FINANZEN UND TECHNIK - GASTBEITRAG

Biometrie: Ich bezahle mit mir selbst

Börsen-Zeitung, 31.8.2013 Heute kann ein Kunde bereits auf vielfältige Bezahlverfahren zurückgreifen: Kredit-, Geld- oder Debitkarte, Lastschrift, Überweisung, per Nachnahme, Online-Payment, mit dem Handy usw. Im Laden/an der Kasse und zwischen...

Biometrie: Ich bezahle mit mir selbst

Heute kann ein Kunde bereits auf vielfältige Bezahlverfahren zurückgreifen: Kredit-, Geld- oder Debitkarte, Lastschrift, Überweisung, per Nachnahme, Online-Payment, mit dem Handy usw. Im Laden/an der Kasse und zwischen Personen dominiert aber dennoch sehr deutlich eine einzige Bezahlform: das Bargeld. 60 % aller Retail-Payment-Transaktionen werden mit Cash abgewickelt – in Europa und in Deutschland. Klumpen aus MetallDabei ist Bargeld geradezu “mittelalterlich”: Wir schieben Klumpen aus Metall und bedruckte Papiere hin und her. Das ist nicht nur ineffizient, sondern auch höchst unhygienisch. Bargeld bildet überdies eine Basis für Korruption, Steuerhinterziehung und viele weitere kriminelle Aktivitäten. Als Konsumenten finden wir Bargeld jedoch sehr bequem, wir sind daran gewöhnt, man hat das Gefühl der Kontrolle über seine Ausgaben – daher wird man Bargeld nur reduzieren können, wenn man eine Alternative anbietet, die ähnlich bequem, schnell und sicher ist. Ideal hierfür ist Biometrie. Per Finger, Auge oder StimmeDas heißt zum Beispiel: Ich lege an der Kasse nur meinen Finger auf einen Sensor und habe damit bezahlt. Oder beim Autokauf wird meine Iris gescannt, um den Kauf zu bestätigen. Oder das Handy erkennt meine Stimme und verifiziert somit, dass die telefonische Bestellung autorisiert ist (das heißt wirklich von mir). Es gibt vielfältige weitere biometrische Verfahren – keines ist perfekt (wie nichts auf der Welt perfekt ist), aber inzwischen haben die Verfahren einen hohen Reifegrad erreicht. Psychologisch haben manche Menschen eine Scheu, ihren Finger (oder gar ihre Iris) mit einem Scanner lesen zu lassen – gedankliche Verbindungen zum Bundeskriminalamt und in diesen Zeiten zur NSA werden wach. Aber wer das einmal ausprobiert hat, will nie wieder zurück. Und vor dem kopierten oder gar abgehackten Finger braucht man auch keine Angst zu haben: Moderne Verfahren messen nicht nur den Fingerabdruck, sondern zusätzlich auch das Muster der Venen innerhalb des Fingers selbst – das ist sicherer und würde erkennen, wenn der Finger nicht mehr an der Blutzirkulation angeschlossen ist. In der Kantine von Equens bezahlen Mitarbeiter zum Beispiel ihr Essen durch “tap to pay” – sie legen an der Kasse einfach ihren Finger auf. Dazu hat man sich vorher registriert (so dass der Finger mit dem Bankkonto assoziiert wird). Hygienisch und schnellDas Verfahren ist sehr einfach, jeder kann es bedienen, jeder hat seinen Finger immer dabei, das System ist hygienisch (wichtig beim Essen), und es ist sehr schnell (wichtig in der Schlange, wo das Essen kalt zu werden droht). Dieses Verfahren wurde vor Kurzem als Finalist des “Cards and Payments Europe” Innovation Award in London ausgezeichnet und wird derzeit von mehreren Kantinenbetreibern in Europa ausgerollt. Dies ist noch ein sogenanntes Closed-Loop-System, das heißt nur für eine geschlossene Benutzergruppe (in diesem Fall die Mitarbeiter der Firma in einer Kantine) nutzbar. Es gibt aber auch Ansätze für Open-Loop-Systeme, bei denen jedermann an jeder Kasse in der Stadt biometrisch bezahlen kann – hier gelten natürlich besondere Herausforderungen bezüglich Sicherheit und Skalierung, die aber auch lösbar sind. Digitalisierung treibt TrendDa alles (Bücher, Landkarten, Tonträger etc.) zunehmend digitalisiert wird, erleben wir auch einen steigenden Trend zum elektronischen Bezahlen. Immer mehr Internet- und Handy-Käufe zeigen, dass es auch ohne Bargeld geht. Supermärkte sind derweil daran interessiert, die Check-out-Schlangen und Wartezeiten zu reduzieren sowie Kassenpersonal einzusparen, und brauchen daher auch in der physischen Wirtschaft (POS – Point of Sale) eine schnelle, sichere, bargeldlose Alternative. Schweden hat sich das Ziel gesetzt, ganz ohne Bargeld auszukommen. Da wird Biometrie sicher auch eine wichtige Rolle spielen.Biometrie ist sehr bequem, schnell und sicher, man hat den Finger immer dabei (im Gegensatz zur Karte o. Ä.), es nützt Kunden, Händlern und Banken gleichermaßen, und es funktioniert schon heute – quer durch Europa. Eine saubere, korruptionsfreiere, schnellere, effiziente Zukunft liegt vor uns – ohne mittelalterlichen Metallklumpentausch.—-Michael Steinbach, CEO, Equens SE —-Dr. Michael Salmony, Executive Adviser, Equens SE