Wertschließfächer

Bankenschwund stärkt unabhängige Schließfachhäuser

Der Rückgang der Bankfilialen und ein Vertrauen in Sachwerte treiben das Geschäft der bankunabhängigen Schließfachanbieter an. Auch die Zinswende, die das Bankkonto attraktiver macht, bremst das Geschäft bislang offenbar nicht.

Bankenschwund stärkt unabhängige Schließfachhäuser

jsc Frankfurt

Die Filialabbau der Kreditwirtschaft stärkt offenbar das Geschäft bankunabhängiger Anbieter von Wertschließfächern: Zwar lässt sich das Motiv der einzelnen Kunden nicht im Detail nachvollziehen, auf Nachfrage bestätigen aber verschiedene überregionale Schließfachhäuser, dass sich viele ehemalige Bankkunden an sie wendeten. Das Geschäft werde „insbesondere durch Verknappung des Angebots aufgrund von Bankenschließungen bei gleichzeitig steigender Nachfrage getrieben“, schreibt Trisor. „Bei Asservato melden sich viele Kundinnen und Kunden und sagen, dass die Bankfiliale schließt“, hält die Rivalin Asservato fest. „Wir verzeichnen eine zunehmende Nachfrage nach Wertschließfächern von Kunden unterschiedlicher Banken“, schreibt Degussa Goldhandel. Ein Zusammenhang lasse sich aber nicht mit Gewissheit festhalten.

Bundesweit treten bereits mindestens ein Dutzend bankenunabhängige Schließfachanbieter auf. Für ein typisches Modellfach zahlen Kunden meistens einen dreistelligen Euro-Betrag für die jährliche Miete, während Banken und Sparkassen meistens nur zweistellige Beträge erheben, wie die Stiftung Warentest bereits Ende vergangenen Jahres berichtete. Die Tresorräume sind häufig in Stadtzentren zu finden, der hochpreisige Anbieter EMS Werteinlagerung bietet eine Hochsicherheitsanlage in Heidenheim an der Brenz im Süden Deutschlands. Einige Adressen, neben Degussa etwa Pro Aurum in Bad Homburg, Goldkontor in Hamburg oder die überregionale Philoro, bieten Schließfächer ergänzend zum Edelmetallhandel an. Ein Vorteil, mit dem einige Anbieter werben, ist ein Zugang zum Schließfach rund um die Uhr.

Einige Gesellschaften arbeiten rege an ihrer Expansion. So eröffnet Trisor, die bisher in Berlin und München mit insgesamt 13000 Fächern vor Ort ist, zum Jahreswechsel zusätzlich auch in Hamburg, Nürnberg und Köln Filialen mit insgesamt 16000 Fächern, wie die Gesellschaft ankündigt. Ende 2024 will Trisor in zehn Städten mit 50000 Schließfächern vertreten sein. Ähnlich expansionsfreudig zeigt sich Asservato. Die Firma unterhält bisher 10000 Fächer in Berlin und Stuttgart, doch in den kommenden zwei Jahren sollen etwa in Hamburg, München, Düsseldorf, Frankfurt und Köln Standorte mit typischerweise jeweils 5000 bis 7000 Schließfächern entstehen. Die Immobiliensuche sei anspruchsvoll, da eine Tresoranlage etwa 100 bis 200 Tonnen wiege. Degussa Goldhandel ist bereits an elf Standorten mit insgesamt rund 10000 Fächern präsent. Zu der Gesamtzahl der Schließfächer in Deutschland gibt es allerdings keine Statistik.

Auch ohne Negativzins läuft’s

Den Gesellschaften kommt nach eigenem Bekunden zugute, dass Privatleute Sachwerte sichern wollen. Degussa Goldhandel und Trisor verweisen auf das politische und wirtschaftliche Umfeld. Ein weiterer Treiber sind Wohngemeinschaften, wo die Aufbewahrung von Wertgegenständen schwierig sei, wie Asservato berichtet. Kunden verwahren demnach alles mögliche wie Uhren, Schmuck, Diamanten, eine Krypto-Wallet, wichtige Dokumente, Urkunden und Pässe oder den Zweitschlüssel eines Autos.

Mit dem weitgehenden Ende der Negativzinsen auf Bankkonten fällt zwar ein Argument für eine hohe Bargeldhaltung weg. Doch nach Bekunden der Anbieter bremst das die Nachfrage nach Schließfächern mitnichten aus. „Die Verwahrentgelte waren unserem Eindruck nach nur in Ausnahmefällen Grund dafür, größere Bargeldbeträge in unseren Fächern zu verwahren“, schreibt Trisor. Asservato verneint einen Zusammenhang zum Negativzins. Laut Degussa Goldhandel lagern Kunden auch weiterhin Bargeld in den Schließfächern. „Eine mögliche Erklärung ist die unter kleinen und mittelgroßen Anlegern weit verbreitete Skepsis gegenüber der Sicherheit des Finanzsystems ganz allgemein.“ Hinzu komme die Privatsphäre eines Schließfachs.

Über die Höhe des bundesweit eingelagerten Bargelds gibt es nur wenige Daten. Laut einer Umfrage der Bundesbank aus dem Jahr 2018 verwahren Privatpersonen im Durchschnitt 1364 Euro in Form von Münzen und Scheinen auf – bundesweit also ungefähr 94 Mrd. Euro. Die Verteilung ist dabei unterschiedlich: Während die meisten Menschen nicht mehr als wenige Hundert Euro in Form von Bargeld außerhalb des Geldbeutels aufbewahren, kommt eine kleine Minderheit auf jeweils einige tausend Euro. Der höchste angegebene Wert unter 2 000 Befragten lag sogar bei 100000 Euro. Welcher Anteil davon in Schließfächern statt im heimischen Sparstrumpf lagert, ist nicht bekannt.