FRANKFURT WIRD OFFSHORE-ZENTRUM FÜR RENMINBI

Beim Yuan lässt Peking nichts anbrennen

Siegeszug der chinesischen Währung wird behutsam gesteuert - Auswahl der Offshore-Zentren erfolgt auch nach politischen Motiven

Beim Yuan lässt Peking nichts anbrennen

Von Norbert Hellmann, SchanghaiDer chinesischen Regierung ist es ein besonderes Anliegen, im Rahmen ihrer großen Reformagenda rasche Fortschritte in Sachen Finanzsektorliberalisierung vorzuweisen. Die Landeswährung Yuan, je nach Zusammenhang auch Renminbi genannt, steht dabei im Vordergrund. Reformschritte im Währungsbereich sind relativ einfach durchzusetzen und finden sehr leicht große internationale Aufmerksamkeit.Direkt nach Ablauf des chinesischen Volkskongresses hat die Zentralbank des Landes im März mit der Erweiterung der Handelsspanne des Yuan zum Dollar eine wichtige Voraussetzung dafür geschaffen, dass die chinesische Devise stärkeren Marktschwankungen unterliegt und sich ein wenig frei handel- und konvertierbaren internationalen Reservewährungen annähert. Weltwährungsstatus gesuchtPeking hat allerdings das Ziel, den Yuan in bedächtigen und eng kontrollierten Schritten zu einer Weltwährung großzuziehen und damit der immens gewachsenen Bedeutung Chinas im Weltwirtschaftsgefüge gerecht zu werden. Die auf dem Wege zu einer Reservewährung unverzichtbaren Schritte zur Flexibilisierung der Wechselkursbildung und Lockerung von Kapitalverkehrskontrollen können die Stabilität des Yuan freilich auch untergraben. Der über Jahre hinweg verlässliche Aufwertungstrend ist in den vergangenen Wochen von einer prononcierten Baisse und bislang ungekannt heftigen Wechselkursschwankungen abgelöst worden. Dies kann als Zeichen gewertet werden, dass der Yuan erwachsener geworden ist, wirft aber die Frage auf, ob der Yuan an Attraktivität als Anlage- und Fakturierungswährung für den Warenhandel verliert, wenn die Wette auf eine stetige Aufwertung nicht aufgeht.Mit der Internationalisierung des Yuan werden von Pekinger Warte aus zwei eng miteinander verwobene Ziele angesteuert. Es geht zum einen darum, einer für Schwellenländer typischen Abhängigkeit vom Dollar und den Wirren der US-Geldpolitik zu entgehen. Gleichzeitig bringen eine stärkere Verwendung des Yuan und die Öffnung des Kapitalverkehrs Vorteile für chinesische Warenexporteure und mit Direktinvestitionen ins Ausland strebende Unternehmen. Zum anderen entstehen mit dem Aufbau von Offshore-Zentren für Yuan-Gelder Investmentkanäle, um im Ausland gesammelte Gelder in die noch stark abgeschotteten Wertpapiermärkte auf dem chinesischen Festland zu locken. Hongkong als BlaupauseMit dem Ausbau Hongkongs zum ersten und auf unabsehbare Zeit wichtigsten Offshore-Platz für Yuan-Transaktionen ist ein vielversprechender Anfang gemacht worden. In Peking hat man lange gezögert, Offshore-Märkte für den Yuan jenseits der Sonderverwaltungszone Hongkong zu fördern. Im Zuge einer offensiveren Reformagenda aber ist die Bereitschaft gewachsen, die in Hongkong getesteten Kanäle für den Transfer von Offshore-Yuan-Geldern auch auf andere Finanzplätze auszudehnen. Damit ist eine Art globaler Finanzplatzwettbewerb um offiziell von Peking abgesegnete Andockstellen für Yuan-Geschäfte entstanden. Bei Finanzplatzpromotoren sorgt das Thema Offshore-Yuan als Wachstumsstory zwangsläufig für glänzende Augen.In Peking weiß man vor diesem Hintergrund die feierliche Ausrufung von Yuan-Zentren in selektiver Interessenwahrung durchaus auch als ein diplomatisches Spiel zu gestalten. Tokio etwa ist im Zuge heftiger bilateraler politischer Streitigkeiten völlig aus dem Fokus gerückt. Dafür wurde Singapur als südostasiatisches Yuan-Drehkreuz ausgerufen und Taiwan im Zuge einer politischen Annäherung ebenfalls mit Clearing-Anbindungen und der Auslobung von Investmentquoten für den Transfer von Offshore-Yuan-Geldern in chinesische Wertpapiermärkte geadelt.In Europa hatte sich London als wichtigster Devisenhandelsplatz mit seinen starken Verbindungen zur ehemaligen Kronkolonie Hongkong von vornherein als ein offensichtlicher Yuan-Hub empfohlen. Dennoch war eine Charmeoffensive der britischen Regierung notwendig, um die Dinge in die Wege zu leiten. Dabei hat sich die chinesische Seite wichtige Zugeständnisse gesichert, wie etwa die Öffnung für chinesische Direktinvestitionen selbst in sensiblen Bereichen wie Energie und Versorgungswirtschaft. Außerdem wurde den chinesischen Banken für ihre London-Aktivitäten ein wichtiges Bonbon zugedacht, denn sie dürfen ihre Expansion vor Ort über Zweigstellengründungen statt über eigens regulierte und kapitalisierte Auslandstöchter bestreiten. Frankfurt musste bangenIn Frankfurt hat man sich lange ernste Sorgen darüber machen müssen, ob ein (erster) Yuan-Hub für die Eurozone zwangsläufig der Mainkapitale zugedacht würde und nicht doch an das von der französischen Regierung mit starker Lobby-Aktivität ins Spiel gebrachte Paris oder auch an Luxemburg gehen würde. Dort lockt ein besonders stark dereguliertes Umfeld, das drei der vier größten chinesischen Banken dazu bewogen hat, in Luxemburg ihre Europa-Zentralen anzusiedeln.Dass Frankfurt nun praktisch zeitgleich mit London den Zuschlag bekommen hat, ist sicher eine Überraschung. Dabei dürfte weniger der Sitz der Europäischen Zentralbank als die realwirtschaftliche Dimension des deutsch-chinesischen Wirtschaftsaustauschs der ausschlaggebende Punkt gewesen sein. Denn bei der Yuan-Internationalisierung via Offshore-Zentren geht es Peking nicht allein um Devisengeschäfte und Kapitalanlagen, sondern eben auch um Effizienzgewinne bei der Handels- und Zahlungsverkehrsabwicklung für chinesische Firmen.Chinesische Exporteure berechnen typischerweise einen Kalkulationsaufschlag von 5 bis 7 % für nach Deutschland ausgeführte Waren, um bei der noch vorherrschenden Dollar-Fakturierung Wechselkursausschläge und zusätzliche Abwicklungskosten abzudecken. Bei einer Fakturierung in Yuan und Abwicklung vor Ort würden diese wegfallen. Für deutsche Exporteure gilt, dass sie bei Wahl des Yuan statt des Dollar Einsparpotenzial vorfinden, weil der Euro geringer gegenüber der chinesischen Devise schwankt als gegenüber dem Dollar.Angesichts einer hohen Preisempfindlichkeit könnten diese Einspareffekte den Handel mit China erheblich beflügeln. Die Pläne passen damit zu dem auf höchster politischer Ebene vereinbarten Ziel, das deutsch-chinesische Außenhandelsvolumen bis Ende 2015 von derzeit rund 140 Mrd. Euro pro Jahr auf 200 Mrd. Euro zu steigern. So hat man mit der Wahl Frankfurts eine Lösung gefunden, von der China wie Deutschland profitieren werden.