Berlin will Emissionen via Blockchain erlauben

Bundesregierung dauert Warten auf EU zu lang

Berlin will Emissionen via Blockchain erlauben

fed/wf Frankfurt/Berlin – Rascher als von vielen Experten erwartet hat die Bundesregierung angekündigt, das deutsche Recht für elektronische Wertpapiere öffnen zu wollen. In einem Eckpunkte-Papier kündigen die Bundesministerien für Justiz und für Finanzen an, das Zivil- und das Aufsichtsrecht so anzupassen, dass die Emission von Wertpapieren über die Blockchain möglich wird. So soll die gegenwärtig obligatorische “urkundliche Verkörperung von Wertpapieren nicht mehr uneingeschränkt gelten”.Bis auf Weiteres soll sich die Öffnung auf elektronische Schuldverschreibungen beschränken, Aktien wären somit noch davon ausgenommen. Da sich die technischen Standards und Anforderungen am Markt sehr zügig ändern können, will die Bundesregierung über die generellen zivil- und aufsichtsrechtlichen Gesetzesanpassungen hinaus die Ermächtigung beschließen, dass konkrete technische Einzelheiten per Rechtsverordnung vorgegeben werden können. In anderen Worten: Um flexibel reagieren zu können, soll für Anpassungen regulatorischer Details nicht jedes Mal eine aufwendige Gesetzesänderung nötig werden.Nach dem Vorbild des Bundesschuldenwesengesetzes sollen “elektronische Wertpapiere durch Eintragung in ein Register entstehen”, heißt es im Eckpunkte-Papier – wobei an die Verlässlichkeit der Registerführung hohe Anforderungen gestellt werden müssten. Wie diese Anforderungen aussehen, um unter anderem einen angemessenen Anlegerschutz zu sichern, ist noch unklar. Denkbar wäre, dass Blockchain-Schuldverschreibungen nur von Institutionellen erworben werden dürfen oder dass der das Register führende Emittent staatlicher Aufsicht unterliegt.Es könnte sich anbieten, argumentieren die Ministerien, “elektronische Wertpapiere kraft gesetzlicher Fiktion zur Sache zu erklären”. Denn auf diese Weise würden unmittelbar alle Vorschriften zum Schutz des Eigentums an Sachen gelten. Allerdings sei auch vorstellbar, nach schweizerischem Vorbild elektronische Wertpapiere zu einem neuen Recht sui generis zu machen, was aber rechtslogisch in Sachen Eigentumsschutz zusätzliche Regelungen erforderlich machen würde.Die Bundesregierung unterstreicht im Eckpunkte-Papier ausdrücklich, dass sie nur eine Option zur elektronischen Emission einführen will, ganz sicher aber keine Pflicht. Vielmehr soll die Begebung von Wertpapieren “technologieneutral” geregelt werden. Gerade angesichts des riesigen Energieverbrauchs öffentlicher Blockchain-Technologien will die Regierung deren Nutzung nicht regulatorisch privilegieren. Auf eine europäische Regelung will die Bundesregierung nicht warten. Die Harmonisierung werde absehbar zu lange dauern, heißt es. Allerdings verspricht Berlin, die aktuellen politischen Debatten auf EU-Ebene über Initial Coin Offerings (ICO) zu berücksichtigen, um nicht in ein paar Jahren deutsche Regeln an europäische Vorgaben anpassen zu müssen. Stärkung des FinanzplatzesHintergrund des Eckpunkte-Papiers ist die Ankündigung der Bundesregierung im Koalitionsvertrag, die “Rolle der Bundesrepublik als einen der führenden Digitalisierungs- und Fintech-Standorte zu stärken” und eine Blockchain-Strategie zu entwickeln. Die Ankündigung der Zulassung elektronischer Wertpapiere ist nun die erste Konkretisierung dieses Ziels. Langfristig ist damit die Hoffnung verbunden, die Attraktivität des Finanzplatzes zu sichern – zumal andere Staaten längst die Nutzung von Blockchain-Technologien umfassend erlauben.