Bäte führt die Allianz ins nächste Jahrzehnt
Von Michael Flämig, MünchenDie Allianz hat den Vertrag ihres Vorstandsvorsitzenden Oliver Bäte (53) vorzeitig um fünf Jahre bis Ende September 2024 verlängert. Dies gab der Aufsichtsrat vor der Vorstellung des Strategie-Updates am kommenden Freitag bekannt. “Unter der Führung von Herrn Bäte hat sich die Allianz in den vergangenen drei Jahren sehr gut entwickelt”, begründete Aufsichtsratsvorsitzender Michael Diekmann (63) die Entscheidung: “Der Aufsichtsrat ist überzeugt, in ihm den richtigen Vorstandsvorsitzenden auch für die vor uns liegenden Herausforderungen zu haben.”Allianz-Aktionäre dürften diese Einschätzungen unterschreiben. Ihr Eigentum ist seit dem Amtsantritt Bätes im Mai 2015 deutlich wertvoller geworden: Der Kurs der Aktie stieg um 24 % auf rund 184 Euro. Mehr noch: Hätten die Investoren ihr Geld nicht in die Allianz, sondern in den Dax oder den Index von 600 europäischen Versicherern gesteckt, hätten sie statt einer Wertsteigerung eine Geldvernichtung erlebt. Denn die Indizes gaben mit niedrigen einstelligen Prozentsätzen nach.Das Wohlwollen der Kapitalmärkte hat einen Grund. Bäte hat es mit seinem ehemaligen Finanzvorstand Dieter Wemmer verstanden, auf der Klaviatur des Kapitalmanagements zu spielen. Erstens verkündete das Unternehmen, kurz nachdem die Ernennung von Bäte öffentlich geworden war, eine neue Dividendenpolitik: Statt 40 % werden 50 % des Gewinns ausgeschüttet, außerdem soll die Dividende nie sinken. In der Konsequenz stieg die Dividende in drei Jahren von 6,85 Euro pro Aktie 2014 auf 8,00 Euro im Jahr 2017. Die Dividendenrendite schlug alljährlich jede konservative Anleihe aus dem Rennen. Sie lag auf hohem Niveau zwischen 4,5 % und 5,3 %.Zweitens hat Bäte nicht nur den ersten Aktienrückkauf der Allianz- Geschichte gestartet, sondern zwei weitere Programme folgen lassen. Insgesamt wurden auf diesem Weg 6 Mrd. Euro unter die Leute gebracht. Weitere Rückkäufe dürften folgen.Doch ein Unternehmen kann nur das Geld verteilen, das es vorher verdient hat. Auch in dieser Disziplin lässt sich die Leistung Bätes sehen – obwohl er einen florierenden Versicherer übernommen hatte. Der Überschuss lag in allen drei Jahren über dem Niveau des Jahres 2014, und zwar zwischen 6 % und 11 %. Wichtiger noch: Die Solvency II-Quote, ein Gradmesser für die Krisenfestigkeit und das Überschusskapital eines Versicherers, landete beständig mindestens am oberen Rand der selbst gewählten Zielspanne. Folgende Aufgabe: SkalierenNun mag aus Aktionärssicht das zählen, was jährlich unten herauskommt. Doch meist ist dies eine Sichtweise, die zu kurz greift. Für die Assekuranz gilt dies umso mehr, als sie einem historischen Umbruch ausgesetzt ist und insofern Strategieänderungen nötig sind, die nur langfristig wirken. Digitalisierung und neue Wettbewerber lauten die Stichworte. Der Bankkaufmann und Betriebswirt wurde daher nach seiner Allianz-Vorstandszeit (2008 bis 2015) nicht zum Nachfolger des damaligen Vorsitzenden Michael Diekmann gewählt, um Kennzahlen zu pflegen. Vielmehr sollte Bäte, der von 1993 bis 2007 für McKinsey arbeitete, den konservativen Versicherer ummodeln und so fit machen für das neue Zeitalter.In kultureller Hinsicht trat Bäte daher als personifizierte Disruption auf die Bühne. Auf der Hauptversammlung trug er rote Turnschuhe, während der Bilanzpressekonferenz und einem darauf folgenden Interview hätschelte er einen Blogger. Der Blogger wurde fortan nie mehr gesehen, und auch die Turnschuhe verschwanden bald. Doch das Signal war gesetzt – ein Signal, das der Persönlichkeit Bätes durchaus entspricht: Die Organisation hatte sich auf Wandel einzustellen. Früher wurde zögerlich geplant, heute wird was ausprobiert und damit gewagt.Auch geschäftlich hat Bäte begonnen, die Allianz auf eine neue Schiene zu setzen. Während der Versicherer bei der Risikotransformation im Sinne von Underwriting und Investments seit jeher Weltklasse war, packte Bäte zwei andere Kompetenzquellen an: Kundennähe und Produktivität. Produkte werden mittlerweile vereinfacht, damit der Kunde sie intuitiv versteht. Die Kostenquote in der Sachversicherung sinkt im Jahr 2018 erstmals seit Jahren.Auf der Habenseite kann Bäte darüber hinaus verbuchen: Den Vermögensverwalter Pimco hat er wieder in die Spur gesetzt, der Turnaround der Lebensversicherung gelingt, und die Sachversicherung wächst auch in stagnierenden Märkten. Die nächste Aufgabe lautet für Bäte und seine neunköpfige Führungsmannschaft, deren Verträge aktuell maximal bis zum Jahr 2020 laufen: die Skalierbarkeit des Geschäftsmodells zu beweisen.