Eigenkapitalvorgaben

Baseler Kakophonie

EU-Kommission und Deutsche Bundesbank erschweren mit widersprüchlichen Angaben zu den Folgen von Basel III das Verständnis eines ohnehin komplexen und politisch aufgeladenen Regelwerks.

Baseler Kakophonie

Wer bietet mehr?  Wer bietet weniger? Der Wortlaut von Eigenkapitalvorgaben für Banken ist ja per se kaum Musik in den Ohren auch der interessierten Öffentlichkeit. Im Fall von Basel III aber sorgen die zuständigen Instanzen nun  für eine Kakophonie. So präsentierte die EU-Kommission Ende Oktober eine 208 Seiten starke Folgenabschätzung, die für Deutschlands Banken einen Anstieg der Mindestkapitalanforderung um durchschnittlich satte 25% anzeigt. Die Deutsche Bundesbank legte am selben Tag Berechnungen vor, nach denen ein Plus von durchschnittlich gerade einmal 6% zu erwarten steht – nicht einmal mehr ein Viertel.

Was Wunder, dass sich der Bundesverband deutscher Banken (BdB) in einem Pressegespräch am Donnerstag großzügigen Autotunings bediente mit der Ansage, tatsächlich dürfte der Auftrieb durch die Reform für Deutschlands Kreditwirtschaft wohl zwischen 10 und 25% liegen. Wie eine Nachfrage bei der Bundesbank später zutage fördert, lässt die von der Kommission genannte Zahl von 25% Erleichterungen etwa durch eine Übergangsfrist in der Mittelstandsfinanzierung sowie zum Forderungswert von Derivaten außer Acht. Sie basiert auf „einer leicht anderen Stichprobe“ und überdies auf von der European Banking Authority (EBA) publizierten Werten per Ende 2019, während die Frankfurter Zentralbank Zahlen per Ende 2020 zugrunde legt. Ohne schon bestehende Lockerungen wie Vergünstigungen für kleine und mittelgroße Unternehmen nähme der Kapitalbedarf laut Kommission übrigens um 35% zu.

Diese Anekdote zeigt dreierlei. Erstens: dass die Kommission einer um den Mittelstand besorgten Bundesregierung bereits entgegengekommen ist. Zweitens: wie massiv Regulierung sich je nach politischem Gutdünken ver- und entschärfen lässt, und dies abseits des öffentlichen Augenmerks. Und drittens: wie dringend Behörden und Notenbanken ihre Kommunikation verbessern, koordinieren oder zumindest erklären müssen.

Schon seit Jahren liegt auf der Hand, dass mit den Prognosen zu den Folgen von Basel III stets auch Politik gemacht wird, und die Bestimmungen des Eigenkapitalakkords sind auch ohne an Autismus grenzende Selbstgenügsamkeit beteiligter Behörden schon komplex genug. Ein mangelhafter Transport der Zahlen in die Öffentlichkeit ist da nicht nur dem Vertrauen in die Reform abträglich. Er erschwert vor allem die Arbeit der Legislative in Brüssel. Und eigentlich ist es sie doch, die bestimmen soll, was gespielt wird. Oder etwa nicht?