Cum-ex-Prozess

Verteidigung fordert Bewährung für Johannemann

Im Cum-ex-Prozess vor dem Landgericht Frankfurt fordern die Verteidiger von Ex-Steueranwalt Ulf Johannemann und Maple-Banker W. Bewährungsstrafen für ihre Mandanten. Das Urteil soll am 30. Januar verkündet werden.

Verteidigung fordert Bewährung für Johannemann

Verteidigung fordert Bewährung für Johannemann

Ex-Steueranwalt soll Geldauflage zahlen – Anwalt Leitner: Er ist kein Mittäter – Maple-Banker W. soll ebenfalls von Haft verschont bleiben

tl Frankfurt

In seinem halbstündigen Plädoyer wehrte sich Verteidiger Werner Leitner dagegen, Ulf Johannemann zum Haupttäter bei den inkriminierten Cum-ex-Geschäften der Maple Bank in den Jahren 2006 bis 2009 zu machen. Dabei ging es um den Vorwurf der Staatsanwaltschaft, ohne seine Beratung hätte es diese Geschäfte bei der Bank nicht gegeben. Das sei "zu plakativ", so Leitner. Die Beweisaufnahme spreche gegen eine Mittäterschaft, resümierte der Verteidiger.

"Schonungsloses" Geständnis

Das Geständnis Johannemanns vom 18. Dezember sei von Schonungslosigkeit und Einsicht getragen, zeuge von Reue. Leitner ging es in der ausführlichen Darstellung des Inhalts darum, dessen "Abwertung" als rein taktisch und strategisch zu entkräften. Die Problematik des Maple-Mandats in seiner gesamten Tragweite habe er "viel zu spät" erkannt. "Ich wollte es nicht wissen", so Johannemann Mitte Dezember vor Gericht. Er habe sich immer mehr verstrickt in die "mathematische Anwendung des Rechts" und dabei den Blick auf die Lebenswirklichkeit verloren. "Ich habe als Berater im Maple-Bank-Mandat versagt." Er habe den gesunden Menschenverstand an entscheidenden Stellen ausgeblendet, referiert Leitner Johannemann weiter.

Der Zeitpunkt eines Geständnisses dürfe keine Rolle spielen, betonte der Verteidiger mit Verweis auf den Bundesgerichtshof. Gegen die behauptete Mittäterschaft spreche, dass die Idee für die Cum-ex-Geschäfte aus der Bank selbst gekommen sei, wie Mails und Aussagen vor Gericht gezeigt hätten. Johannemann selbst sei operativ mit den Handelsstrategien nicht befasst gewesen und habe von ihnen auch nicht finanziell profitiert.

Johannemanns Cum-ex-Gutachten, von der Staatsanwaltschaft als Gefälligkeitsgutachten bezeichnet, wertet Leitner hingegen als "rechtlich nicht falsch". Sie enthielten keine pauschale Absegnung sämtlicher Cum-ex-Strategien, referierte Leitner Ausführungen des Gerichts vom Dezember. Es handelte sich um eine "streitige Rechtsfrage". Ein Umdenken habe erst mit Veröffentlichung eines Artikels im "Spiegel" am 11. Juli 2009 eingesetzt.

Johannemann sei zu Beginn seiner Beratungstätigkeit für die Maple Bank erst 35 Jahre alt und "ein aufstrebender Geselle" gewesen. Der Servicegedanke habe im Vordergrund gestanden. Die Rechtslage sei "nicht so klar wie heute" gewesen. "Mehr Führung und Anleitung der jungen Anwälte hätte der Sachlage vielleicht gut getan", nahm Leitner Johannemann in Schutz.

Bei der Strafzumessung warb Leitner dafür, Johannemanns Geständnis "ohne Wenn und Aber" zu werten. Sein Mandant sei nicht vorbestraft und habe 2019 seine berufliche Existenz verloren. Von seiner Reputation – gerade für einen Anwalt besonders wichtig – sei durch die Berichterstattung "nicht viel übrig geblieben". Nach Hinweisen auf die knapp einmonatige Untersuchungshaft, die Fußfesseln und die überlange Verfahrensdauer fragte der Verteidiger: "Was kann eine Strafe 18 Jahre nach der ersten Tat noch bewirken?". Leitner beantragte für Johannemann eine Gesamtstrafe von weniger als zwei Jahren, die gegen eine Geldauflage zur Bewährung ausgesetzt werden soll. Die Staatsanwaltschaft hatte vor einer Woche in ihrem Plädoyer fünf Jahre und sechs Monate Haft gefordert.

Für den Maple-Banker W. wies seine Verteidigerin Astrid Lilie darauf hin, dass dieser von Anfang an geständig gewesen sei und stets Aufklärungshilfe gleistet habe. Außerdem habe er bereits 10,2 Mill. Euro an den Insolvenzverwalter der Maple Bank überwiesen. Jetzt seien noch 1,9 Mill. Euro dazugekommen. Weitere Zahlungen hätten aber die sofortige Insolvenz ihres Mandanten zur Folge. Eine Geldstrafe stellte sie ins Ermessen des Gerichts. Die Staatsanwaltschaft hatte vor einer Woche 63.000 Euro und zwei Jahre auf Bewährung gefordert. Auch Lilie sprach sich für eine zur Bewährung ausgesetzte Strafe aus, ohne diese allerdings zu beziffern. Die Urteile sollen am 30. Januar verkündet werden.

Hoher Steuerschaden

Die Staatsanwaltschaft hatte in ihrer Klageschrift von der Maple Bank verursachte Steuerschäden von insgesamt 389 Mill. Euro geltend gemacht. Die Bank war 2016 wegen drohender Überschuldung durch Steuerrückforderungen von der BaFin geschlossen worden. Ende 2022 waren bereits vier frühere Maple-Führungskräfte zu teils mehrjährigen Haftstrafen verurteilt worden.

Der Steueranwalt Hanno Berger, der als einer der Initiatoren von Cum-ex-Geschäften gilt, war im Dezember 2022 vom Landgericht Bonn wegen schwerer Steuerhinterziehung zu acht Jahren verurteilt worden. Im Mai 2023 kamen acht Jahre und drei Monate vom Landgericht Wiesbaden dazu. Das erste Urteil ist rechtskräftig, das zweite liegt in Revision beim Bundesgerichtshof.  

Ulf Johannemann, Ex-Steuerchef von Freshfields Bruckhaus Deringer, soll eine zweijährige Bewährungsstrafe erhalten, forderte die Verteidigung im Cum-ex-Prozess vor dem Landgericht Frankfurt (5/24 KLs-7480Js 208433/21). Auch der mitangeklagte Maple-Bank-Manager soll sich in Freiheit bewähren können.

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