BCG malt düsteres Bild fürs Retail Banking

Profitabilität eingebrochen - Erträge schrumpfen weiter - "Dramatische Entwicklung im Einlagengeschäft"

BCG malt düsteres Bild fürs Retail Banking

kb Frankfurt – Die Lage der Banken im Privatkundengeschäft verdüstert sich. Die Profitabilität der 30 führenden Retailbanken in Europa, Nordamerika und Australien ist bereits im vierten Quartal 2012 um fast 40 % auf 42 Indexpunkte im Vergleich zum Vorquartal eingebrochen, wie die vierteljährliche Retail-Banking-Studie von der Boston Consulting Group (BCG) zeigt. Sinkende Erträge und steigende operative Kosten seien dafür ursächlich. Diese Tendenz dürfte sich fortsetzen, denn schon für das laufende Jahr steht den Banken im Retail Banking ein weiterer Ertragsrückgang um 4,7 % im Vergleich zum Vorjahr bevor.Aber auch in den Folgejahren werde es nicht besser, so BCG. Für den Zeitraum von 2012 bis 2017 erwartet BCG eine Erosion der Erträge um durchschnittlich 1,2 % pro Jahr. Es könnte sogar noch schlimmer kommen, sollte sich die Euro-Krise verschärfen mit Auswirkungen auf Konjunktur und Zinsniveau. Dann sei sogar mit einem durchschnittlichen jährlichen Rückgang der Erträge um 4,8 % im Zeitraum bis 2017 zu rechnen (s. Tabelle).”Hauptursache für den Rückgang der Gesamterträge ist die dramatische Entwicklung im Einlagengeschäft”, erklärt Reinhard Messenböck, Partner und Retail-Banking-Experte bei BCG. Aus Mangel an Alternativen würden die Volumen in kurzfristigen Einlagenprodukten auch künftig zunehmen, doch infolge einer niedrigen und flachen Zinskurve in der Refinanzierungsmodellierung würden die Margen rasant sinken. Sparprodukte mit längeren Laufzeiten blieben für Kunden unattraktiv. Aus diesen Effekten drohe dem Einlagengeschäft ein Ertragsrückgang bestenfalls von 4,7 % und im negativen Szenario sogar von 8,6 %.Im Kreditgeschäft der Retailbanken rechnen die BCG-Analysten bestenfalls mit einer Stagnation der Erträge, bei einer Verschärfung der Euro-Krise mit einem Einbruch um 3,2 %. Zudem sei im Bereich der Überziehungszinsen eine starke Reduktion der Margen und somit der Erträge zu erwarten, falls der Regulator auch hierzulande entsprechende gesetzliche Barrieren einführt, wie etwa in Großbritannien.Im Wertpapiergeschäft könne immerhin mit einem Ertragswachstum von 0,2 % gerechnet werden, doch das Vertrauen der Retailkunden in Wertpapierprodukte bleibe bis auf Weiteres fragil. Eine Verschärfung der Euro-Krise dürfte die Erträge im Wertpapiergeschäft um jährlich 3,4 % schrumpfen lassen.Im Retail Banking bedeutsam ist, dass nach Untersuchung von BCG 76 % der jährlichen Erträge aus langfristigen Einlagen- und Anlageprodukten oder Krediten stammen. Demgegenüber würden 24 % der Erträge durch Neuanlage von Geldern, Aufnahme von Krediten oder einen Wechsel der Bankverbindung neu verteilt. Jedoch nur 17 % könnten dabei direkt durch Vertriebsaktivitäten erzielt werden. Durch das Internet werden laut BCG schon jetzt 19 % der Erträge im Neugeschäft generiert mit steigender Tendenz. Während Filialen für die Eröffnung eines Girokontos oder bei Wertpapierprodukten genutzt würden, werden Tagesgeldkonten online oder Konsumentenkredite direkt am Point of Sale (wie Elektronikmärkten oder Autohändlern) abgeschlossen.Dieser Trend werde sich verstärken, während die Profitabilität im Massenkundengeschäft der Filialbanken weiter erheblich sinken werde, so BCG. Bei vielen Banken sei in diesem Segment bereits heute weniger als ein Viertel der Kunden profitabel und dieser Anteil werde weiter stetig sinken. “Retailbanken müssen darauf kurzfristig mit taktischen Gegenmaßnahmen reagieren, aber auch grundsätzliche strategische Antworten für die Zukunft finden”, mahnt Messenböck. Neben einem kurzfristigen Push von Produkten zählten dazu vor allem die Bindung von Bestandskunden sowie die Optimierung des Pricing, heißt es bei BCG. Wichtig sei zudem, sich von der “klassischen” Kundensegmentierung zu lösen und ein deutlich präziseres Verständnis der wesentlichen Werttreiber bei Kunden zu gewinnen.