SERIE: BANKING IN DER NISCHE (2)

Bildung als Assetklasse

Deutsche Bildung AG erwirtschaftet mit Studienfonds für Anleger 3 bis 5 Prozent

Bildung als Assetklasse

Der Studienfinanzierung hat sich die Deutsche Bildung AG angenommen. Mit ihren Studienfonds erwirtschaftet die Gesellschaft für ihre Investoren 3 bis 5 %. Mit gewinnmaximierenden Eigenkapitalgebern wollen die Frankfurter jedoch nichts zu tun haben, von Anbietern in den USA grenzen sie sich ab.Von Bernd Neubacher, FrankfurtDie klassischen Pfeiler des Kreditgeschäfts einer Bank bestehen aus Unternehmens-, Immobilien- und Konsumdarlehen. Die Finanzierung von Bildung ist, im Gegensatz etwa zu den Vereinigten Staaten, kein Thema. Das hat seinen Grund. Schließlich liegt der Bildungspolitik in Deutschland das als Menschenrecht verankerte Leitbild eines freien Zugangs zu Bildung zugrunde, das sich hierzulande auch auf die Hochschulbildung erstreckt. Im Ausland gilt dies zu Recht als sozialpolitische Errungenschaft ersten Ranges einer Informations- und Wissensgesellschaft. Braucht es da private Ausbildungsfinanzierer? In den USA hat der Boom der dortigen Student Loans vor allem dafür gesorgt, dass viele Berufsanfänger ihre Laufbahn hoch verschuldet starten. Andererseits erhalten in Deutschland gerade einmal 18 % aller berechtigten Studierenden tatsächlich Bafög, wie es bei der Deutschen Bildung AG unter Verweis aufs Statistische Bundesamt heißt. Und mit im Durchschnitt 499 Euro monatlich werden angehende Akademiker gerade in Universitätsstädten mit teuren Mietmärkten kaum ihren Lebensunterhalt bestreiten können.Anja Hofmann, Mitglied im Vorstand der Deutschen Bildung AG, legt Wert darauf, die Frankfurter Gesellschaft von Anbietern in den USA abzugrenzen, und argumentiert nicht zuletzt volkswirtschaftlich: “Die Gesellschaft hat nichts davon, wenn solche Hochschulabsolventen keine Häuser kaufen, nicht konsumieren können und noch bei ihren Eltern wohnen müssen, solange sie ihre Schulden abbezahlen, wie es Folgen der Student-Loan-Krise in den USA sind”, erklärt sie. Hofmann nennt einige Rahmendaten, die das, wodurch sich die Deutsche Bildung AG von kurzfristig orientierten Finanzierern unterscheiden dürfte, verdeutlichen: So nimmt Deutsche Bildung von ihren Gläubigern keine festen Monatsraten, sondern Zahlungen, die vorab in Prozent des künftigen monatlichen Einkommens festgelegt werden. Je nach Laufzeit einer Finanzierung bewegen sie sich in einer Spanne zwischen 3 % und 10 %.Der absolute Betrag ist allerdings begrenzt für den Fall, dass ein Berufsanfänger einen Traumstart erwischt. Ein Viertel der Finanzierten wird damit regelmäßig gedeckelt, wie Hofmann erläutert. Wer andererseits nach dem Einstieg in den Beruf 1 500 Euro oder weniger im Monat verdient, dem stundet Deutsche Bildung die Rückzahlung. Ebenso verschiebt sich deren Start, ohne dass sich das Nominal der Forderung erhöht, wenn ein Absolvent oder eine Absolventin etwa einem Bachelor-Studiengang einen Master-Abschluss hinzufügen will oder wenn eine Ausbildung die ursprüngliche Lebensplanung durchkreuzt.Neu einführen will Deutsche Bildung, die in ihren Präsentationen auf die 17 nachhaltigen Entwicklungsziele der UN verweist, bald zudem ein Renditelimit; was darüber hinausgeht, soll den Finanzierten zufließen oder einem anderen guten Zweck. “Das haben wir neuen Eigenkapitalgebern gegenüber auch deutlich gemacht”, erklärt Senior-Berater Michael Zink, ein gelernter Sparkassenkaufmann, der vor seinem Wechsel zu Deutsche Bildung über 27 Jahre im Wertpapierhandel bei J.P. Morgan und Goldman Sachs gearbeitet hatte: “Wir lehnen gewinnmaximierende Eigenkapitalgeber ab.” Auch einer breiteren Öffentlichkeit bekannte Investoren habe man aus diesem Grund bereits abgelehnt.Die Pointe: Obwohl die Gesellschaft ihren Deutsche Bildung Studienfonds, was das Renditestreben angeht, eher mit angezogener Handbremse steuert, rentieren Anlagen in die Gesellschaft je nach Art der Beteiligung mit 3 % bis 5 %. Für Eigenkapitalgeber der Kommanditgesellschaft liegt die Zielrendite gemessen am Gesamtkapital bei 4 % bis 5 %, die an mehreren deutschen Börsen notierten Inhaberschuldverschreibungen haben Kupons von 4 % bzw. 5 %. Demnächst soll sich die Rendite des Deutschen Bildung Studienfonds II erhöhen: Die eigenen Angaben zufolge konservativ agierende Gesellschaft, die den Net Asset Value des Sondervermögens bislang anhand eines Abwicklungsszenarios berechnet, wird diesen Ansatz auf ein Fortführungsszenario umstellen. Derzeit steht der 2012 bei 100 % gestartete Fonds, in welchem der Vorgänger Deutsche Bildung Studienfonds I aufging, bei 124 %. Insgesamt sind 47 Mill. Euro eingezahlt, von welchen 30 Mill. auf drei ausstehende, an mehreren deutschen Börsen gehandelte Anleihen entfallen.Von Renditen wie einst von Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann propagiert ist dies zwar weit entfernt. Allerdings dürften diese auch nachhaltiger sein. Nicht zuletzt: Deutsche Bildung fährt damit eine ähnlich hohe Rendite ein, wie sich die Commerzbank nach ihrer jüngsten Neuausrichtung mit mindestens 4 % für das Jahr 2023 auf die Fahnen geschrieben hat. Finanzierungsrunde steht anIm neuen Jahr will die Gesellschaft ihre Finanzierungsbasis verbreitern und nach drei Emissionen von Fremdkapital wieder frisches Eigenkapital aufnehmen. Erste Vorgespräche mit Vermögensverwaltern, die mit Stiftungen in Kontakt stehen, hätten bereits stattgefunden, erzählt Zink. Ebenso sei auch die Emission eines Schuldscheins möglich. 5 Mill. bis 7 Mill. Euro sollen es sein. In jedem Fall will Zink vermeiden, dass er einen hohen Betrag hereinholt, der nicht bald investiert werden kann, dann auf der Bilanz liegt und negative Zinsen kostet. Auch wenn die Rendite nicht in den Himmel wächst, kann dies für Investoren eine Überlegung wert sein: Die Arbeitslosigkeit von Akademikern ist relativ unkorreliert mit anderen Faktoren, wie Hofmann argumentiert. Zudem seien Investments inflationsgeschützt, da die Rendite ans künftige Einkommen von Nachwuchsakademikern gebunden sei, deren Entlohnung abhängig von der Teuerung steigt.Ihre Investorenbasis will Deutsche Bildung dabei weiter ausweiten. Zählten zu den Investoren bislang vor allem Stiftungen und Bistümer, so entfielen bei der jüngsten, via Equinet emittierten Anleihe bereits 40 % des gezeichneten Materials auf Privatanleger. Für Deutsche Bildung sei es ein Anspruch, die Assetklasse Bildung bekannter zu machen, sagt Hofmann. Die Ausfallquote der Forderungen liegt laut Deutsche Bildung unter 1 %. Das Auswahlverfahren sei darauf ausgelegt, dass die Rückzahlungswahrscheinlichkeit extrem hoch sei, sagt Zink. Hellhörig werde man daher bei Interessenten, die sich schon relativ hoch verschuldet hätten und sich nun, ausgestattet mit Handyvertrag und Konsumkrediten, um eine weitere Finanzierung bemühten. Zink: “Wir wollen nicht der siebte oder achte Gläubiger in der Liste sein.”Teil der Rückzahlungskalkulation sei zudem ein die Finanzierung begleitendes, breit aufgestelltes Trainingsprogramm zur Verbesserung der beruflichen Chancen. Hofmann verweist auf zahlreiche entsprechende Fortbildungsveranstaltungen. Ihre Argumentation: Alle Beteiligten wollten den Erfolg des Schuldners: Der Debitor selbst, die Deutsche Bildung, und ebenso die Investoren, die in ihren Fonds investieren.Seit 2007, als die GmbH & Co KG mit einem Eigenkapital im niedrigen einstelligen Millionenbereich gegründet wurde, ist die Gesellschaft mit Sitz in Frankfurt aktiv. Eigenkapitalgeber waren Unternehmerfamilien, allesamt aus dem Umfeld von HQ Trust. Derzeit beschäftigt Deutsche Bildung 30 Leute, die sich auf 20 Vollzeitstellen verteilen. Da die Gesellschaft keinen Kredit im klassischen Sinn ausreicht, benötigt sie auch keine Vollbanklizenz, wie Zink erklärt. Deutsche Bildung wird von der BaFin vielmehr als Alternative Investment Fund beaufsichtigt.4 400 Leute zahlen momentan Schulden an Deutsche Bildung zurück. Betriebswirtin Hofmann, die nach einer Karriere im Personalwesen und Marketing zu den Gründungsmitgliedern der Deutschen Bildung zählte, äußert den Wunsch, dass die Gesellschaft eines Tages vollkommen unabhängig von Fremdfinanzierung agieren kann, weil allein die Rückzahlungen ehemaliger Schuldner die Mittel für neue Darlehen einbringen. Sie spricht von einem umgekehrten Generationenvertrag.Noch ist es aber nicht so weit. 2019 hat Deutsche Bildung rund 40 Mill. Euro an Finanzierungen ausgezahlt, etwa die Hälfte floss derweil zurück (siehe Grafik). Hofmann: “Sehr viele Rückzahler sagen: Ich weiß, ich zahle viel zurück, wenn es gut für mich läuft, aber es kommt dem Nächsten zugute.” Zuletzt erschienen: Rein in die Nische (7. Januar)