IM GESPRÄCH: BASTIAN SCHIEDAT

Berenberg dreht voll auf

Schon knapp 40 Equity-Mandate in diesem Jahr - Rasanter Aufbau und Expansion in den USA - Coverage von über 800 Aktien

Berenberg dreht voll auf

Berenberg heizt den internationalen Investmentbanken im Geschäft mit Aktienplatzierungen immer stärker ein. Mit einer breiten Coverage der Unternehmen und einem Investorenkreis, zu dem andere Häuser kaum Zugang haben, kann die Privatbank aus Hamburg punkten. Von Walther Becker, Frankfurt Mit Fug und Recht kann sich Berenberg heute als die “führende Mid-Market ECM Bank im deutschsprachigen Raum” bezeichnen: Mit bislang knapp 40 Mandaten in Equity Capital Markets (ECM) von zusammen 8,9 Mrd. Euro nach 51 Transaktionen mit 9,2 Mrd. Euro im Vorjahr legt das älteste Geldhaus Deutschlands in dieser Sparte des Investment Banking europaweit rasant zu. Bastian Schiedat, der neue und mit 33 Jahren junge globale Leiter Equity Capital Markets (ECM), ist zuversichtlich, dass es bei dem guten Lauf der Privatbank bleibt – allen Verwerfungen aus Handelsstreitigkeiten, anderen geopolitischen Auseinandersetzungen und dem Abzug von US-Investoren aus dem europäischen Markt in dreistelliger Milliardenhöhe zum Trotz. Für den weiteren Verlauf geht er davon aus, dass der deutsche IPO-Markt ergiebig ist. “Fünf sehe ich auf jeden Fall noch, aber auch zehn Börsengänge sind insgesamt möglich”, sagt er im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. IPOs stehen, da es um neue Emittenten gehe, stets im Rampenlicht des ECM-Geschäfts. Doch überwiegen Kapitalerhöhungen (meist in beschleunigter Form) und Umplatzierungen. Deren Volumina lassen sich schwer prognostizieren; IPOs haben hingegen einen längeren Vorlauf. In einem Fall – dem Spin-off von Puma aus Kering – war Berenberg neben BNP Paribas, Goldman Sachs und J.P. Morgan “Flowback Manager”, kümmerte sich also darum, dass die Puma-Aktie nicht unter die Räder kam.An welchen Mandaten Berenberg gerade arbeitet, verrät Schiedat nicht. Für den Gesamtmarkt werden als heiße Kandidaten Knorr-Bremse, Exyte (vormals M+W), in der Schweiz Sig Combibloc und aus dem Rocket-Internet-Portfolio Westwing gehandelt. Und es gebe noch einige Transaktionen, die bisher nicht “geleakt” worden seien. 13 Börsengänge gab es in Frankfurt bisher einschließlich der Deals im weniger regulierten Segment Scale. Stärker oben im SyndikatDie Hamburger Privatbank war beim größten IPO des Jahres – Siemens Healthineers mit 4,2 Mrd. Euro – als Co-Lead-Manager dabei, ebenso als Joint Bookrunner bei Klingenberg (241 Mill. sfr) oder als alleiniger Konsortialführer von Dermapharm (360 Mill. Euro) und in der Schweiz beim Logistiker Ceva (1,2 Mrd. sfr) als Joint Bookrunner. Auch beim IPO von Home 24 agierte die Bank als Joint Global Coordinator. Morphosys wurde zur Emission von Hinterlegungsscheinen in New York als Co-Lead-Manager begleitet. Dies war die erste ECM-Transaktion vom Berenberg in den USA, wo sie das Geschäft ausbauen will. Als Berenberg begann, mit ECM durchzustarten, da war die Bank erst in 25 % der Fälle an oberster Stelle als Global Coordinator im Syndikat. “Jetzt sind es über 75 %” sagt Schiedat. 13 % entfallen dieses Jahr auf die zweite Ebene, die Rolle als Joint Bookrunner, und nur mehr 11 % auf das dritte Level, die Funktion des Co-Lead. In den einschlägigen League Tables bekommen die Häuser “Credit” für die erste und zweite Ebene. Berenberg steigerte 2017 ihren Credit in den Rennlisten um den Faktor 3,4 auf 4,1 Mrd. Dollar. Das Oligopol aus internationalen, stark amerikanisch dominierten Investmentbanken im IPO-Geschäft setzt fast ausschließlich auf Geschäfte mit Großinvestoren. Die Bulge-Bracket-Banken verdienen Milliarden im Handel, mit IPOs aber nur Millionen, und sie setzen darauf, als Kreditgeber von ihren Unternehmenskunden mit M & A-, ECM- und Anleihetransaktionen “belohnt” zu werden. In diese Lücke stößt Berenberg, die kein Fremdfinanzierungsgeschäft betreibt, sondern sich auf ECM und M & A-Beratung konzentriert. Zusätzlich zu den großen Fondsgesellschaften habe die Hamburger Privatbank mit ihrer internationalen Präsenz Zugang zu rund 600 kleineren und mittelgroßen Institutionellen sowie zu Family Offices und sehr vermögenden Privatleuten. Diese fallen bei den großen Investmentbanken vielfach durch den Rost. In ECM hat die Bank inzwischen auf 340 Leute aufgestockt. An die 150 Analysten covern mehr als 800 Unternehmen. Dabei werden gut 450 Small und Mid Caps beobachtet – etwa 250 Aktien in Britannien, 154 hierzulande und 119 in den USA. Vor allem in New York haben die Hanseaten Expansionspläne. Zur Mannschaft kommen noch rund 100 Vertriebsleute. Während kleinere Researchhäuser infolge der EU-Richtlinie Mifid unter Druck geraten, spiele diese Entwicklung Berenberg in die Hände: “Wir können bei Investoren damit punkten, dass wir den Kern und das Universum an Aktien covern”, sagt er.