Bankensektor am Wendepunkt

Europas Institute verzeichnen weniger Gewinn - Risikovorsorge verdoppelt sich

Bankensektor am Wendepunkt

Europas Bankensektor hat im ersten Halbjahr einen Wendepunkt in der Ergebnisentwicklung erlebt. Zwei Quartale in Folge ist der Vorsteuergewinn gefallen. Bei sinkenden Einnahmen und anziehender Risikovorsorge trüben sich die Aussichten ein, wie die Analysten der Deutschen Bank festhalten.bn Frankfurt – Die Zeiten für Europas Banken sind nach einem Wendepunkt im Ergebniszyklus im zweiten Quartal härter geworden, wie die Londoner Analysten der Deutschen Bank feststellen. Im Zeitraum von März bis Juni seien die Vorsteuergewinne der Institute binnen Jahresfrist um rund 6 % gefallen und damit zum zweiten Mal in Folge zurückgegangen, heißt es in einer Studie: “Dies stellt einen bedeutenden Wendepunkt gegenüber dem rund zehnprozentigen Gewinnwachstum pro Jahr in den beiden vergangenen Jahren dar.” Den Höhepunkt in Sachen Ertragskraft habe der Sektor bereits 2018 gesehen. Nun nehme mit Blick auf die Erträge der Gegenwind zu, während sich die Risikovorsorge zu einer signifikanten Ergebnisbremse entwickle.Den Angaben zufolge sind die Gewinne der Banken in Deutschland, in Irland sowie in Skandinavien infolge von Ertragsdruck und höheren Risikoergebnissen am stärksten gefallen. Die Profitabilität der iberischen Banken, deren Einnahmen bei sinkenden Rückstellungen für Kreditverluste zulegten, erwies sich dagegen als am widerstandsfähigsten.Die Probleme der deutschen Banken lassen sich nicht zuletzt am Arbeitgeber der Analysten studieren. Die Markterwartungen jeweils verfehlende Quartalszahlen von Deutscher Bank und Commerzbank sowie die Erwartung nochmals fallender Zinsen haben dazu beigetragen, dass sich die Aktien der Deutschen Bank am Montag zum Tagesverlierer im Dax 30 entwickelten. Die Anteilscheine der Commerzbank erreichten im Verlauf ein Rekordtief von 5,018 Euro. Das Institut feilt derzeit an seiner Strategie und will die Investoren im Herbst über das Ergebnis seiner Überlegungen informieren.Die Analysten der Deutschen Bank gehen davon aus, dass sich der Druck auf den Zinsüberschuss sektorweit intensivieren wird. Darauf deuteten zum einen ein deutlicher Rückgang der Zinssätze am Terminmarkt, zum anderen aber auch die im Sektor gegebenen Ausblicke für den Zinsüberschuss hin. Auch angesichts sinkender Provisionseinnahmen attestiert die Deutsche Bank der Branche einen weiterhin negativen operativen Hebel. Während die Einnahmen europaweit den Angaben zufolge im zweiten Quartal binnen Jahresfrist um 0,6 % sanken, erhöhten sich die Kosten um 0,3 %.Vom Ergebnisposten Risikovorsorge haben die Banken dabei bis auf Weiteres keinerlei Unterstützung zu erwarten. Wie die Analysten darlegen, haben die Risikokosten im Startquartal zum ersten Mal seit dem Schlussquartal 2016 wieder angezogen. Im jüngsten Dreimonatszeitraum hat sich die Dynamik weiter eingetrübt. So hat sich der Zuwachs der Risikovorsorge binnen Jahresfrist auf 22 % glatt verdoppelt, von 11 % im Startquartal. Wie es in der Studie heißt, haben dabei die Banken in Großbritannien, Österreich, Benelux und Frankreich den größten Zuwachs verbucht. Allein in der Schweiz, in Italien sowie auf der Iberischen Halbinsel registrierten sie eine rückläufige Risikovorsorge.Zu den größten Aufwärtsrisiken im Sektor zählt die Deutsche Bank höhere Zinsen, ein unerwartet starkes Kreditwachstum und eine Verwässerung der Regulierung. Als Schlüsselabwärtsrisiken betrachtet sie eine dauerhaft niedrige Teuerung, ein schwaches Wirtschafts- und Kreditwachstum, höhere Risikokosten und regulatorische Unwägbarkeiten. – Leitartikel Seite 6