Schleppender Gesetzgebungsprozess

Verschiebung des EU-Bankenpakets eröffnet Anlagechancen

Kommt die EU der Forderung der Lobbyverbände nach einer Verschiebung des Bankenpakets nach, erwartet Berenberg Neubewertung einzelner Bankanleihen.

Verschiebung des EU-Bankenpakets eröffnet Anlagechancen

DK fordert mehr Zeit für Bankenpaket

Berenberg-Analysten wittern daraus resultierende Anlagechancen mit Anleihen

lee Frankfurt

Nachdem erst die Deutsche Kreditwirtschaft (DK) und ihr EU-weites Pendant für eine spätere Umsetzung der als Bankenpaket bekannten EU-Richtlinie CRR III trommeln, denken die Analysten von Berenberg über die daraus resultierenden Anlagechancen nach. Die Verbände unterfüttern ihr Plädoyer mit dem Verweis darauf, dass sich der Gesetzgebungsprozess für die Reformen, die unter anderem schärfere Kapitalvorgaben beinhalten, in die Länge zieht, und verweisen darauf, dass die USA und Großbritannien bereits angekündigt haben, dass sich die ursprünglich für den 1. Januar 2025 geplante Einführung mindestens um sechs Monate verschiebt.

Risikogewichte entfallen

Im Haus Berenberg geht man davon aus, dass die Forderung der Verbände nicht ungehört verhallen wird. Die Kreditanalysten weisen darauf hin, dass dies auch Auswirkungen auf die Anpassungen der CRR-Risikogewichte im Standardansatz hätte. Davon würden einige Senior Non-Preferred-Bonds profitieren, denen in Zukunft ein höheres Risikogewicht droht.

Unter den Anleihen mit einer Fälligkeit zwischen dem 1. Januar und dem 30. Juni 2025 sticht eine Anleihe der belgischen KBC Group hervor, die am 29. Juni und damit genau einen Tag vor dem von Berenberg angenommenen neuen Umsetzungsdatum fällig wird. Von der Deutschen Bank über Santander, Credit Agricole und Goldman Sachs sind aber auch jede Menge anderer bedeutender Emittenten dabei.

Ein aktueller Kurzreport identifiziert insgesamt 34 Bankanleihen, die aufgrund ihrer Fälligkeit nicht mehr von dem neuen Risikogewicht von 150% betroffen wären, wenn es zu einer Verschiebung um sechs Monate kommt. Das Kalkül: Da der Markt das höhere Risikogewicht eingepreist hat, könnten Marktteilnehmer, die sich vor der Entscheidung für eine Verschiebung mit den Papieren eindecken, von der zu erwartenden Neubewertung profitieren.

Langwieriger Gesetzgebungsprozess

Das Bankenpaket war 2010 von der Gruppe der 20 führenden Industrie- und Schwellenländer (G20) in Auftrag gegeben worden und ist teilweise schon umgesetzt. Über die höheren Kapitalvorgaben war jedoch erst Ende 2017 eine Einigung erzielt worden. Das Gesetzgebungsverfahren habe sich immer weiter verzögert, merkt Daniel Quinten an, Vorstandsmitglied des Bundesverbands der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR), bei dem gegenwärtig die Federführung des säulenübergreifenden Interessensverbands liegt. Die Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA) müsse zudem mehr als 100 Mandate abarbeiten, die ihr durch das Bankenpaket erteilt würden. Die DK rechnet deshalb damit, dass die für das Reporting nach den neuen Regeln erforderlichen Meldebögen erst sehr spät vorliegen werden.

Übergangsfrist erbeten

Bereits im Frühjahr hat sich die DK dafür ausgesprochen, den Instituten eine Umsetzungsfrist von 18 Monaten nach der Veröffentlichung des Gesetzestexts im EU-Amtsblatt einzuräumen. Mit der Veröffentlichung ist nach Einschätzung des Verbands aber frühestens ins sechs Monaten zu rechnen. Implizit fordert der Interessenverband also, dass der Umsetzungstermin mindestens bis November 2025 verschoben wird.

Die Berenberg-Analysten verhehlen aber nicht, dass die Spekulation auf den Entfall des derzeit eingepreisten Risikogewichts durchaus riskant ist. Nicht zuletzt wegen der im kommenden Jahr anstehenden Wahlen für ein neues EU-Parlament sei es keineswegs ausgemacht, dass die Brüsseler Entscheidungsträger mitspielen und die Forderung der Lobbyverbände tatsächlich umsetzen.

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