Basel rügt Risikogewichtungen

Aufseher attestieren internen Modellen "signifikante Variation" bei der Berechnung von Eigenkapitalbedarf

Basel rügt Risikogewichtungen

Eine vertiefte Prüfung der Risikogewichte im Handelsbuch von Banken durch den Baseler Ausschuss nährt das Misstrauen gegenüber internen Modellen. Die Aufseher monieren deutliche Abweichungen. Eine “exzessive Variation” sei nicht wünschenswert, meinen sie.bn Frankfurt – Bankinterne Modelle zur Berechnung des Eigenmittelbedarfs erschweren Anlegern einen branchenweiten Vergleich von Instituten und führen zu breit streuenden Resultaten. Diese Kritik an internen Modellen, welche infolge der Krise im Markt laut geworden ist, bestätigt ein am Dienstag publizierter Bericht des Baseler Ausschusses der Bankenaufseher, der Klagen über intransparente Bankmodelle zum Anlass genommen hatte, sich die Risikogewichtung der Banken im grenzüberschreitenden Vergleich einmal genauer anzuschauen.Das Baseler Gremium hat dabei die Handelsbücher von 17 international aktiven Großbanken mit bedeutenden Handelsaktivitäten untersucht. Das Resultat bestätigt den Befund einer ersten kleineren, im Januar vorgestellten Analyse: Der Output bankinterner Modelle für Marktrisiken zeigt eine “signifikante Variation”, was den damit korrespondierenden Eigenkapitalbedarf angeht. Dabei gilt: Je komplexer die Handelspositionen, umso größer die Schwankungen.Die Analyse bestätige, dass Unterschiede in der Auswahl der Modelle die bedeutendste Ursache von Variation in Marktrisikogewichten von Banken seien, schreibt der Ausschuss. Das Gremium empfiehlt, “die Veröffentlichung und die Erfassung aufsichtlicher Daten zu verbessern, um das Verstehen von Marktrisikogewichten zu fördern”. Ferner sollte die Bandbreite der Banken bei der Auswahl von Modellen eingeschränkt und “die aufsichtliche Praxis hinsichtlich der Genehmigung von Modellen weiter harmonisiert werden”. Ähnliche Maßnahmen schlug der Ausschuss im Oktober vor, als er ein Konsultationspapier zum Handelsbuch veröffentlichte. Bereits im Juli hatte er im Bankenbuch der Institute “beträchtliche” Abweichungen bei den Kreditrisiken zugeordneten Risikoaktiva zutage gefördert (vgl. BZ vom 6. Juli).Auf Kreditrisiken entfällt zwar der größte Anteil der Risikogewichte von Banken. Die im Handelsbuch versammelten Marktrisiken allerdings gelten unter Aufsehern als besonders anfällig für Bestrebungen, Risiken kleinzurechnen. Das Pendel schwingt zurückDamit schwingt auch in der Handhabung der Risikogewichtung das Pendel infolge der Krise wieder in Richtung strikterer aufsichtlicher Vorgaben. Die im Zuge der Krise zutage getretene Unterkapitalisierung des Bankensektors sowie Änderungen interner Modelle zur Zeit europaweiter Stresstests haben das Misstrauen in die bankinterne Berechnung von Risikogewichten und damit des Eigenkapitalbedarfs von Banken geschürt. Derzeit liefern sich Verfechter einer risikogewichteten Eigenkapitalunterlegung sowie Befürworter einer ungewichteten Eigenkapital- bzw. Schuldenquote (Leverage Ratio) hitzige Debatten.Im Zuge einer hypothetischen Portfolio-Analyse ließ der Ausschuss den Eigenkapitalbedarf der Banken für 30 verschiedene Portfolios durchrechnen. Im Falle der beiden am stärksten diversifizierten Portfolios rangierte der implizierte Eigenkapitalbedarf bei Anwendung des von der jeweiligen Aufsicht geforderten Multiplikators einmal zwischen 8,6 Mill. und 18,5 Mill. Euro, das andere Mal zwischen 6,3 Mill. und 19,7 Mill. Euro (siehe Grafik). Die Standardabweichung des implizierten Kapitalbedarfs gegenüber dem Durchschnitt lag damit, je nach Portfolio und Wahl des Multiplikators, zwischen 24 und 30 %, wie es heißt.Die Ergebnisse des Berichts böten wichtigen Input “für die andauernde Arbeit, die Variationen der Risikogewichte anzugehen”, erklärt Stefan Ingves, Chairman des Baseler Ausschusses und Gouverneur der schwedischen Riksbank. Vielfalt in MaßenDie Baseler Standards gewähren Banken absichtlich Flexibilität bei der Messung von Risiken, auch um “Unterschieden in der Anlagestrategie und lokalen Gepflogenheiten gerecht zu werden”, wie der Ausschuss festhält. Gewisse Abweichungen sollten daher erwartet werden. Eine gewisse Vielfalt sei auch deswegen erwünscht, da Banken zusätzliche Instabilität ins Finanzsystem bringen könnten, falls alle ihre Modelle gleich gestalteten. Eine exzessive Variation aber sei nicht wünschenswert, da dies die Glaubwürdigkeit der Kapitalquoten erschüttere, das internationale Wettbewerbsumfeld verzerre und die Funktionsweise der Finanzmärkte beeinträchtige.