Bellende Banker beißen nicht

Von Andreas Hippin, London Börsen-Zeitung, 28.4.2015 HSBC und Standard Chartered haben einen wesentlichen Beitrag zum Wahlkampf geleistet. Gerade als sich das Image der Branche in der Öffentlichkeit etwas zu bessern schien, brachte HSBC-Chairman...

Bellende Banker beißen nicht

Von Andreas Hippin, LondonHSBC und Standard Chartered haben einen wesentlichen Beitrag zum Wahlkampf geleistet. Gerade als sich das Image der Branche in der Öffentlichkeit etwas zu bessern schien, brachte HSBC-Chairman Douglas Flint einen Abzug aus London in die Diskussion. Sieben Jahre nach Beginn der Finanzkrise haben die ehemaligen “Masters of the Universe” genug von den steigenden Abgaben und der zunehmenden Regulierung in der britischen Metropole. Die Branche stört sich insbesondere am vorgesehenen “Ringfencing”, der Einführung eines Schutzwalls zwischen Retail und Investment Banking, für den bis 2019 Milliardenbeträge fällig werden. Es ist daher wenig überraschend, wenn nun über die “Sunday Times” ein möglicher Verkauf des britischen Filialgeschäfts von HSBC ins Spiel gebracht wird. Das 1865 als Hongkong and Shanghai Banking Corporation gegründete Institut hatte vor mehr als einem Jahrzehnt die Midland Bank gekauft und seinen Sitz aus der ehemaligen britischen Kronkolonie an die Themse verlegt. Bereits im vergangenen Monat wurde bekannt, dass das Retailgeschäft von HSBC nach Birmingham umziehen soll, an den Ursprung der Midland Bank.Die Finanzaufsicht in Hongkong signalisierte bereits, dass sie eine positive Haltung einnehmen würde, sollte sich HSBC für eine Umsiedlung der Zentrale in die alte Heimat entscheiden. Es gibt allerdings gleich eine ganze Reihe von Gründen, warum das nicht so schnell passieren wird. Die Bilanz der Großbank entspricht fast dem zehnfachen Bruttoinlandsprodukt der chinesischen Sonderverwaltungszone. Im Falle einer Bankenkrise könnte Hongkong dem Institut also nicht viel helfen. Um dem vorzubeugen, wäre auch eine Verschärfung der Kapitalanforderungen durchaus möglich. HSBC käme gewissermaßen aus dem Regen in die Traufe. London ist mittlerweile das führende globale Finanzzentrum. Die Stadt bietet neben Rechtsstaatlichkeit und hoch qualifizierten Arbeitskräften viel Lebensqualität. Hongkongs Superreiche schicken hier ihre Kinder zur Schule. Bellende Banker beißen nicht. Auch sie wissen ihren Nachwuchs lieber in Eton oder Wycombe Abbey. In der City werden die jüngsten Äußerungen aus dem HSBC-Turm in Canary Wharf in erster Linie als Ausdruck der Unzufriedenheit gewertet, nicht als konkrete Handlungsabsicht.Bei Standard Chartered machen Großaktionäre wie Aberdeen Asset Management Druck in Sachen Umzug. Für das 1969 aus Standard Bank of British South Africa und Chartered Bank of India, Australia and China hervorgegangene Institut käme neben Hongkong auch Singapur als Standort in Frage. Die Anteilseigner stören sich vor allem an der Erhöhung der Bankenabgabe. Über ein Filialnetz in Großbritannien verfügt Standard Chartered nicht. Im Falle einer Übersiedlung müsste das Institut allerdings schnell die Kosten in den Griff bekommen. Der Rivale DBS Bank aus dem Stadtstaat kommt auf eine Cost-Income-Ratio von 45 %. Bei Standard Chartered war sie zuletzt auf 60,2 % gestiegen. HSBC schnitt mit 67,3 % noch schlechter ab. Ginge es nur ums Geld, könnten beide auch gleich nach Schanghai umziehen. Über die Anforderungen an das verlustabsorbierende Kapital ließe sich mit den Aufsichtsbehörden dort sicher reden. Allerdings gab es in den vergangenen Jahrzehnten öfter radikale politische Kurswechsel. Wer da zu viel bellt, endet auf den Reisfeldern. ——–HSBC und Standard Chartered denken über den Rückzug aus London nach.——-