GASTBEITRAG

Banken müssen der Realwirtschaft antworten

Börsen-Zeitung, 4.4.2013 Ein schottisches Sprichwort besagt, dass ein kommender Tag länger zu sein scheint als ein vergangenes Jahr. Diesen Eindruck mag auch haben, wer im Jahr fünf der Krise auf die Prüfungen blickt, denen sich die Finanzbranche...

Banken müssen der Realwirtschaft antworten

Ein schottisches Sprichwort besagt, dass ein kommender Tag länger zu sein scheint als ein vergangenes Jahr. Diesen Eindruck mag auch haben, wer im Jahr fünf der Krise auf die Prüfungen blickt, denen sich die Finanzbranche weiter stellen muss.Noch immer beschäftigen uns die Veränderungen in der Bankenwelt tagtäglich, und doch dürfen wir zwei Dinge nicht verkennen: Erstens haben viele Institute bereits viel getan, um sich zukunftsfähig aufzustellen, und zweitens ist dieser Wandel genau die Antwort, die Unternehmen von uns als ihren Partnern erwarten. Wirtschaft braucht LösungDer Dauerfokus auf die Umwälzungen in der Finanzindustrie darf nämlich nicht den Blick dafür verstellen, dass sich auch die Welt der sogenannten Realwirtschaft weiterdreht und Unternehmen vor immense Herausforderungen stellt. In den nächsten drei bis vier Jahren stehen allein im EMEA-Raum (Europa, Naher Osten, Afrika) Refinanzierungen von nicht weniger als 3,3 Bill. Euro an. Daher müssen sich Unternehmen flexibel finanzieren können und brauchen dafür ein starkes Kreditprofil sowie eine solide Liquidität. Das geht nicht, ohne die Finanzierung global zu diversifizieren nach Märkten, Währungen und Investorengruppen. Dafür brauchen sie international vernetzte Banken.Damit nicht genug: Banken helfen Unternehmen, interne Finanzierungsmöglichkeiten auszuschöpfen und ihre Finanzfunktion zu vereinfachen. Mit Blick auf die gewachsene Bedeutung der Anleihemärkte beraten sie Unternehmen im Dialog mit Ratingagenturen ebenso wie in puncto Transparenzanforderungen und Pflege der Beziehungen zu Investoren.Bisweilen etwas zu kurz kommen die Themen Cash- und Liquiditätsmanagement sowie der internationale Zahlungsverkehr. Gerade hier müssen global aufgestellte Unternehmen zum Teil noch große Hürden meistern – als Stichwort sei nur Sepa, der einheitliche europäische Zahlungsverkehrsraum, genannt. International aufgestellten Banken kommt eine wichtige Rolle zu, wenn es um die schnelle und effiziente Implementierung des Systems geht.Zudem müssen sich nicht nur Banken auf Regulierung einstellen, sondern auch Unternehmen. Die neue “Late Payments Directive” ist nur ein Beispiel. Sie soll auf EU-Ebene Zahlungsfristen zwischen Unternehmen einheitlich regeln, was in den meisten Fällen heißt: Fristen verkürzen. Damit Unternehmen Zahlungsströme dennoch flexibel gestalten können, muss ein Supply-Chain-Finanzierungssystem eingeschaltet werden. Banken sind auch hier als Anbieter von Lösungen gefordert. Kulturwandel in BankenUnternehmen brauchen also mehr denn je starke Banken, die langfristig sichere und profitable Geschäftsmodelle haben. Im Mittelpunkt stehen daher effizienter Kapitaleinsatz, möglichst hohe Liquidität, niedrige Kosten und vor allem: der Abbau von Risiken. Einher geht dies mit einem Kulturwandel, bei dem die Institute sich noch stärker als bisher auf ihre Kernkompetenzen konzentrieren. Und dazu gehört in erster Linie, langfristiger und verlässlicher Partner der Unternehmen zu sein.Vielleicht zu Recht mag eingewendet werden, dass der Wandel der Geschäftsmodelle der Banken schlicht der Regulierung geschuldet ist sowie der Tatsache, dass viele einst lukrative Geschäfte nach Ausbruch der Finanzkrise auf lange Zeit passé sind.Dennoch haben die Umstrukturierungsprozesse der Banken für ihre Kunden große Vorteile. Viele Institute konzentrieren sich wieder stärker auf langfristigere Kundengeschäfte und ihre Beraterrolle. Zweitens haben Banken vieles von dem, was Unternehmen heute brauchen, selbst erfolgreich erprobt. Denn auch die Realwirtschaft steht vor der großen Herausforderung, ein wirksames Risikomanagement zu etablieren. Die Erfahrungen der Banken kommen vielen Unternehmen dabei sehr zugute. Blick nach vornUnternehmen stehen vor einem herausfordernden Jahr. Das wirtschaftliche Umfeld wird trotz positiver Signale weiter angespannt bleiben. Dazu trägt nicht zuletzt die weiter schwelende Euro-Krise bei, die noch lange auf wirkliche Stabilität warten lassen wird. Und was sagen die Unternehmen dazu? Sie bleiben optimistisch und treiben ihr Geschäft weiter voran. Die Banken tun gut daran, sich an ihren Kunden ein Beispiel zu nehmen und wie sie nach vorn zu schauen.