EXCHANGE TRADED FUNDS

Beimischung für den Renditekick

Spezielle Länder-ETF erzielen zum Teil extrem hohe Renditen. Europa rückt dabei stärker in den Fokus. Und auch Schwellenländer wie Indien und Brasilien bieten wieder Chancen. Von Anna-Maria Borse Taiwan, Malaysia, Indonesien, Vietnam, Südafrika -...

Beimischung für den Renditekick

Spezielle Länder-ETF erzielen zum Teil extrem hohe Renditen. Europa rückt dabei stärker in den Fokus. Und auch Schwellenländer wie Indien und Brasilien bieten wieder Chancen. Von Anna-Maria BorseTaiwan, Malaysia, Indonesien, Vietnam, Südafrika – mit ETF lassen sich längst nicht mehr nur Märkte großer Industrieländer abbilden. Jenseits ausgetretener Pfade locken zum Teil sehr hohe Renditen: Im vergangenen Jahr erzielten Anleger zum Beispiel mit Brasilien-ETF ein Plus von 69 %, gefolgt von Russland mit knapp 60 %, Thailand mit 31 %, Kanada mit 28 % und Taiwan mit 21 %, wie Statistiken der ETF-Plattform JustETF zeigen. Am schlechtesten schnitten Portugal (- 10 %), Italien (- 7,8 %), Mexiko (- 6,6 %), Türkei (- 6 %) und Griechenland (- 4,6 %) ab. In diesem Jahr (Stand 19. April) haben bislang MSCI-Polen-Tracker mit einem Plus von 20,3 % die Nase vorn, auf den Plätzen 2 bis 5 liegen indische Aktien mit dem Nifty 50 und dem MSCI India (15,9 % und 14,5 %), mexikanische mit dem MSCI Mexico und dem MSCI Mexico Capped (14,2 % und 14,1 %), türkische mit dem MSCI Turkey (12,3 %), chinesische mit dem MSCI China (12,2 %) und spanische mit dem MSCI Spain (11,9 %). Weiße Flecken auf der LandkarteDas Angebot an spezifischen Länder-ETF an der Börse Frankfurt ist im Aktienbereich groß und reicht von Australien, Bangladesch und Brasilien bis hin zur Türkei, den USA und Vietnam. Alle wichtigen großen Industrieländermärkte können mit ETF abgebildet werden, zunehmend aber auch Börsen kleinerer Industrie- sowie wichtiger Schwellenländer. Der Fokus liegt allerdings eindeutig auf Europa, Nordamerika und Asien. Unter den afrikanischen Ländern taucht nur Südafrika auf, unter den lateinamerikanischen sind es nur Brasilien und Mexiko. Im Anleihebereich ist das Angebot ohnehin überschaubarer. Hier werden vor allem die Bondmärkte großer Industrieländer abgebildet, ergänzt von denen Chinas. Zu den länderspezifischen Aktien- und Anleihe-ETF kommen noch Indexfonds, die sich auf ganze Regionen beziehen, etwa die Eurozone, Europa, Osteuropa, Nordamerika oder die Emerging Markets. Zugang nach SchwedenAuffällig ist, dass es immer spezieller wird: Mit dem im März aufgelegten iShares MSCI Japan SRI (IE00BYX8XC17) können Anleger zum Beispiel an der Wertentwicklung von japanischen Unternehmen partizipieren, die in Sachen Nachhaltigkeit punkten. Mit dem WisdomTree India Quality (DE000A2DJWH8), ebenfalls noch ganz frisch am Markt, haben Investoren an der Wertentwicklung indischer Unternehmen besonderer Qualität teil. Der im Februar emittierte QNB ZyFin India Consumption (IE00BD3GLV34) ermöglicht erstmals die Beteiligung an der Entwicklung indischer Konsumwerte. Nicht ganz so exotisch: Mit dem ebenfalls noch recht neuen iShares OMX Stockholm Capped (IE00BD3RYZ16) wird der Zugang zur Wertentwicklung der 80 größten und am häufigsten gehandelten schwedischen Aktienunternehmen eröffnet – und zwar in Kronen. USA Favorit 2016 und 20172016 war Europa gemessen an den Flows von Aktien-ETF nicht gerade beliebt: Netto wurden weltweit 39 Mrd. Euro aus der Eurozone und dem übrigen Europa abgezogen, wie Statistiken des ETF-Emittenten Amundi zeigen. Eindeutiger Favorit war Nordamerika: Dorthin flossen netto insgesamt 144 Mrd. Euro. Nach Japan waren es immerhin noch netto 15 Mrd. Euro, in die Schwellenländer 21 Mrd. Euro. Auch in diesem Jahr steht Nordamerika in der Gunst der Anleger ganz oben: Bis Ende März wurden Amundi zufolge sogar schon 47,9 Mrd. Euro in ETF auf nordamerikanische Aktien investiert. Die Abflüsse aus Europa setzen sich nicht fort, allerdings lagen die Zuflüsse mit 5,7 Mrd. deutlich hinter denen in die USA und Kanada und auch denen nach Japan (24,3 Mrd. Euro) und in die Schwellenländer (9,6 Mrd. Euro). Thomas Meyer zu Drewer bestätigt den Trend gen USA: “Wir sehen nach wie vor eine große Nachfrage nach ETF, die sich auf die USA beziehen”, berichtet der Geschäftsführer des ETF-Anbieters Comstage. Ebenfalls beliebt seien Emerging-Markets-Tracker. “Getrieben sind beide Entwicklungen auch durch eine Stärke des US-Dollars gegenüber dem Euro, von der der Euro-Investor zusätzlich profitiert.” Aktuell beobachtet aber auch Meyer zu Drewer einen Schwenk vieler Investoren in Richtung Europa – was sich zum Beispiel in einer steigenden Nachfrage nach Stoxx-Europe-600-ETF zeige. Die Perspektiven für Europa haben sich nach Ansicht vieler Analysten zuletzt nämlich deutlich verbessert: “Die Risikoprämien für US-Aktien sind im Vergleich zu denen in der Eurozone zu niedrig”, urteilt etwa Patrick Moonen vom Assetmanager NN Investment Partners. Er verweist auf das Potenzial für die Unternehmensgewinne in der Eurozone, das steigende Risiko politischer Enttäuschungen in den Vereinigten Staaten und nicht zuletzt mögliche Zuflüsse in die Eurozone nach den Wahlen in Frankreich. Indien meldet sich zurückDer ETF-Emittent Lyxor rechnet unterdessen mit einem Comeback Indiens nach dem Chaos rund um die Spontan-Entwertung kleinerer Banknoten im November 2016: “Die Anleger haben nach einer kurzen Zeit der Verunsicherung erneut Vertrauen in den indischen Aktienmarkt gefasst”, erklärt Heike Fürpaß-Peter. Dazu habe auch der klare Sieg der Partei von Premierminister Modi bei den indischen Regionalwahlen im Bundesstaat Uttar Pradesh Mitte März beigetragen. “Damit ist das politische Risiko eines Scheiterns deutlich geringer geworden.” Modi könne gestärkt in die verbleibende Amtszeit bis zur Wahl 2019 gehen. Auch Brasilien ist wieder daAuch die wirtschaftlichen Perspektiven seien grundsätzlich intakt. “Die Bargeldreform hatte nur geringe Auswirkungen auf die gesamtwirtschaftlichen Aktivitäten”, schreiben die Volkswirte der Lyxor-Mutter Société Générale in ihrem aktuellen Marktbericht. Sie prognostizieren für 2017 ein BIP-Wachstum von 7,3 % und für 2018 eines von 7,6 % – mehr als für China. “Unterstützt wird die Konjunktur unter anderem durch den Konsum einer wachsenden Mittelschicht.” NN Investment Partners sehen unterdessen Chancen in Brasilien: “Kein anderes Schwellenland weist derzeit eine höhere Reformdynamik auf. Es sind weitreichende Reformen des Rentensystems geplant, um den Staatshaushalt und die Verschuldung in den Griff zu bekommen”, erläutert Maarten-Jan Bakkum, Senior Strategist und renommierter Experte für Emerging Markets bei NN. Angesichts der erst im Oktober 2018 anstehenden Präsidentschaftswahlen sei noch genügend Zeit für die Reformpolitik vorhanden. Nach Einschätzung von NN verfügt die Übergangsregierung über Wissen, Tatkraft und das erforderliche politische Kapital, um die größten wirtschaftlichen Herausforderungen Brasiliens anzugehen. “Daher dürfte das Vertrauen in das Land am Zuckerhut weiter wachsen, die Zinsen dürften weiter sinken, und das Wachstum sollte sich endgültig wieder beleben.” Chancen in ÖsterreichEs muss aber nicht immer so exotisch sein: Auch für die österreichische Börse, einem durchaus volatilen Markt, sehen viele Marktbeobachter noch Chancen und verweisen auf das Kurs-Gewinn-Verhältnis des ATX, das unter dem für Dax, Euro Stoxx 50 und erst recht S & P 500 oder Dow Jones liegt. Der österreichische Leitindex hat auf Sicht von zwölf Monaten um 21 % zugelegt und damit den Dax, der auf 16 % kommt, abgehängt. Seit Jahresanfang ist der die Wiener Börse abbildende Comstage ATX um 11,2 % gestiegen. Länder-ETF als SatellitenWichtig ist: Länder-ETF eignen sich eher als Beimischung zu breit streuenden Basisinvestments, etwa im Rahmen des Core-Satellite-Ansatzes. Das heißt: Ein breit streuendes Basisinvestment als Kern der Anlage, das für eine marktkonforme Wertentwicklung sorgt, wird um einzelne “Satelliten” als potenzielle Renditetreiber ergänzt. Als Basisinvestment dient vielen Anlegern offenbar mittlerweile der MSCI World, der – anders als sein Name vermuten lässt – übrigens nur Aktienmärkte der Industrieländer abbildet. MSCI-World-ETF waren bereits 2016 extrem beliebt: Amundi zufolge lagen die Zuflüsse bei 30,6 Mrd. Euro, in diesem Jahr waren es bis Ende März schon 23 Mrd. Euro. Auch Comstage beobachtet ein besonderes Interesse an MSCI-World-ETF speziell bei Privatanlegern – auch über Sparpläne. “Generell ist eine breite Streuung die beste Anlageentscheidung in einem von Unsicherheit bestimmten Umfeld”, meint Meyer zu Drewer. Die Frage nach dem richtigen oder passenden Länder-ETF hält er für eine sehr individuelle Entscheidung, die zur persönlichen Asset Allocation passen müsse. “Auch hier gilt, dass sehr breite, also einen möglichst großen Anteil an Marktkapitalisierung und Umsatz abbildende Indizes zu bevorzugen sind.” Wechselkursrisiko beachtenNicht zuletzt ist außerhalb des Euroraums das Wechselkursrisiko zu beachten, wie etwa der Blick auf britische Aktien zeigt: So hat der währungsgesicherte UBS MSCI UK (LU0950671239) auf Sicht von zwölf Monaten um 13,3 % zugelegt, während der iShares MSCI UK ohne Währungsabsicherung (IE00B539F030) hingegen nur um knapp 7,9 % stieg.