BDI fordert Augenmaß

Industrie unterstützt Kapitalmarktunion - Verband wünscht konsistente Regeln für Verbriefungen

BDI fordert Augenmaß

Die Unterstützung für die geplante europäische Kapitalmarktunion ist groß. Allerdings gibt es jede Menge Forderungen: Die Aufseher der ESMA dringen auf Verbraucherschutz, die Industrie und der Fondsverband BVI wünschen sich Konsistenz.gbe Frankfurt – Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) dringt bei der geplanten Kapitalmarktunion darauf, vor allem die geplanten Änderungen auf den Verbriefungsmärkten mit Augenmaß anzugehen. Die EU-Kommission will für die im Zuge der Finanzkrise in Verruf geratenen Finanzinstrumente einheitliche Qualitätsstandards schaffen und eine europaweit konsistente aufsichtsrechtliche Behandlung sicherstellen. “Auf gar keinen Fall dürfen unterschiedliche Verbriefungen alle in einen Topf geworfen werden”, heißt es beim BDI. Die nachweislich hohe Sicherheit von Verbriefungen mit realwirtschaftlichem Bezug mache eine differenzierte Betrachtung auch in der regulatorischen Diskussion notwendig.Der Verband weist darauf hin, beim Thema Verbriefungen gehe es nicht allein um die Entlastung von Bankbilanzen, um für neue Mittelstandskredite Platz zu schaffen. Vielmehr würden beispielsweise verbriefte Autokredite den Fahrzeugabsatz der Automobilhersteller stabilisieren. Weiterhin würden immer mehr Unternehmen den Markt für Asset Backed Commercial Papers zur Mobilisierung von Handelsforderungen nutzen. “Durch solche bonitätsunabhängigen Finanzierungen können bestehende Kreditlinien geschont werden, was gerade vor dem Hintergrund der krisenbedingt erzwungenen Tendenzen der Bilanzkonsolidierung der Banken für die Unternehmen ein großer Vorteil ist”, heißt es beim BDI.Weiterhin könnten Verbriefungen den Industrievertretern zufolge einen wichtigen Beitrag zur Finanzierung des Infrastrukturbedarfs in Europa leisten. “Über den Einsatz von Verbriefungen könnten auch kleinvolumige Infrastrukturprojekte zu einem Investment aggregiert und institutionellen Investoren zugänglich gemacht werden”, so der Verband.Derzeit aber trage die “fortbestehende regulatorische Unsicherheit” nicht dazu bei, die Entwicklung der Verbriefungsmärkte zu unterstützen: “Im Gegenteil, diverse regulatorische Anforderungen stellen weiterhin eine große Bürde für den Fortbestand der Verbriefungsmärkte dar.” Der BDI macht sich daher für Konsistenz in der Regulierung stark. Denn aus Sicht der Industrie machen die kumulativen Belastungen Verbriefungen für Banken, für Versicherungen sowie für Fonds als Anlageform und für Unternehmen als Finanzierungsinstrument wirtschaftlich unattraktiv.Konkret fordert der BDI von der EU-Kommission, keine Benachteiligung von Verbriefungen im Vergleich zu unbesicherten Unternehmensfinanzierungen bei Eigenmittel- und Liquiditätsanforderungen für Banken zuzulassen. Zudem sollten nicht gerechtfertigte Eigenkapitalanforderungen bei Investments von Versicherungen in Verbriefungen ausgeschlossen werden und es solle kein Zwang für realwirtschaftliche Unternehmen zur Offenlegung geschützter Daten im Rahmen von Verbriefungen geschaffen werden. Lob von den AufsehernUnterdessen stellt sich die European Securities and Markets Authority (ESMA) hinter die Pläne der EU-Kommission. Wenn es gelinge, die Rolle des Nichtbankensektors bei der Finanzierung der Realwirtschaft zu stärken, könnte nicht nur dringend benötigtes Kapital bereitgestellt werden. Vielmehr sei es dann auch möglich, den Übergang weg von reiner Fremdkapital- hin zu mehr Eigenkapitalfinanzierungen zu bewerkstelligen.Dabei sei es aber entscheidend, das Verbrauchervertrauen zu stärken, heißt es bei der in Paris ansässigen Behörde. “Um das Ziel vereinheitlichter Kapitalmärkte zu erreichen, muss das richtige Umfeld geschaffen werden, das Kapitalflüsse ermöglicht”, sagt ESMA-Chef Steven Maijoor. Es müsse sichergestellt werden, dass die Regeln für diese Märkte in allen europäischen Mitgliedstaaten gleich angewendet und überwacht werden.Bei den geplanten neuen Regeln für Verbriefungen fordert die ESMA eine Untersuchung der Auswirkungen aller laufenden Reformen. Weiterhin sollen aus Sicht der Aufseher Anreize für Investoren geschaffen werden, ein angemessenes Risikocontrolling durchzuführen und vor einem Engagement eine sorgfältige Due Diligence abzuhalten. Neue InvestmentchancenAus Sicht des Fondsverbands BVI können bessere Rahmenbedingungen an Europas Kapitalmärkten Anlegern neue Möglichkeiten zur Geldanlage eröffnen und Unternehmen sowie Staaten neue Finanzierungsquellen erschließen. Die Pläne der EU-Kommission seien geeignet, die Rahmenbedingungen für die gesamtwirtschaftliche Aufgabe der Fondsgesellschaften als Mittler zwischen Kapitalangebot und -nachfrage zu verbessern. Auch die Fondslobby dringt auf Kohärenz in der EU-Gesetzgebung und fordert die Kommission auf, Hemmnisse für die Effizienz der Kapitalmärkte abzubauen.Derweil betont das Eurosystem, die Kommission müsse bei ihren Plänen auch die Auswirkungen auf die Finanzstabilität und mögliche neue Risiken im Auge behalten. “Während tiefere, grenzüberschreitende Märkte mit einer erweiterten Risikoteilung in der Europäischen Union die Finanzstabilität wahrscheinlich stärken, kann eine verstärkte Integration die Größe und Geschwindigkeit von Ansteckungen verschärfen”, heißt es in der Stellungnahme der Notenbanken.Zudem könne die Bewegung hin zu marktbasierten Finanzierungen an sich systemische Risiken kreieren – und zwar in den Bereichen des Systems, die weniger strikt reguliert werden. Die Notenbanken gehen daher davon aus, dass im Zuge des Aufbaus der Kapitalmarktunion auch die Aufsichtsnetze gestärkt werden müssen und dass die Behörden neue Werkzeuge brauchen werden, um die neuen Risiken angemessen überwachen zu können.