Bayerns Genossen melden hohe Einlagen

Privatleute fürchten andernorts Verwahrentgelte - Firmenkredite steigen trotz Konjunkturschwäche

Bayerns Genossen melden hohe Einlagen

mic München – Neukunden wenden sich verstärkt an die bayerischen Volks- und Raiffeisenbanken, um dort hohe Summen anzulegen und so den Verwahrentgelten bei anderen Kreditinstituten zu entgehen. In den vergangenen Wochen habe es eine Reihe von Kunden gegeben, die größere Einlagenvolumen anböten, sagte Jürgen Gros, Präsident des Genossenschaftsverbands Bayern, im Gespräch mit der Börsen-Zeitung: “Dies gibt einen Vorgeschmack darauf, was passieren wird, wenn die gesamte Branche über das Thema nachdenkt.” Dann werde ein Run auf die Institute einsetzen, die keine Verwahrentgelte verlangten. Verwahrentgelte für neue Privatkunden seien daher ein Thema auch für die Genossenschaftsbanken in Bayern: “Ich bin mir sicher, dass dies mit Blick auf diese Klientel kommen wird.” Kräftig eingezahltDie Kunden haben bereits in den ersten sechs Monaten kräftig Geld eingezahlt. Die Einlagen erhöhten sich um 1,6 % auf 132,1 Mrd. Euro. Damit übertrifft die Summe der Einlagen das Volumen der Kredite um rund 27 Mrd. Euro. Gros bezeichnete dies als große Herausforderung angesichts der niedrigen Zinsen: “Das wirkt massiv auf die Ergebnislage der Volks- und Raiffeisenbanken.” Die Institute erwarteten nun interessiert und besorgt die EZB-Ratssitzung im September, die eine Entscheidung über den künftigen Zinssatz bringt.Aktuell seien Verwahrentgelte schon ein Thema bei größeren Volumen im Firmenkundengeschäft und vereinzelt auch bei hohen Einlagen im Privatkundenbereich, sagte Gros. Er warnte jedoch zugleich vor einer “Verwahrentgelthysterie”. Denn erstens hätten die Kunden der Volks- und Raiffeisenbanken im Schnitt Einlagen von 19 300 Euro: “Das sehe ich nicht in der Sphäre von Verwahrentgelten.” Zudem gebe es für bestehende Spar- und Girokonten gesetzliche und richterliche Vorgaben für Verwahrentgelte. Die Schlussfolgerung des Verbandspräsidenten: “Das Thema muss man auch mit Augenmaß betrachten.”Anlässlich der Präsentation der Halbjahreszahlen stellte Gros fest, dass die genossenschaftlichen Kreditinstitute in Bayern die nachlassende Konjunktur im ersten Halbjahr gut verkraftet hätten: “Auf die Kreditnachfrage bezogen sind die Volks- und Raiffeisenbanken zufrieden.” Die Konjunktureintrübung sei im Moment noch nicht spürbar. Die Kredite im Firmenkundengeschäft stiegen um 3,6 % auf 55,2 Mrd. Euro.Allerdings hatte das Expansionstempo in der Vorjahresperiode mit 4,2 % etwas höher gelegen. Außerdem blicken die Genossen im Freistaat besorgt in die Zukunft. “Die Umfeldfaktoren sind im Bewusstsein der Vorstände”, sagte Gros. Einer Verbandsumfrage zufolge erwartet fast ein Drittel der Bankvorstände in den kommenden Monaten eine ungünstigere Geschäftsentwicklung. Anfang des Jahres waren es nur 17 %. Insbesondere das Firmenkundengeschäft wird aufgrund der eingetrübten Wirtschaftslage pessimistischer beurteilt. Die Risikovorsorge 2019 sei jedoch vorsichtig kalkuliert, sagte Gros. Er erwarte ein Pendeln um die Nulllinie trotz der konjunkturellen Abschwächung.Mit Freude können die 236 Institute des Freistaats noch auf ihre Privatkunden blicken. Dort treibt die Baufinanzierung das Geschäft sogar stärker als 2018. “Das ist der Zinssituation geschuldet.” Das Kreditvolumen stieg um 1,8 % auf 46,7 Mrd. Euro, während zwölf Monate zuvor ein Plus von 1,3 % zu Buche gestanden hatte. Das gesamte Kreditgeschäft kletterte damit um 2,7 % auf 105,2 Mrd. Euro. Die Ertragslage im Gesamtjahr 2019 werde geprägt durch einen niedrigeren Zinsüberschuss, sagte Gros. Er gehe davon aus, dass er um rund 70 Mill. Euro sinke und damit die Zinsspanne von 1,81 auf rund 1,70 zurückgehe. Der Provisionsüberschuss werde in absoluten Zahlen leicht steigen, könne aber anders als in den Vorjahren wie bereits im Frühjahr prognostiziert den Rückgang des Zinsüberschusses nicht ausgleichen. In der Folge werde das ordentliche Ergebnis 2019 sinken. Das Ergebnis vor Steuern werde aber trotzdem mindestens stagnieren oder sogar zulegen. Denn angesichts der gestiegenen Anleihekurse gehe er von deutlichen Zuschreibungen im Bewertungsergebnis Wertpapiere aus, sagte Gros.Die Regulierungsänderungen halten den Präsidenten des Genossenschaftsverbands Bayern weiterhin auf Trab. “Wir betrachten mit großer Sorge den Finalisierungsprozess von Basel III”, sagte Gros. Er drohe zu höheren Eigenkapitalanforderungen an mittelständische Kredite zu führen. Er bekräftigte seine Forderung, bei der Neufassung des Regelwerks den sogenannten KMU-Korrekturfaktor beizubehalten, der die Kreditvergabe an den Mittelstand erleichtert. Diese bewährten Strukturen der Finanzierung kleinerer und mittlerer Unternehmen zu erhalten, sei gerade angesichts der Auswirkungen der konjunkturellen Schwächeperiode wichtig.