BayernLB wehrt sich gegen Bankenabgabe
– Herr Wiegelmann, die Sanierung der Bayerischen Landesbank ist weitgehend abgeschlossen. Ist Ihre Arbeit nun vor allem Routine und weniger spannend?Nach den abgearbeiteten Altlasten ist mehr Ruhe eingekehrt. Das heißt aber nicht, dass meine Arbeit nur noch Routine oder gar langweilig wäre. Ich denke zum Beispiel an das Zinsumfeld, den intensiven Wettbewerb und die steigenden Regulierungsanforderungen. Das fordert uns Banken enorm.- Sie erwirtschafteten 2015 einen Vorsteuergewinn von 640 Mill. Euro und damit mehr als die LBBW und die Helaba. Ist das ein Ergebnisniveau, auf das sich die BayernLB unter normalen Bedingungen dauerhaft einstellt?Auch wir profitieren derzeit von der guten Konjunktur in Deutschland. Wir werden aber weiterhin eine wichtige Landesbank sein und unsere Position unter den Topbanken Deutschlands festigen. Unser Anspruch ist nicht primär, den höchsten Gewinn aller Landesbanken zu erzielen. Stabilität und Kundennutzen stehen im Vordergrund.- Und das Ergebnis?Die Ergebnisprognose für 2016 entspricht in etwa dem, was wir 2015 angepeilt und erreicht haben. Wir wollen abermals einen Vorsteuergewinn in mittlerer dreistelliger Millionenhöhe erwirtschaften. Aufgrund volatiler Märkte ist immer mit Schwankungen zu rechnen. Derzeit erzielen wir aber recht stabil im Schnitt monatlich ein Ergebnis von rund 50 Mill. Euro vor Steuern und Bankenabgabe.- Rückenwind bekommt die BayernLB dieses Jahr von der Übernahme von Visa Europa durch Visa und von abnehmenden Defiziten im Nichtkerngeschäft, die die Bilanz 2015 mit gut 350 Mill. Euro belasteten. Da können Sie doch einen Schnaps drauflegen!Wie andere Banken sind wir an Visa Europe beteiligt. Wenn der US-Mutterkonzern Visa im laufenden Quartal die ankündigte Übernahme umsetzt, verbuchen wir in unserer Erfolgsrechnung einen Sonderertrag. Wir kalkulieren mit über 100 Mill. Euro Buchgewinn. Im Jahresabschluss 2015 haben wir diesen Betrag bereits in der Neubewertungsrücklage berücksichtigt.- Was ist mit dem anderen Punkt?In der Tat rechnen wir mit rückläufigen negativen Ergebniseffekten aus dem Nichtkerngeschäft. Andererseits hatten wir 2015 einige positive außerordentliche Effekte im Kerngeschäft. Daher kann man das Vorsteuerergebnis des Vorjahres imKerngeschäft von knapp 1 Mrd. Euro nicht einfach hochschreiben.- Die BayernLB erzielte 2015 im Kerngeschäft Erträge von 2,1 Mrd. Euro. Ist das ein Niveau, das für das Geschäftsmodell tragfähig ist, oder ist noch Luft nach oben?Aus unserer Sicht sind operative Erträge von 2 Mrd. Euro im Jahr eine gute Basis für die BayernLB. Dieses Niveau peilen wir auch 2016 an. Wie die ganze Branche müssen wir allerdings gegen das Zinstief anarbeiten. Das schmälert unsere Eigenkapitalverzinsung. Etwa bis zum Jahr 2020 sollten wir es aber schaffen, unsere operativen Erträge um rund 10 % zu steigern. Dann würde sich die BayernLB in einer Größenordnung von rund 2,2 Mrd. Euro bewegen.- Die DKB steuerte 2015 mit 336 Mill. Euro einen Großteil zum Gewinn bei. Bleibt die Direktbanktochter größter Ertragsbringer des Konzerns, oder holen die anderen Segmente auf?Die DKB ist sehr profitabel. Sie gehört zu den wenigen Banken, die vom Zinstief profitieren. Das spiegelt sich in einem rückläufigen Zinsaufwand wider. Allerdings wird das Ergebnis der DKB auf mittlere Sicht nicht mehr die Steigerungsraten der jüngsten Vergangenheit erreichen. Die anderen Segmente – Corporates & Mittelstand, Immobilien & Sparkassen/Verbund sowie Financial Markets – kommen ebenfalls gut voran. Insgesamt bauen wir weiterhin auf starke Beiträge aus allen Kundensegmenten.- Die BayernLB erzielte zuletzt eine Eigenkapitalrendite vor Steuern von 5,8 % auf Konzernebene. Wird die Bank damit ihren Ansprüchen gerecht?Die Welt hat sich für Banken geändert. Für uns ist das heute ein ordentlicher Wert. Sicherlich ist da noch Luft nach oben. Allerdings dämpft das Zinstief das Ergebnis. Ebenso die Regulatorik. Zweistellige Renditen sind heute deshalb schwer zu erreichen. 7 % Eigenkapitalrendite entsprechen vereinfacht einem Wert von 14 % vor Ausbruch der Finanzmarktkrise im Jahr 2008. Für die BayernLB ist eine Eigenkapitalrendite zwischen 5 und 10 % realistisch.- Wie viel kostet die ultralockere Geldpolitik der EZB die BayernLB an Ertrag?Auf Basis eines harten Kernkapitals von gut 8 Mrd. Euro büßt die BayernLB bei einer anhaltenden Nullzinspolitik der EZB jährlich rund 300 Mill. Euro an Ertrag ein. Ohne diesen Betrag wäre unsere Eigenkapitalrendite 4 Prozentpunkte höher.- Mittlerweile müssen die Bankenbei der EZB Negativzinsen zahlen. Wie stark trifft das die BayernLB?Um die Kosten der Liquidität überschaubar zu halten, achten wir darauf, nicht zu viel Geld bei der EZB zu horten.- Angesichts des Margen- und Wettbewerbsdrucks baut das deutsche Bankgewerbe viel Personal ab. Streicht auch die BayernLB weitere Stellen?Wir haben eine deutliche Transformation durchgemacht. Die Bilanz schrumpften wir von über 420 Mrd. auf 216 Mrd. Euro. Im Rahmen eines Beihilfeverfahrens hat die BayernLB früh einiges umgesetzt, was der Markt heute von anderen Banken erzwingt. Dazu gehörte leider auch eine deutliche Personalreduktion.- Wie weit sind Sie damit?Den 2013 beschlossenen Abbau von 450 Stellen in der Bank haben wir bereits zu 80 % ohne betriebsbedingte Kündigungen umgesetzt. Bis 2017 folgt der Rest. Damit reduzieren wir die Personalkostenbasis um 10 %. Weitere Personalmaßnahmen sind aktuell nicht geplant.- Ihre Zielbandbreite für die Kosten-Ertrags-Relation beträgt auf Konzernebene 55 %. 2015 lag die BayernLB mit knapp 54 % unter dieser Schwelle. Was sind Ihre wichtigsten Stellschrauben, um dieses Niveau zu halten?Wir arbeiten laufend an den internen Abläufen. Hier gilt es, in der Verwaltung, in der Steuerung der Bank, aber auch im Kundengeschäft kontinuierlich effizienter zu werden. Eine wichtige Stellschraube ist die IT. Im vergangenen Jahr etwa haben wir eine neue IT für die Kreditverwaltung eingeführt. Darüber hinaus müssen wir die Systeme an die gestiegenen Anforderungen der Regulatorik anpassen. Dabei geht es unter anderem um Risikodaten, Finanzdaten und das geplante Kreditmelderegister der EZB. Das kostet zusätzlich viel Geld. Insofern ist davon auszugehen, dass unsere Cost-Income-Ratio in den kommenden zwei Jahren zeitweilig auch einmal die 60-Prozent-Schwelle erreichen kann.- Das ist aber kein strukturelles Problem für die BayernLB?Nein. Für eine Universalbank haben wir eine ideale Struktur, wenn man zum Beispiel das Firmenkundengeschäft, die Immobilienfinanzierung oder unsere rein onlinebasierten Retail-Aktivitäten über die DKB betrachtet. Wir sind jetzt gut und schlank aufgestellt.- Viele deutsche Banken leisten Widerstand gegen die Bescheide zur Bankenabgabe. Was tun Sie?Wir haben ebenfalls Widerspruch gegen den Bescheid eingelegt. Wir wünschen uns mehr Transparenz über die Parameter, nach denen die Höhe unserer Abgabe bemessen wurde. Da ist aus unserer Sicht einiges unklar. Für 2015 betrug die Bankenabgabe gut 50 Mill. Euro. Für dieses Jahr müssen wir von einer ähnlichen Größenordnung ausgehen.- Die verbliebene Staatshilfe von 1 Mrd. Euro wollen Sie im Rahmen des EU-Beihilfeverfahrens noch vor Fristablauf Ende 2019 an den Freistaat Bayern zurückzahlen. Hindert Sie die Aufsicht an einer schnellen Rückzahlung?Seit der Einigung im Beihilfeverfahren mit der EU-Kommission 2012 haben wir in knapp der Hälfte der Zeit mit 4 Mrd. Euro bereits 80 % der Summe zurückgezahlt. Damit liegen wir deutlich vor dem Zeitplan. Den restlichen Fahrplan haben wir nicht allein in der Hand. Es hängt davon ab, wie die Aufsichtsbehörden – allen voran die EZB – im Zusammenspiel mit der EU-Kommission die Kapitalsituation bewerten. Aus diesem Blickwinkel folgt eine Genehmigung für die restliche Summe.- Wann rechnen Sie damit?Wir haben keine klaren Anzeichen, wann das genau sein wird. Wir streben aber weiterhin an, die 1 Mrd. Euro deutlich vor dem Jahr 2019 komplett an den Freistaat Bayern zurückzuzahlen.- Welche Mindestkernkapitalquote schreibt Ihnen die Europäische Bankenaufsicht vor?9,75 % nach den Übergangsregeln von Basel III, also in der sogenannten Phased-in-Sicht.- Derselbe Wert wie für die LBBW. Kommt noch ein Puffer hinzu?Ja, als systemrelevante Bank müssen wir von 2017 bis 2019 einen von der BaFin verlangten zusätzlichen Prozentpunkt ergänzen.- Ende 2015 lagen Sie mit 12,0 % schon deutlich darüber.Ja, und zwar sogar bei Vollanwendung von Basel III. Die 12,0 % beziehen sich nämlich auf die sogenannte Fully-loaded-Quote. Damit erreichten wir die Mitte unserer mittelfristigen Zielkapitalquote von 11,5 bis 12,5 %. Da sind wir und wollen dauerhaft auch mindestens bleiben.- Welche Vorgaben der Aufsicht machen Ihnen am meisten Arbeit?Generell ist es eine Belastung, dass wir immer mehr Daten regelmäßig melden müssen. Die meisten monatlich, manche wie zur Liquiditätssteuerung sogar täglich. Und es gibt mehrere Meldeformate, etwa aus dem Finanzbereich oder aus der Risikosteuerung. Hinzu kommt, dass wir der Aufsicht eine Vielzahl an Überleitungen von einem Format auf das andere erläutern müssen.- Was heißt das?Zum Beispiel stellen wir in den Risikoberichten Kredite nach Bruttovolumen in einzelnen Branchen dar. Daneben sind die Bilanzbuchwerte nach Forderungsklassen ebenfalls zu melden. Die Vielzahl von Aufstellungen und Berichten ist enorm aufwendig und die Überleitungen enorm komplex. Und wir müssen unsere Datensammlung unter anderem für die Aufsicht laufend erweitern.- Viele Gründe zum Jammern.Wir wollen nicht klagen. Aber man muss doch darauf achten, dass das Ganze zielgerichtet bleibt. Eine Überregulierung hilft keinem. Es muss Spielraum für unternehmerisches Agieren bleiben.- Auf was könnte nach Ihrer Meinung verzichtet werden?Man sollte sich schon überlegen, welche Daten aus der Meldepflicht herausgenommen werden könnten. Ein Beispiel: Die Aufsicht erhält von uns nicht nur unseren Geschäftsbericht. Wir erstellen darüber hinaus einen Offenlegungsbericht sowie neben der Gewinn-und-Verlust-Rechnung nach HGB und IFRS mit ausführlicher Segmentberichterstattung auch nochmals zwei GuV-Aufstellungen nach dem sogenannten Finrep-Schema. Da stellt sich schon die Frage, ob dieselben Geschäfte auf so viele Arten dargestellt werden müssen. Oder ob der Erkenntnisgewinn nicht ähnlich wäre, wenn man sich unsere Zahlen und Geschäfte nur einmal intensiv anschaut.- Weniger könnte also mehr sein?Ja, immer mehr Vorgaben erleichtern nicht unbedingt den klaren Blick. Aus meiner Sicht wäre ein Frühwarnsystem mit wenigen relevanten Größen besser als eines mit einer Vielzahl zum Teil redundanter Parameter.- Befürchten Sie wie andere in der Branche, dass die starke Regulierung Fehlanreize schafft?Die Leverage Ratio zum Beispiel unterscheidet nicht nach Risikogehalt. Das verteuert unnötig risikoarmes Geschäft wie Förderkredite oder die Finanzierung der öffentlichen Hand. Wir hoffen, dass es ein Einsehen gibt und solche Geschäfte aus den Planungen für die Leverage Ratio herausgenommen werden.- Für diese Quote, die das Verhältnis von Kernkapital zum Geschäftsvolumen misst, sind bisher 3 % in der Diskussion. Welchen Wert erreicht die BayernLB?Wir liegen bei gut 4 %, hätten mit der Mindestquote also aktuell kein Problem.- Zur regionalen Expansion Ihres Geschäfts: Haben Sie Pläne für weitere Niederlassungen im In- oder Ausland?Aktuell nicht. Das Geschäft in unseren sechs deutschen Vertriebsstandorten und vier ausländischen Niederlassungen läuft gut. Unser Büro in Düsseldorf zum Beispiel haben wir 2010 als eine Art Versuchsobjekt eröffnet. Seitdem haben sich dort die Erträge vervierfacht.- Was macht Ihre Kooperation im Firmenkundengeschäft mit der Berenberg Bank? Davon ist wenig zu hören.Die Kooperation läuft ordentlich. Wir haben gemeinsam schon einige gute Transaktionen gemacht, und einiges ist in der Pipeline.- Sowohl Berenberg als auch die BayernLB werden im Zusammenhang mit Offshore-Firmen und vermeintlich kriminellen Geschäften von Kunden genannt. In Ihrem Fall geht es um die frühere Tochterfirma Banque LBLux. Was ist dran an dem Verdacht?Wir nehmen solche Hinweise generell sehr ernst. Darum haben wir auch eine unabhängige Untersuchung des Sachverhaltes durch externe Prüfer in Auftrag gegeben. Diese Untersuchung läuft noch.—-Das Interview führten Joachim Herr und Stefan Kroneck.