Barclays profitiert vom Investment Banking
Es gab eine Zeit, in der Barclays-Chef Jes Staley für seine Liebe zum Investment Banking gescholten wurde. Jetzt hat sich der Wind gedreht: Das Jahr 2020 habe den Wert eines diversifizierten Bankmodells und seiner „sehr, sehr hartnäckigen“ Strategie bewiesen, sagte Staley am Donnerstag anlässlich des Geschäftsergebnisses. Dank des Investment Bankings ist es der britischen Universalbank trotz Coronakrise gelungen, die Erträge konstant bei knapp 22 Mrd. Pfund zu halten: Während der Ertrag des britischen Retail-Bankings um 14% und des globalen Geschäfts mit Kreditkarten und Konsumfinanzierungen um 22% zurückging, stiegen die Erlöse aus dem Handelsgeschäft um 45%. Aufgrund volatiler Märkte erzielte die Sparte ihr bestes Ertragsresultat seit mindestens 2014.
Unter dem Strich steuerte die Corporate and Investment Bank von Barclays über die Hälfte der Erträge zum Gruppenergebnis bei und lieferte einen Vorsteuergewinn von 4 Mrd. Pfund ab. Das ermöglichte es der Großbank, insgesamt mit einem Gewinn von 3,1 Mrd. Pfund vor Steuern die Konsenserwartungen der Analysten deutlich zu übertreffen. Es handelt sich um Schadensbegrenzung: Der Gewinn liegt immer noch 30% unter dem Ergebnis des Vorjahres. Konsumzurückhaltung und geringere Kreditnachfrage während der Lockdowns ließen die Nettozinsmarge von 3,4% auf 2,9% absacken.
Hier finden Analysten der UBS das Haar in der Suppe, auch bezüglich des sonst ebenfalls starken vierten Quartals. Geringere Kreditrückstellungen hatten es Barclays auch von Oktober bis Dezember erlaubt, mit einem Vorsteuergewinn von 0,6 Mrd. Pfund die Konsensprognose deutlich zu übertreffen. Doch die Zinsmarge im britischen Geschäft war zuletzt mit knapp 2,5% nicht nur niedrig, der Ausblick von nur rund 2,4% auch enttäuschend, lautet die Analyse der Schweizer Großbank. Staley warnte zudem vor anhaltenden Schwierigkeiten im britischen Markt. Eine wichtige Rolle wird spielen, wie sich die Kreditausfälle durch die Pandemie-Schäden entwickeln. Insgesamt legte Barclays dafür im vergangenen Jahr 4,8 Mrd. Pfund zurück – mehr als doppelt so viel wie im Jahr 2019.
An der Börse unter Druck
Dass der Barclays-Aktienkurs auf die überraschend guten Zahlen an der Londoner Börse mit einem Abschlag von fast 6% reagierte, hat die Großbank ihrer Vorsicht zuzuschreiben: Ihr zurückhaltender Ausblick ließ die Investoren zögern. CEO Staley scheute vor konkreten Zielen für 2021 zurück und versprach nur wolkig spürbar niedrigere Rückstellungen und eine bedeutsame Steigerung der Eigenkapitalrendite. Barclays hält mittelfristig an einem Renditeziel von über 10% fest, doch die Pandemie drückte den Wert im vergangenen Jahr auf 3,2% nach 5,3% im Jahr zuvor. Hinzu kommt, dass eine anhaltend gute Entwicklung des Investment Bankings nicht als gesichert gilt, obwohl Barclays den globalen Marktanteil erhöht hat.
Vor diesem Hintergrund verpuffte an der Börse auch Barclays Versprechen, als erste britische Großbank die Zahlung von Dividenden wieder aufzunehmen. Das Kreditinstitut möchte für das zurückliegende Jahr zwar nur 1 Pence je Aktie ausschütten, was weniger ist, als am Markt erwartet wurde – doch zusammen mit einem Aktienrückkauf im Volumen von 700 Mill. Pfund im ersten Quartal ergebe sich eine Vergütung von 5 Pence je Aktie. Damit nutzt Barclays die engen Vorgaben der Bank of England maximal aus.
Epstein-Ermittlung dauert an
Die Währungshüter hatten im vergangenen Frühjahr den größten britischen Banken Dividendenzahlungen und Rückkäufe de facto untersagt, damit sie ihre Kapitaldecke in der Pandemie nicht mutwillig schwächten. Im Dezember weichte die Notenbank die Vorschrift auf, doch die Ausschüttungen bleiben gedeckelt. Mit einer auf 15,1% gesteigerten Kernkapitalquote sieht sich Barclays gut gerüstet, warnt aber bereits, dass sich dieses Niveau im laufenden Jahr vielleicht nicht halten lasse. Nichts Neues verlautete derweil über eine Untersuchung der britischen Finanzaufsicht FCA, die sich die Beziehung von Jes Staley zu dem US-amerikanischen Sexualstraftäter Jeffrey Epstein anschaut. Beide Männer waren sich in Staleys Zeit bei der US-Großbank J.P. Morgan begegnet.
Barclays | ||
Konzernzahlen nach IFRS | ||
12 Monate | ||
in Mill. Pfund | 2020 | 2019 |
Erträge gesamt | 21 766 | 21 632 |
Wertberichtigungen | 4 838 | 1 912 |
Operative Kosten | 13 886 | 15 434 |
Vorsteuerergebnis | 3 065 | 4 357 |
Nettoergebnis | 1 526 | 2 461 |
Ergebnis je Aktie (Pence) | 8,8 | 14,3 |
Eigenkapitalrendite * (%) | 3,2 | 5,3 |
Cost-Income-Ratio (%) | 64 | 71 |
Kernkapitalquote (%) | 15,1 | 13,8 |
Leverage Ratio (%) | 5,3 | 5,1 |
Bilanzsumme (Mrd.) | 1 350 | 1 140 |
*) Return on Tangible Equity (RoTE)Börsen-Zeitung |