Barclays macht die Konkurrenz zu schaffen
Barclays macht die Konkurrenz zu schaffen
Niedrigere Nettozinsmarge auf dem Heimatmarkt im laufenden Quartal erwartet
hip London
Von Andreas Hippin, London
Barclays hat mit ihrem Vorsteuerergebnis zwar die Markterwartungen übertroffen. Doch die britische Großbank rechnet für das laufende Quartal mit einer niedrigeren Nettozinsmarge als bisher. Die Deutsche-Bank-Rivalin kündigte zudem eine weitere Restrukturierung an.
Die britische Großbank Barclays hat ein durchwachsenes Quartalsergebnis vorgelegt. Wie die Deutsche-Bank-Rivalin mitteilte, ging ihr Vorsteuerergebnis zwar auf 1,89 (i.V. 1,97) Mrd. Pfund zurück. Das waren allerdings immer noch 7% mehr, als Analysten im Schnitt auf der Rechnung hatten. Zu der positiven Überraschung trug wesentlich bei, dass die Rückstellungen für Problemkredite wesentlich unter den Markterwartungen geblieben waren.
Barclays | ||
Konzernzahlen nach IFRS (9 Monate) | ||
in Mill. Pfund | 2023 | 2022 |
Erträge gesamt | 19.780 | 19.155 |
Operative Kosten | 12.011 | 12.727 |
Wertberichtigungen | −1.329 | −722 |
Vorsteuerergebnis | 6.447 | 5.702 |
Nettoergebnis | 4.385 | 3.987 |
Cost-Income-Ratio (%) | 61 | 66 |
Eigenkapitalrendite (%) | 12,5 | 10,9 |
Kernkapitalquote (%) | 14,0 | 13,8 |
Bilanzsumme (Mrd.) | 1.592 | 1.727 |
"Wettbewerbsintensives Marktumfeld"
Andererseits senkte Barclays erneut ihre Schätzung für die Nettozinsmarge des Geschäfts auf dem britischen Heimatmarkt (Barclays UK) im laufenden Jahr. CEO C.S. Venkatakrishnan sprach in einer Telefonkonferenz mit Journalisten von einem "wettbewerbsintensiven britischen Retail-Marktumfeld". War bei Veröffentlichung der Halbjahreszahlen noch von um die 3,15% die Rede, so wurde nun eine Spanne von 3,05% bis 3,10% genannt. Ein Basispunkt macht dem Institut zufolge auf Jahressicht einen Unterschied von 20 Mill. Pfund beim Zinsergebnis. Im abgelaufenen Quartal hatte die Nettozinsmarge bei 3,04 (i.V. 3,22)% gelegen. Der Aktienkurs fiel im Handelsverlauf auf ein Jahrestief.
Renditehungrige Kunden wechseln
Es sehe ganz so aus, als ob die Nettozinsmarge im britischen Geschäft den Gipfel bereits erreicht habe, sagte der Analyst Matt Britzman von Hargreaves Lansdown. "Die Kunden geben sich nicht mehr damit zufrieden, ihr Geld in niedrig verzinsten Sichteinlagen zu parken, und machen sich auf die Suche nach höheren Zinsen, egal ob von Geldmarktfonds, Sparplattformen oder Festgeld", kommentierte Britzman. "All das drückt die Marge im Bankgeschäft und das Einlagenniveau."
Der intensive Preiswettbewerb habe zur Folge gehabt, dass man nicht alle Abflüsse in höher verzinste Produkte einfangen konnte, gab die Barclays-Finanzchefin Anna Cross zu. Normalerweise beobachte man eine Stabilisierung im vierten Quartal, "aber wir denken nicht mehr, dass das der Fall sein wird". Vor allem zum Ende des abgelaufenen Quartals hin sei der Preiswettbewerb "extrem" gewesen.
Einlagenvolumen von Barclays UK schrumpft
Während der Pandemie war das Einlagenvolumen von Barclays UK von 206 Mrd. Pfund im Dezember 2019 auf 258 Mrd. Pfund im Dezember 2022 angeschwollen, da die Kunden während der Ausgangssperren nur wenig Gelegenheiten hatten, ihr Geld auszugeben. Seitdem ist es sukzessive auf 243 Mrd. Pfund zurückgegangen. Firmenkunden nutzten ihre Einlagen, um Kredite zu tilgen. Renditehungrige Retailkunden sahen sich anderweitig um.
Trend auch für Wettbewerber relevant
Bei der staatlichen National Savings & Investment konnte diesen Sommer etwa eine mit deutschen Bundesschatzbriefen vergleichbare einjährige Anleihe mit einem Kupon von 6,2% gezeichnet werden. Nachdem sich der Trend zu höherverzinslichen Anlagen bei Barclays so deutlich bemerkbar gemacht hat, werden Analysten bei den heimischen Rivalen Lloyds Banking Group und Natwest ganz genau hinsehen.
Kreditqualität stabil
Was die Kreditqualität angeht, haben sich die steigenden Lebenshaltungskosten noch nicht nennenswert bemerkbar gemacht. "Wir sehen bislang nichts, was uns Sorgen machen würde", sagte Finanzchefin Anna Cross in einer Telefonkonferenz mit Journalisten. Selbst wenn Kunden Probleme mit der Preisentwicklung hätten, führe das nicht unweigerlich zu Problemen bei der Bedienung ihrer Verbindlichkeiten, weil sie ihre Finanzen proaktiv managen.
ECM-Geschäft blüht auf
Die Investmentbanksparte CIB (Corporate & Investment Bank) konnte nicht an das Vorjahresquartal anknüpfen. Während die Wettbewerber von der Wall Street im kapitalintensiven FICC-Geschäft, dem Handel mit Anleihen, Devisen und Rohstoffen, nach Rechnung von Jefferies im Vorjahresvergleich im Schnitt ein Wachstum von 4% aufwiesen, schrumpften die Erträge von Barclays um mehr als ein Viertel (26%). Im ECM-Geschäft (Equity Capital Markets), das bei Barclays traditionell keine so große Rolle spielt, schossen die Einnahmen dagegen um fast die Hälfte nach oben. Das Institut war einer der vier Konsortialführer beim New Yorker Börsengang des britischen Chipdesigners Arm.
Zu den "Lichtblicken" zählte der Bankenanalyst Joseph Dickerson von Jefferies die Kreditkarten- und Zahlungsabwicklungssparte CC&P. Die Erträge der Sparte legten um 9% zu. Rechnet man heraus, dass das Wealth Management (WM&I) von Barclays UK in die Private Bank umgehängt wurde, die zu CC&P gehört, belief sich das Wachstum auf 5%. Im US-Kartengeschäft stiegen die ausstehenden Forderungen per Ende des Quartals um 11% auf 30,2 Mrd. Dollar. Für mögliche Kreditausfälle der Sparte wurden 378 (249) Mill. Pfund zurückgestellt.
Effizienzsteigerungsmöglichkeiten gesucht
Barclays kündigte bei der Veröffentlichung der Quartalszahlen ein weiteres Restrukturierungsprogramm an, um "strukturelle Kosten" zu verringern. Das könne erhebliche Einmalkosten verursachen. Details sollen mit den Jahreszahlen im Februar bekannt gegeben werden. "Wir werden in verschiedenen Teilen der Bank nach Effizienzsteigerungsmöglichkeiten suchen", sagte Venkatakrishnan. "Die CIB kann sich verbessern, und es gibt Bereiche, in denen wir die Performance mit Sicherheit verbessern wollen."