methodenfreiheit, um den erwarteten Verlust “auf angemessene Weise zu schätzen”, und fordern überdies eine Verschiebung der Einführung. Dem IDW schwebt eine Anwendung auf “Abschlüsse für Geschäftsjahre, die nach dem 31.12.2019 beginnen”, vor. Die DK findet dazu deutliche Worte: “Eine Umsetzung schon im kommenden Jahr ist illusorisch, auch eine Frist per 2022 würde schwierig. Die Kreditinstitute müssten viele Daten nacherheben.” Das IDW, das noch bis Freitag dieser Woche Kommentare entgegennimmt, zeigt sich allerdings allein in der Frage der Frist kompromissbereit. Das HGB verlange es Banken ab, alle vorhersehbaren Verluste zu berücksichtigen, erklärt Naumann. Dies könne man nicht auf zwölf Monate begrenzen, nur weil dies schwierig sein möge: “Dafür sehe ich im HGB keine Grundlage.” Er würde es allerdings “nicht für unwahrscheinlich halten, dass wir die verpflichte Erstanwendung verschieben”, fügt er hinzu, ohne sich auf einen Zeitpunkt festzulegen.Der momentan gültige Standard zur Bildung von Pauschalwertberichtigungen ist 29 Jahre alt. Manches nach HGB bilanzierendes Institut richtet die Berechnung seiner Pauschalwertberichtigungen noch immer kurzerhand an der Steuerbilanz aus. Dies, räumt auch die DK ein, sei “nicht mehr zeitgemäß”.