Banken suchen neue Ertragsquellen

Umfrage: Anteil des Zinsüberschusses fällt bis 2025 um 21 Prozentpunkte

Banken suchen neue Ertragsquellen

fir Frankfurt – Die Ertragsquellen der deutschen Finanzinstitute werden sich nach Einschätzung von Führungskräften in Privat- und Genossenschaftsbanken sowie Sparkassen deutlich verschieben. Der Provisionsüberschuss wird demnach von knapp einem Viertel der Gesamterträge im Jahr 2015 auf 31 % in 2025 zunehmen, wie eine Umfrage der Frankfurter Managementberatung für Finanzdienstleister, Investors Marketing, unter 106 Entscheidern aus der Finanzbranche ergab. Auch Handels- und sonstige Erträge werden den Erwartungen zufolge in Zukunft eine größere Rolle für die Banken spielen.Die Bedeutung des Zinsüberschusses werde angesichts des Niedrigzinsumfelds dramatisch abnehmen und von 75 % auf 54 % der Gesamterträge schwinden, was einem Rückgang um 21 Prozentpunkte entspricht – und das, obwohl zugleich zwei Drittel der Befragten von einem langsamen Zinsanstieg ab 2021 ausgehen.Für die Finanzinstitute dürfte es sich als schwieriges Unterfangen erweisen, die Erträge so deutlich zu steigern, hat doch die Bundesbank sinkende Provisionserträge im Bankensektor festgestellt. Der Rückgang im vergangenen Jahr von 2,3 % auf knapp 30 Mrd. Euro ging allerdings hauptsächlich auf das Konto der Großbanken, deren Kredit- und Wertpapiergeschäft nachgab, heißt es im Bericht zur Ertragslage der deutschen Kreditinstitute (vgl. BZ vom 19. September). Die Sparkassen konnten das Provisionsergebnis sogar leicht steigern, die Genossenschaftsbanken hielten es stabil. Spielraum bei ProvisionenOliver Mihm, Gründer und Vorstandsvorsitzender von Investors Marketing, hat mehrere Stellschrauben ausgemacht, um den Anteil der Provisionsüberschüsse an den Gesamterträgen zu erhöhen. Würden beispielsweise im Zuge neuer, transparenter und voneinander abgrenzbarer Kontomodelle mehr Gebühren erhoben sowie den Kunden Vorgehensweise, Serviceleistung und Mehrwert verdeutlicht, dann rege sich nur selten Widerstand gegen einen Preisanstieg, sagt er.Der Spielraum für höhere oder mehr Zahlungsverkehrsprovisionen als größtem Batzen sowohl im Firmenkunden- als auch im Privatkundengeschäft sei zwar bereits mehr oder minder ausgeschöpft. Doch einige Banken durchforsteten diese Posten noch immer – und manche bereits erneut -, um Erträge ausfindig zu machen. Darüber hinaus sieht der Investors-Marketing-Chef Potenzial für Serviceleistungen rund um die Kreditvergabe im Firmenkundengeschäft und über Mengensteigerungen im Wertpapiergeschäft.Gerade im Segment der Firmenkunden, aber auch in der Betreuung vermögender Privatkunden wittern die Entscheider in der Finanzbranche noch deutliche Ertragschancen (siehe Grafik). Mihm hält das zwar für naheliegend, doch mahnt er im Gespräch mit der Börsen-Zeitung: “Wenn sich die gesamte Branche auf die gleichen Kundensegmente stürzt, werden am Ende nur wenige glücklich werden. Schon jetzt ist der Wettbewerb um diese Kunden sehr intensiv. Wir raten dazu, das Geschäft mit der breiten Masse der Kunden nicht vorzeitig aufzugeben.”Der Umfrage zufolge bescheinigt jedoch nur jeder dritte Befragte dem Privatkundengeschäft insgesamt bis 2025 Chancen auf Ertragswachstum. Erachteten vor zwei Jahren noch 40 % der Führungskräfte ihre Institute als voll und ganz für die Herausforderungen im Privatkundengeschäft gewappnet, so sind es nun nur noch 32 %. In der Bewertung werden allerdings erhebliche Unterschiede offenbar: So zeigen sich etwa die Vertreter der Genossenschaftsbanken nun optimistischer (aktuell 44 % gegenüber 40 %), ebenso wie jene der Direktbanken (80 bzw. 50 %). Bei den Sparkassen hat sich die Stimmung dagegen merklich eingetrübt: Stimmten 2015 noch 38 % zu, den Herausforderungen begegnen zu können, so sind es jetzt lediglich 24 %. Auch die Geschäftsbanken werten die Aussichten mit 20 % schlechter als vor zwei Jahren (30 %). Fusionen ohne RelevanzAuf der Kostenseite fassen zwei Drittel der Entscheider Kürzungen der Sach- und Prozesskosten ins Auge, und jeder Zweite will mittels Personalabbau sparen. Bei den Sparkassen ist der Anteil derer, die mit weniger Mitarbeitern auskommen wollen, mit 79 % überdurchschnittlich hoch. Praktisch keine Rolle spielen Fusionen. Sie kommen nur für 2 % in Betracht. Mihm zufolge ist das verständlich, kosteten Zusammenschlüsse doch erst einmal Geld. Langfristig könnten sie sich rechnen, wobei die Kosten in der Regel erst nach ungefähr fünf Jahren sinken würden. Die meisten Fusionen seien keinen strategischen Entscheidungen geschuldet, sondern kämen vielmehr der Aufnahme eines schwachen Partners durch einen starken Partner gleich, bemängelt er.Höchste Bedeutung für die Kostenreduzierung hat hingegen die Automatisierung und Verschlankung von Prozessen durch Digitalisierung. 94 % messen der Digitalisierung hohe oder sehr hohe Relevanz bei. “Von umfassenden digitalen Prozessen versprechen sich die Institute Kostensenkungen durch die Verlagerung von Aufgaben auf den Kunden, Einsparungen von Arbeitsschritten und letztlich Reduzierung des Mitarbeiterbedarfs”, sagt Mihm. “Das Ziel sind vollständig digitale Prozesse zwischen Kunde und Bank.”