Bayerns Genossen zwischen Feierlaune und Interessenkampf

Von Stefan Kroneck, München Börsen-Zeitung, 5.7.2018 Jubiläen sind für Organisationen willkommene Anlässe, zu den Feierlichkeiten ihre Traditionen mit Blick auf die Zukunft zu beschwören. Das ist auch so beim Genossenschaftsverband Bayern (GVB),...

Bayerns Genossen zwischen Feierlaune und Interessenkampf

Von Stefan Kroneck, MünchenJubiläen sind für Organisationen willkommene Anlässe, zu den Feierlichkeiten ihre Traditionen mit Blick auf die Zukunft zu beschwören. Das ist auch so beim Genossenschaftsverband Bayern (GVB), der in der kommenden Woche sein 125-jähriges Bestehen zelebriert. Dazu dienen ein eigens dafür geplantes Pressegespräch und die diesjährige Tagung der Interessenvertretung der 1 260 genossenschaftlichen Mitglieder im Freistaat, darunter 244 Volksbanken und Raiffeisenbanken mit ihren fast 32 000 Mitarbeitern. Auf der Tagung soll Bayerns Ministerpräsident Markts Söder (CSU) ein Grußwort halten, in einer anschließenden Podiumsdiskussion werden Clemens Fuest, Präsident des Ifo-Instituts, und Wolfgang Kirsch, Vorstandschef der DZ Bank, über die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für den Mittelstand sprechen.Damit fokussiert sich die Diskussion auf die Kernklientel der Kreditgenossen im Firmenkundengeschäft. Die weiß-blauen Primärinstitute des genossenschaftlichen Kreditsektors ringen mit ihrem größten Wettberber, der Sparkassengruppe, um Marktanteile in einem Geschäftsfeld, das aufgrund des Zinstiefs und einer harten Konkurrenz gegen fallende Margen ankämpft. Im Privatkundengeschäft läuft es operativ ebenso zäh. Dennoch gibt es für den GVB im Jubiläumsjahr auf diesem Gebiet eigentlich keinen großen Anlass zur Klage. Im schwieriger gewordenen Umfeld behaupten sich die bayerischen Kreditgenossen bislang gut. Im vergangenen Jahr gelang es den Mitgliedsinstituten, das geschrumpfte Zinsergebnis mit einem erhöhten Provisionsüberschuss und zugleich gedrückten Betriebskosten mehr als zu kompensieren. Operativ halfen gestiegene Wertpapiergeschäfte und Fortschritte im Zahlungsverkehr. Dadurch konnte die Finanzgruppe ihren Vorsteuergewinn sogar leicht auf 1,5 Mrd. Euro steigern. Und fürs laufende Jahr erwartet GVB-Präsident Jürgen Gros wiederum ein “ordentliches” Ergebnis. Einen Zwischenstand nach den ersten sechs Monaten dürfte er nächste Woche liefern. Und dennoch gehört Gros zur großen Riege der Kritiker der Politik von EZB-Chef Mario Draghi. Zur Bilanzvorlage Mitte März unterstellte er dem an der Spitze der europäischen Notenbank stehenden Italiener sogar realitätsfernes Verhalten in Bezug auf die Bankenunion (vgl. BZ vom 15. März). Wie viele andere in Deutschland stört sich Gros daran, dass Draghi sich für eine Vergemeinschaftung der Einlagensicherung starkmacht. Für die Kreditgenossen ist das ein rotes Tuch, schließlich sind sie als Gruppe nicht bereit, für die Fehler in anderen Euro-Mitgliedstaaten in Mithaftung genommen zu werden. Die Kontroverse darüber kratzt nicht nur an ihrem Selbstwertgefühl, sondern stellt auch ihr Geschäftsmodell in Frage. Insofern wird sich der GVB als Lobbyorganisation auf der kommenden Tagung erneut kämpferisch präsentieren. —–Der Genossenschaftsverband Bayern feiert sein 125-jähriges Bestehen.—–