Baseler Ausschuss plädiert für agilere Bankenaufsicht
Regulatoren fordern agilere Aufsicht
Bericht des Baseler Ausschusses zum Bankenbeben moniert Defizite bei Überwachung grenzüberschreitend tätiger Institute
lee Frankfurt
Die internationale Regulierung muss nach Ansicht des Baseler Ausschusses wegen des Bankenbebens im Frühjahr nicht gleich umgeschrieben werden. Die Pleitewelle der US-Banken und der Kollaps von Credit Suisse verdeutlichten jedoch, dass ein regelbasierter Ansatz bei der Aufsicht über Finanzinstitute allein nicht ausreicht.
Während die Kreditbranche noch mit der vollständigen Umsetzung der bestehenden Kapitalvorgaben des Baseler Ausschusses für Bankenaufsicht hadert, sind die Regulatoren der Frage nachgegangen, ob eine weitere Nachschärfung des Regelwerks erforderlich ist. In ihrem Abschlussbericht zur Untersuchung des Bankenbebens im Frühjahr stellen sie zwar eine Überprüfung und Weiterentwicklung der bislang geltenden Liquiditätsanforderungen in Aussicht, zugleich stellen sie aber heraus, dass die Überprüfung der Einhaltung von Mindeststandards nicht ausreicht, um den Zusammenbruch von Kreditinstituten mit den einhergehenden Risiken für das gesamte Finanzsystem zu verhindern.
Größter Stress seit 2008
Die vom Zusammenbruch der Silicon Valley Bank (SVB) ausgelöste Pleitewelle der nach europäischen Maßstäben keineswegs kleinen Regionalbanken in den USA und der Kollaps der Credit Suisse stellten den bislang größten systemübergreifenden Stress des Bankensystems seit der Finanzkrise von 2008 dar, konstatieren die Autoren des Berichts. In einer detaillierten Analyse der Einzelfälle arbeiten sie die Unterschiede und Gemeinsamkeiten der einzelnen Fälle heraus, die den globalen Bankensektor in eine Vertrauenskrise stürzten.
Innerhalb weniger Tage waren im März mit der Silicon Valley Bank, der Signature Bank of New York und der First Republic drei US-Institute zusammengebrochen, deren Aktiva sich auf rund 900 Mrd. Dollar summierten. Wenige Wochen später musste die UBS ihre Rivalin Credit Suisse mit Aktiva in Höhe von 230 Mrd. Dollar in einer Nacht-und-Nebel-Aktion übernehmen. In allen Fällen identifiziert der Bericht der Regulatoren Defizite der bankinternen Governance und des Risikomanagements als Hauptursache.
Schwaches Risikomanagement
Liest man zwischen den höflich formulierten Zeilen, fällt das Urteil der Baseler Experten über die mit dem Risikomanagement und der Kontrolle betrauten Banker vernichtend aus. Das Bankenbeben habe aufgezeigt, dass sie nicht einmal in der Lage gewesen seien, traditionelle Herausforderungen des Bankgeschäfts wie das Management von Zinsänderungs- und Liquiditätsrisiken zu bestehen. Vor dem Hintergrund der drastischen Zinswende in den Vereinigten Staaten war es daher wenig verwunderlich, dass es der Silicon Valley Bank innerhalb kurzer Zeit das Genick brach.
Darüber hinaus hätten die Banken mit ungeeigneten Modellen gearbeitet, die auf überzogenen Wachstumsannahmen basierten. Sie seien daran gescheitert abzuschätzen, wie die verschiedenen Einzelrisiken miteinander verbunden waren. Insgesamt hätten sich die Institute durch eine fehlende Risikokultur und Schwächen sowohl des Senior-Managements als auch der Kontrollgremien ausgezeichnet.
In diesem ungesunden Ambiente verhallten das Feedback und die Empfehlungen der Aufsichtsbehörden nach Einschätzung des Baseler Ausschusses weitgehend ungehört. Der Bericht fordert daher, dass die Aufseher willens und dazu ermächtigt sein müssen, Schwächen der Banken nicht bloß zu identifizieren, sondern auch zu sanktionieren. Dies erfordere nicht nur eine "qualitativ und quantitativ" ausreichende Ausstattung der Behörden, sondern auch eine permanente Überwachung der exogenen und strukturellen Veränderungen des Bankensystems.
Auch müssten die Aufseher die grenzüberschreitende Zusammenarbeit verbessern sowie sich einer agileren Arbeitsweise bedienen, die den Veränderungen innerhalb des Bankensektors besser gerecht würden. Das gelte insbesondere für die Überwachung von Instituten, die neuartige Geschäftsmodelle bedienen. Dass Banken, die überdurchschnittlich schnell wachsen, ein besonderes Augenmerk verdienen, zeigt der Fall der Silicon Valley Bank: Vor dem Zusammenbruch hatte die Hausbank der kalifornischen Start-ups die Kundeneinlagen innerhalb von nur zwei Jahren verdreifacht.