EUROPEAN BANKING CONGRESS

Banker machen sich für Europa stark

Chefs von Commerzbank und Deutscher Bank wünschen sich die Vollendung der Bankenunion

Banker machen sich für Europa stark

Von Anna Sleegers und Detlef Fechtner, FrankfurtDie Chefs der beiden deutschen privaten Großbanken haben sich auf dem European Banking Congress in der Frankfurter Alten Oper als überzeugte Europäer präsentiert. Im Anschluss an den ersten öffentlichen Auftritt der neuen EZB-Chefin Christine Lagarde sagte Commerzbank-Chef Martin Zielke: “Wir können nicht zulassen, dass die weitere europäische Integration ein Traum bleibt.” Dem pflichtete Christian Sewing, Chef der Deutschen Bank, bei: “Wir brauchen Europa. Wir sollten mehr darüber reden, wie wir es stärken könnten”, sagte er. Vor diesem Hintergrund bekräftigten Zielke und Sewing ihre Unterstützung für den Vorstoß von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) zur Vollendung der Bankenunion.Auch der Minister selbst nutzte das Branchentreffen, um für seinen Vorschlag zu werben, parallel über Einlagensicherung und die anderen Elemente der Bankenunion – etwa den Abschied von der Nullgewichtung von Staatsanleihen oder den zügigeren Abbau fauler Kredite – zu verhandeln, um auf diese Weise die politische Blockade zu lösen. Scholz begründete seine Initiative mit dem Argument, dass ein gemeinschaftlicher Bankenmarkt in Europa unterstützend für die Wirtschaft wirke. “Hätten wir eine Bankenunion, dann hätten wir mehr Wachstum in der realen Wirtschaft.” Bankenunion bringt GrößeFür die Kreditinstitute sei eine Bankenunion von Vorteil, weil sie dann Skaleneffekte des europäischen Marktes nutzen könnten. Ihre Kunden könnten von einer Bankenunion profitieren, weil sie letztlich mehr Sicherheit für Spareinlagen – auch in Deutschland – bedeute. Die Bankenunion sei daher “kein altruistischer Akt”.Ins Stocken geraten waren die Verhandlungen unter anderem wegen des Widerstands Deutschlands gegen die Einführung einer gemeinsamen Einlagensicherung. Dieser wurde zum einen mit der hohen Zahl fauler Kredite in den Büchern einiger südeuropäischer Staaten begründet. Dahinter stand jedoch auch die Befürchtung der Sparkassen und Kreditgenossen, dass eine gemeinsame europäische Einlagensicherung die in dieser Form nur in Deutschland existierenden eigenen Sicherungssysteme der Verbundbanken obsolet machen würde. Dies würde das Geschäftsmodell der Sparkassen und Kreditgenossen gleichermaßen in Frage stellen.Um die festgefahrene Debatte wieder in Schwung zu bekommen, hatte Scholz eine den nationalen Systemen nachgelagerte gemeinsame Einlagensicherung ins Spiel gebracht. Auf diese Weise könnten die deutschen Sparkassen und Kreditgenossen ihre Verbundsicherungssysteme bewahren.Die Besonderheit des deutschen Banksystems mit seinen drei Säulen gilt jedoch nicht nur als Hemmnis bei der Vollendung der bereits vor Jahren beschlossenen Bankenunion in Europa, sondern stellt generell die privaten Banken vor große Herausforderungen. Insbesondere im Privatkundengeschäft, in dem Sparkassen, Volks- und Raiffeisenbanken ein noch immer dichtes Filialnetz unterhalten, fällt es den privaten Wettbewerbern schwer, mitzuhalten. Dies gilt als eine der Ursachen für das Kostenproblem von Deutscher Bank und Commerzbank. Trotz allem sei Deutschland aus Bankensicht ein attraktiver Markt, unterstrich Zielke. “Der deutsche Bankenmarkt ist anders, aber man kann ihn nicht ignorieren”, so der Commerzbank-Chef, der bei anderer Gelegenheit schon einmal öffentlich mit dem Wunsch kokettiert hatte, eine Sparkasse zu übernehmen. Heimatmarkt EuropaAufgrund des zunehmenden Drucks seitens der Regulatorik, der Geldpolitik und der wirtschaftlichen Folgen des Handelskriegs stünden der Branche Umwälzungen bevor. “Wir reden zu viel über Konsolidierung. Wir sollten lieber über die Transformation des Marktes sprechen und endlich beginnen, Europa als unseren Heimatmarkt zu betrachten”, sagte Zielke.Nach Einschätzung von Christian Sewing, Chef der im Umbau befindlichen Deutschen Bank, wird sich an der Struktur des deutschen Bankensystems jedoch grundsätzlich nichts ändern. Auch vor diesem Hintergrund betrachte sein Institut Europa bereits als seinen Heimatmarkt. Der Wettbewerb mit den US-Banken, die zum Teil in einem Quartal mehr Geld in die Digitalisierung steckten, als die meisten europäischen Banken an der Börse wert seien, sei gleichwohl hart. Nach Einschätzung von Jean Lemierre, Chairman von BNP Paribas, müssen die europäischen Banken extrem auf die Größe ihrer Bilanz, ihre Ertragsstärke und ihr Kostenmanagement achten: “Die Branche muss sich enorm umstellen, um effizienter zu werden.”