Banken hoffen auf neue Geldpolitik

Branchenverband BdB legt Positionspapier zur Strategieüberprüfung der Europäischen Zentralbank vor

Banken hoffen auf neue Geldpolitik

Höhere Freibeträge für negative Zinsen auf Einlagen bei der Notenbank und ein flexibles Toleranzband statt eines fixen Inflationsziels: Das sind die wichtigsten Posten auf der Wunschliste der privaten Banken an die neue EZB-Präsidentin Christine Lagarde. Davon profitieren sollen auch die Kunden.lee Frankfurt – Die privaten Banken in Deutschland erhoffen sich von der angekündigten Strategieüberprüfung der Europäischen Zentralbank (EZB) Erleichterungen für ihre Branche. Besonders einschneidend seien die unerwünschten Nebenwirkungen der Negativzinsen: “Sie treffen Banken und Kunden gleichermaßen. Wir sitzen hier in einem Boot mit unseren Kunden”, sagte Co-Geschäftsführer des Bundesverbandes deutscher Banken (BdB) Christian Ossig. In einem Positionspapier, dass der Verband am Montag in Frankfurt vorstellte, fordert er, die Banken über den Staffelzins entschlossener von den negativen Zinsen zu entlasten. Dies ist aus Sicht des BdB auch eine Frage des fairen Wettbewerbs: In Japan und in der Schweiz seien gut 90 % der Überschussliquidität von negativen Zinsen freigestellt, in der Eurozone weniger als 50 %. Das führe dazu, dass die europäischen Banken jährlich 5 Mrd. Euro an sogenannten Strafzinsen zahlen müssten.Davon entfielen 2 Mrd. Euro allein auf die deutschen Institute, wie Ossig unterstrich. Der Grund sei der für den hiesigen Bankensektor charakteristische Einlagenüberhang, weshalb der BdB dringenden Korrekturbedarf sieht. Denkbar sei etwa, den Multiplikator für den Freibetrag zu erhöhen. Gegenwärtig liegt er beim Sechsfachen der bei der EZB zu haltenden Mindestreserve. Alternativ könne die EZB aber auch einen zusätzlichen Freibetrag einführen, der sich etwa an der individuellen Überschussliquidität einer Bank in den vergangenen zwölf Monaten orientiert, oder aber positive Zinsen auf die Mindestreserve einführen.Handlungsbedarf sehen die Banklobbyisten jedoch auch beim Inflationsziel, mit dem sich die EZB in eine Sackgasse manövriert habe. Mit der Formel “unter, aber nahe 2 %” setze die Notenbank sich unnötig selbst unter Druck, sagte Ossig. In einem marktwirtschaftlich geprägten Wirtschaftssystem und einer Währungsunion aus 19 finanzpolitisch souveränen Staaten könne die Geldpolitik die allgemeine Preissteigerungsrate ohnehin nur indirekt und mit großer zeitlicher Verzögerung steuern, heißt es in dem Positionspapier. Der Verband plädiert daher dafür, das Inflationsziel durch ein Toleranzband von 1 bis 2 % zu ersetzen.Jenseits der europäischen Geldpolitik sind aus Sicht des Verbandes die Debatte um die Vollendung der Basel-III-Vorschriften und zur Bankenregulierung, das Kartellrecht und die Finanztransaktionssteuer sowie der Brexit die wichtigsten Themen des Jahres. Der Verband wünscht sich, dass Deutschland die im zweiten Halbjahr anstehende EU-Ratspräsidentschaft nutzt, um die durch die Umsetzung von Basel III drohende Erhöhung der Kapitalanforderungen an deutsche Institute zu verhindern. Der Text biete ausreichend Spielraum für rechtskonforme Lösungen, unterstrich Ossig. Der BdB hält es demnach für denkbar, die Pillar-2-Zuschläge als “Backstops” zu interpretieren, wie es etwa bei der Leverage Ratio gehandhabt wird. Dies würde die hiesige Branche in den kommenden Jahren um Milliarden entlasten. Wettbewerbsrecht im FokusFür Co-Geschäftsführer Andreas Krautscheid ist die anstehende 10. GWB-Novelle mit Blick auf den Umgang mit den US-Technologiekonzernen Alphabet, Facebook, Google, Apple und Paypal das wichtigste Thema des Jahres. Da sich die Bankbranche zunehmend von neuen Wettbewerbern aus dem Technologiesektor umzingelt sieht, fordern auch Sparkassen und Genossenschaftsbanken seit längerem eine “digitale Ordnungspolitik”. Sie kritisieren, dass die großen Konzerne zu Unrecht als kleine Player auf dem Bankenmarkt behandelt werden, obwohl sie in Teilsegmenten große Marktanteile kontrollieren.