Corporate Banking

Banken verdienen im Corporate Banking wieder ihre Kapitalkosten

Der Corporate-Banking-Index von Bain & Company zeigt, dass Banken in Deutschland zum ersten Mal seit 2018 profitables Firmenkundengeschäft betreiben. Wie nachhaltig ist dieser Erfolg?

Banken verdienen im Corporate Banking wieder ihre Kapitalkosten

Firmenkundengeschäft ist wieder profitabel

Corporate-Banking-Index von Bain erreicht neue Höchststände – Profitabilitätsindex zum ersten Mal seit 2011 höher als Ertragsindex

Von Philipp Habdank, Frankfurt

Der brutale Wettbewerb und das jahrelange Niedrigzinsumfeld haben Banken im deutschen Firmenkundengeschäft hart zugesetzt. Da dieses Geschäft stark vom Zinsüberschuss abhängig ist, konnten viele Häuser ihre Eigenkapitalkosten nicht mehr verdienen. Mit der Zinswende hat sich das schlagartig geändert.

Die Zinswende ist Balsam für das jahrelang geschundene Firmenkundengeschäft der Banken. Zum ersten Mal seit 2018 ist das Geschäft mit Firmenkunden in Deutschland wieder so profitabel, dass Banken damit ihre Eigenkapitalkosten verdienen können. Das zeigt der neue Corporate-Banking-Index der Unternehmensberatung Bain & Company, der dieser Zeitung exklusiv vorliegt.

Der Index wird halbjährlich von Bain erhoben und deckt rund die Hälfte der Bilanzsumme der 100 größten in Deutschland tätigen Institute ab. Er basiert auf den veröffentlichten Daten von Banken und berücksichtigt Kennzahlen wie den Zins- und Provisionsüberschuss, die Kostenstruktur, die Kreditrisikovorsorge, die am Vorsteuerergebnis gemessene Profitabilität sowie das Eigenkapital und das Kreditvolumen der Banken.

Corporate-Banking-Index erreicht Höchststände

Im zweiten Halbjahr 2022 erreichte der Index neue Höchststände – sowohl bei Erträgen als auch Profitabilität. Der Ertragsindex markierte seinen neuen Rekord bei 173 Punkten, der Profitabilitätsindex griff mit 180 Punkten sogar noch etwas höher. Der bisherige Rekord aus dem ersten Halbjahr 2011 lag bei 175 Punkten. Seitdem war der Profitabilitätsindex stets niedriger als der Ertragsindex.

Die Erträge im deutschen Corporate-Banking-Markt fielen im zweiten Halbjahr 2022 um 21% höher aus als im Vorjahreszeitraum und lagen damit auf Rekordniveau. Banken profitierten vom Investitionsstau aus den Corona-Jahren, als sich Unternehmen mit großen Investitionen zurückhielten. Doch binnen eines Jahres hat sich laut Bain das Firmenkreditvolumen um 12% auf knapp 1,5 Bill. Euro erhöht – ein Trend, der sich nach Einschätzung von Bain mit hoher Wahrscheinlichkeit mittel- bis langfristig fortsetzen wird.

Steigende Margen

Die Eigenkapitalrentabilität lag im zweiten Halbjahr 2022 mit 10% wieder über den durchschnittlichen Kapitalkosten. „Je nach Risiko des Geschäftsmodells lagen die Kapitalkosten für Banken in Deutschland zur Erhebung des Corporate-Banking-Index zwischen 9,0 und 10,5%“, sagt Bain-Partnerin Stefanie Jacobsen.

Je nach Risiko des Geschäftsmodells lagen die Kapitalkosten für Banken in Deutschland zwischen 9,0 und 10,5%

Stefanie Jacobsen, Bain & Company

Das Firmenkundengeschäft setzt damit seinen bereits im ersten Halbjahr 2021 eingeleiteten Positivtrend fort und lässt die Coronakrise endgültig hinter sich. Im Corona-Jahr 2020 war die Eigenkapitalrentabilität der Banken im deutschen Firmenkundengeschäft auf −2% abgerutscht – und damit sogar stärker als in der Finanzkrise im Jahr 2009.

Die Kreditmargen im Firmenkundengeschäft haben deutlich angezogen, da Banken steigende Zinsen bei der Kreditvergabe deutlich schneller an Kunden weitergeben, als sie es bei Einlagen tun. So zogen die Margen im zweiten Halbjahr 2022 verglichen mit dem Vorjahreszeitraum um 10 Basispunkte an – verglichen mit dem ersten Halbjahr 2021 sogar um 35 Basispunkte. Über alle Bankengruppen hinweg stieg der Zinsüberschuss innerhalb eines Jahres um 18%, während der Provisionsüberschuss im gleichen Zeitraum nur um 5% wuchs. Der Zinsüberschuss macht im Ertragsmix der Banken damit laut Bain wieder deutlich mehr als 70% aus – dabei wollten Banken eigentlich ihr Provisionsgeschäft stärken, um die Abhängigkeit vom Kreditgeschäft zu reduzieren und ihre RWA-Effizienz zu erhöhen.

Die steigenden Zinsen werden die Refinanzierung der Banken zunehmend verteuern.

Christian Graf, Bain & Company

Die Zinswende spielt den Banken zweifelsohne in die Karten. Bain attestiert den Geldhäusern aber auch Fortschritte auf der Kostenseite. Die vielen Effizienz- und Sparprogramme würden nach und nach greifen. Jacobsen merkt jedoch an, dass sich viele Banken bislang auf kurzfristige Sparmaßnahmen konzentriert hätten. „Doch nur mit einer strukturellen Kostenoptimierung können sie ihr Corporate-Banking langfristig zukunftssicher aufstellen.“ Das betreffe funktionale Doppelstrukturen innerhalb der Organisation oder die Verschlankung des Produktportfolios bis hin zu effizienterer IT.

Wie nachhaltig ist der Erfolg?

Banken sollte ihr jüngster Erfolg deshalb nicht zu Kopf steigen. Auch Bain-Partner Christian Graf warnt: „Die steigenden Zinsen werden die Refinanzierung der Banken zunehmend verteuern.“ Die genaue Prognose von Kapitalkosten sei nicht einfach und von zahlreichen Faktoren abhängig. Aber: „Kurz- bis mittelfristig dürften die Kapitalkosten auf über 10,5% im Mittel ansteigen“, prognostiziert Graf. Für besonders risikobehaftete Geschäftsmodelle könnten sie auch bis zu einem Prozentpunkt höher ausfallen.

US-Banken wie J.P. Morgan forcieren Firmenkundengeschäft

Zudem seien die Margenspielräume durch den weiterhin harten Wettbewerb begrenzt. Je nach Konjunkturverlauf lasse sich eine erneute Zinswende in diesem oder nächstem Jahr nicht ausschließen. Zudem würden die günstigen Refinanzierungsmöglichkeiten bei der EZB auslaufen. „Schon das allein wird die Profitabilität schmälern“, heißt es im Report.

Hinzu käme der Druck der Auslandsbanken. Insbesondere die großen US-Häuser wie J.P. Morgan hegen im deutschen Markt größere Ambitionen. Die Bank betreibt das Commercial Banking in Europa erst seit 2019. Es umfasst das Geschäft mit mittelgroßen und kleineren Firmenkunden, die nicht in der Corporate & Investment Bank betreut werden. Die Bank geht davon aus, dass dieses Segment mit Blick auf das Wachstum der Kundeneinlagen und Kreditsalden “eines der dynamischsten Segmente” sein wird.

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