Bethmann attestiert sich kritische Größe
Nach Übernahme der deutschen Aktivitäten der LGT Bank attestiert sich die Bethmann Bank eine kritische Größe und widmet sich der Verfeinerung operativer Abläufe. Die Nettomarge soll 2013 leicht zulegen.Von Bernd Neubacher, FrankfurtNach der Verdoppelung des verwalteten Vermögens in vier Jahren attestiert sich die Bethmann Bank die Statur, um als Privatbank auch schwache Marktphasen zu meistern. Dank Eingliederung der deutschen Aktivitäten der liechtensteinischen LGT verfüge Bethmann nun über die kritische Größe, welche sie ab einem Volumen von 20 Mrd. Euro verwalteten Mitteln definiere, erklärt Horst Schmidt, der Vorstandsvorsitzende der Privatbank, im Gespräch der Börsen-Zeitung. Dies heiße nicht, dass Bethmann nicht mehr wachsen wolle, bedeute aber, dass die Bank nun auch in einem schwierigen Umfeld effizient arbeiten könne. Im Zuge der Finanzkrise sind die Nettomargen im Private Banking unter Druck geraten. Damit hat sich das Volumen der Assets under Management, die eine Privatbank mitbringen muss, um rentabel zu arbeiten, erhöht.Im vergangenen Jahr hat das zu ABN Amro gehörende Haus, das im vergangenen Jahr 300. Geburtstag feierte, seine verwalteten Assets durch Eingliederung der deutschen Aktivitäten der liechtensteinischen LGT nochmals deutlich ausgeweitet. Hatte die Privatbank Ende 2011 rund 19 Mrd. Euro Assets auf sich vereinigt, so waren es Ende 2012 gut 22 Mrd. Euro, wie Schmidt berichtet – 2008 hatte die Bank noch 11 Mrd. Euro verwaltet. Rund 3 Mrd. Euro entfallen dabei auf die reine Vermögensverwaltung. Ende Dezember 2012 summierte sich die Bilanzsumme der Bethmann Bank auf 8,5 Mrd. Euro, das haftende Eigenkapital betrug knapp 250 Mill. Euro.Kunden und Berater der LGT in Deutschland haben Schmidt zufolge Bethmann die Stange gehalten und 2012 ungeachtet des Eigentümerwechsels für einen Nettomittelzufluss von rund 250 Mill. Euro auf 2,25 Mrd. Euro gesorgt. Insgesamt flossen Bethmann 2012 netto 1,8 Mrd. Euro zu. Die Integration der LGT-Aktivitäten hatte Bethmann nach vier Monaten abgeschlossen, zwei Monate früher als geplant, wie Schmidt berichtet. Die deutsche LGT, die demnach vor der Übernahme operativ 25 Mill. Euro verloren hatte, schreibt seit Oktober schwarze Zahlen, auch wenn damit im Gesamtjahr noch ein Verlust auflief.Infolge der Eingliederung der LGT ist auch Bethmann 2012 in die roten Zahlen gerutscht, so Schmidt. Ohne Sonderposten und LGT hätte das operative Ergebnis von Bethmann 2012 auf dem Niveau des Vorjahres gelegen. 2013 werde der Konzern indes besser abschneiden als 2011. Das Haus beschäftigt 450 Mitarbeiter, 50 weniger als 2011. Auch wenn Bethmann eine kritische Größe als erreicht ansieht – Kaufgelegenheiten will sich Schmidt auch künftig anschauen. Vorstellen könne er sich auch eine Zusammenarbeit mit anderen Privatbanken in der Wertpapier- oder in der EDV-Abwicklung, sagt er.Strategisch aber soll die Bank Kurs halten und Risiken vermeiden: “Um zu den Gewinnern einer Krise zu gehören, muss man die Krise erst einmal überleben.” Was organisches Wachstum angeht, so hat Schmidt in Köln, wo die Deutsche Bank 2010 die Privatbank Sal. Oppenheim übernahm, “viele Möglichkeiten” ausgemacht. Im laufenden Jahr soll Schmidt zufolge die Verfeinerung und Vereinfachung operativer Abläufe im Fokus stehen, etwa vor dem Hintergrund der Frage, wie das Beratungsgespräch der Zukunft aussieht. Seiner Beobachtung nach legen Kunden ihre Zurückhaltung Aktienanlagen gegenüber allmählich ab. Wegen einer erhöhten Zahl von Transaktionen dürfte demnach die Nettomarge auf das verwaltete Vermögen, die um 20 Basispunkte pendelt, 2013 geringfügig zulegen.Bethmann setzt auf Einmalprovisionen und erwartet generell einen Trend zu beratungsbezogenen anstelle von transaktionsbezogenen Vergütungen. Vor dem Hintergrund der Verpflichtung zu Beratungsprotokollen und anderer Neuregelungen wirft Schmidt zwei alternative Optionen in die Diskussion. So wäre ein obligatorisches Beratungsgespräch zur Gesamtvermögensstrategie einmal pro Jahr “eine sehr vernünftige Idee”, wie er sagt. Auch sollten Beratungsgespräche seiner Meinung nach aufgezeichnet werden, um bei Bedarf Klarheit über ihren Inhalt schaffen zu können.Auch Bethmann hat im Zuge der Krise mit Vorwürfen wegen Pflichtverletzung in der Anlageberatung Erfahrungen gesammelt. Im August vergangenen Jahres verurteilte das Hamburger Oberlandesgericht das Haus in zweiter Instanz zu 7,4 Mill. Euro. Im April 2008 hatte die Bank einem Ehepaar vorgeschlagen, Zertifikate der Commerzbank in Lehman-Zertifikate zu tauschen (vgl. BZ vom 23.8.2012).Schmidt spricht von “teils bankenfeindlicher Rechtsprechung”. Die Pflicht eines Beraters etwa, über negative Presse in Bezug auf einen Emittenten aufzuklären, sei in dieser Ausprägung erst nachträglich durch ein BGH-Urteil festgestellt worden und habe die bis dahin marktüblichen Standards deutlich verändert und erweitert. In einem solchen Umfeld sei es für Banken schwierig zu operieren, sagt Schmidt: “Aber die Branche muss sich dieser Realität stellen.”