Bewertung und Risikomodellierung für Kreditfonds

Wirtschaft sucht wegen des Investitionsstaus verstärkt nach alternativen Finanzierungsformen

Bewertung und Risikomodellierung für Kreditfonds

Dr. Christoph KäbeRisikomanager bei IPConcept (Luxembourg) S.A.Lukas EwaldRisikomanager bei IPConcept (Luxembourg) S.A.Ausgelöst durch die Finanzmarktkrise und die darauffolgende weitere Verschärfung der Eigenkapitalregeln im Zuge von Basel III ist die Kreditvergabe an die Wirtschaft durch Banken ins Stocken geraten. In diesem Zusammenhang erfreuen sich Kreditfonds einer wachsenden Nachfrage. Einerseits suchen Banken wegen der immer weiter gestiegenen Eigenkapitalanforderungen vermehrt nach Möglichkeiten, ihre Bilanzen zu entlasten. Andererseits wird wegen des Investitionsstaus verstärkt nach alternativen Finanzierungsmöglichkeiten gesucht. Der Kreditfonds ist hierbei eine ideale Struktur, diese Interessen zu bündeln.Gemäß Vorgaben der Alternative Investment Fund Managers Directive (AIFMD) ist der AIFM eines solchen Kreditfonds dazu verpflichtet, die inhärenten Risiken angemessen zu quantifizieren und zu schätzen. Die wesentliche Risikoart stellt zweifelsohne das Kreditausfallrisiko dar. Naturgemäß setzt eine zielführende Quantifizierung dieses Risikos eine Einschätzung der Ausfallwahrscheinlichkeit des Kreditnehmers voraus. Damit einher geht die Bestimmung eines Ratings. Hierfür gibt es im Grunde zwei Lösungsansätze. Zum einen können externe Ratingagenturen mit der regelmäßigen Erstellung eines Ratings beauftragt bzw. eine Anbindung an ein Poolverfahren eines externen Anbieters geschaffen werden. Die zweite Möglichkeit besteht in der Entwicklung eines eigenen Ratingmodells. Je nach Größe und Ausgestaltung des Kreditfonds kann die Beauftragung externer Dienstleister jedoch sehr schnell sehr kostenintensiv werden. Auch darf sich der AIFM gemäß der EU-Ratingverordnung selbst bei Vorliegen eines externen Ratings nicht ausschließlich darauf stützen. Bei einem internen Modell muss sich der AIFM sowohl in der Entwicklungsphase als auch in der späteren laufenden Betriebsphase intensiv mit den Kreditnehmern und den für das Segment wesentlichen Risikotreibern auseinandersetzen. Dadurch erfüllt er nicht nur die EU-Ratingverordnung. Er baut überdies Expertenwissen auf. Dieses Expertenwissen kommt ihm in der Folge an verschiedenen Stellen zugute.Zunächst kann ein auf einer Ausfallwahrscheinlichkeit basierendes Rating nach Umwandlung in einen Kreditrisikoaufschlag (Credit Spread) für eine eigene Bewertung des Kredites herangezogen werden. Bonitätsbedingte Änderungen oder Sprünge in der Bewertung können so adäquat validiert werden, da bei Anwendung eines internen Ratingmodells das dafür benötigte Hintergrundwissen vorhanden ist. Zudem kann die Wahrscheinlichkeit des Eintretens zukünftiger Leistungsstörungen des Kreditnehmers in der Bewertung berücksichtigt werden. Die Bewertung wird so deutlich individueller, marktnäher und kontinuierlicher gestaltet, als dies beim häufig verwendeten At-Cost-Ansatz der Fall ist. Im Falle von sich verschlechternden Bonitätsdaten steigt die Ausfallwahrscheinlichkeit, die darauf basierende Bewertung fällt, während die Bewertung im At-Cost-Ansatz sehr häufig konstant bleibt. Letztere gibt also keine Hinweise auf eine Verschlechterung der Bonität, während dies bei der Bewertung basierend auf der Ausfallwahrscheinlichkeit deutlich zu erkennen ist.Die Ermittlung einer individuellen Ausfallwahrscheinlichkeit dient aber auch der Quantifizierung des für den Fonds wesentlichen Ausfallrisikos. Da sich über Verfahren wie den Credit Value at Risk (CVaR) die Einzelkreditrisiken auch auf Ebene des Fonds aggregieren lassen, ist somit auch die Implementierung eines Verfahrens zur Früherkennung von Risiken für das gesamte Portfolio möglich. Nach den Anfang 2017 erschienenen und in Deutschland gültigen Mindestanforderungen an das Risikomanagement von Kapitalverwaltungsgesellschaften (KAMaRisk) ist dies gefordert. Die Mindestanforderungen an das Risikomanagement von Kredit- und Finanzdienstleistungsinstituten (MaRisk) fordern Elemente wie die regelmäßige Überprüfung der Angemessenheit von Methoden und Modellen oder je nach Ausgestaltung die Überwachung der ausgelagerten Dienstleistungen und somit auch eine Modelldurchschau. Diese Anforderungen sind insbesondere wegen der zu Beginn angesprochenen Nachfrage nach Kreditfonds auf Seiten der Banken relevant und können so erfüllt werden. Zusätzlich ist man in der Lage, Investoren wie beispielsweise Versicherern und Banken eine detaillierte und qualifizierte Bonitäts- sowie Risikoeinschätzung des Investments zu liefern. Ein Mehr an Transparenz im Sinne einer verbesserten Bewertung sowie Risikoschätzung ist zwingend immer auch im Interesse der Anleger, institutioneller wie privater Anleger.Eine besondere und mittlerweile überaus beliebte Variante der Kreditfonds sind beispielsweise die Mikrofinanzfonds. Mikrofinanzfonds stellen durch ihre Kreditvergabe eine wichtige Refinanzierungsquelle für Mikrofinanzinstitute (MFIs) dar, die wiederum mit Hilfe des zur Verfügung gestellten Kapitals Mikrokredite in Schwellen- und Entwicklungsländer vergeben. Mikrofinanzfonds stellen einen wichtigen Baustein in der Entwicklungshilfe dar. Hilfe zur Selbsthilfe und Nachhaltigkeit sind Basisbausteine der genossenschaftlichen Gene. Für die DZ Privatbank und ihre Tochter IPConcept hat das Thema Mikrofinanzfonds deshalb hohen Stellenwert. Alle verwalteten Fonds tragen das LuxFLAG Microfinance Label.Kreditfonds zeichnen sich nicht gerade durch eine besonders gute Verfügbarkeit von Bonitätsdaten aus. Besonders problematisch ist die Datenlage für Mikrofinanzkredite. Aus diesem Grund, aber insbesondere wegen der oben genannten Vorteile eines internen Ratingmodells hat IPConcept in Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer-Institut für Techno- und Wirtschaftsmathematik ITWM in Kaiserslautern ein eigenes, internes Ratingmodell entwickelt und vollzieht hierfür anhand der verwalteten Mikrofinanzfonds aktuell den Lackmustest. Zu Beginn des Rating- und Bewertungsverfahrens steht die Datenerhebung. Hierbei wird für jedes MFI eine Vielzahl von Informationen wie zum Beispiel Bilanzgrößen oder Angaben zur Portfolioqualität gesammelt, qualitätsgesichert und in Kennzahlen aufbereitet. Mittels statistischer Analysen und Einfluss von Expertenwissen werden anschließend diejenigen Kennzahlen ausgewählt, die unter Berücksichtigung historischer Ausfallinformationen die höchste Prognosegüte für einen Ausfall aufweisen. Das so gewählte statistische Modell wird verwendet, um auf regelmäßiger Basis die Ausfallwahrscheinlichkeit sowie das unmittelbar daraus ableitbare Rating eines MFI zu bestimmen. Eine grundlegende Voraussetzung und zweifelsohne auch die größte Herausforderung hierbei ist das Vorliegen einer Ausfallhistorie, was den AIFM oftmals vor Schwierigkeiten stellt.Im Vergleich zu den USA ist der Kreditfonds in Europa noch eine vergleichsweise junge Anlageform. In den letzten Jahren ist jedoch auch hier ein starkes Wachstum zu verzeichnen. Es ist zudem von einer weiter steigenden Nachfrage auszugehen. Während in Bezug auf eine Konkretisierung der Anforderungen an das Risikomanagement von Kreditfonds in Deutschland durch die KAMaRisk bereits erste Schritte unternommen wurden, lässt die gültige Regulatorik am Finanzstandort Luxemburg im Vergleich dazu noch mehr Freiräume. Aufgrund der wachsenden Nachfrage und der damit verbundenen Diskussion um eine angemessene Regulatorik auf europäischer Ebene ist auch hier mit wachsenden Anforderungen an den AIFM für ein angemessenes Risikomanagement und Bewertung zu rechnen. Und genau darauf sollte ein AIFM vorbereitet sein.