Blessing dämpft Dividendenfantasie
Die Hoffnung von Aktionären der Commerzbank auf die Zahlung einer Dividende für 2015 hat auf der Hauptversammlung des Instituts einen Dämpfer erhalten. Die Stärkung des Kapitals aus eigener Kraft hat Priorität, erklärte der Vorstandsvorsitzende Martin Blessing.bn Frankfurt – Drei Tage nachdem die Commerzbank den Anlegern im Zuge einer überraschenden Kapitalerhöhung Hoffnung auf die erste Dividendenzahlung seit 2007 machte, hat Vorstandschef Martin Blessing entsprechende Erwartungen gedämpft. “Wir planen für das Jahr 2015 wieder eine Dividende auszuschütten. Das ist ganz klar unser Anspruch”, erklärte er auf der Hauptversammlung des Instituts am Donnerstag, um zugleich einzuschränken: “Ob es am Ende des Jahres reichen wird, müssen wir abwarten. Denn wir sind überzeugt: Die Stärkung des Kapitals aus eigener Kraft hat Vorrang vor einer Dividende.”Als das Institut zu Wochenbeginn per beschleunigtem Bookbuilding eine 1,4 Mrd. Euro schwere Aktienemission angekündigt hatte, hatte die Bank mitgeteilt, im ersten Quartal seien für eine Dividendenzahlung 57 Mill. Euro reserviert worden. Zugleich hatte die Gesellschaft ein im Startquartal von 324 Mill. auf 685 Mill. Euro mehr als verdoppeltes operatives Ergebnis gemeldet. Gleichwohl konnte sie tags darauf ihre unter Ausschluss des Bezugrechts emittierten Aktien nur zu einem Abschlag von gut 6 % auf den Vortagesschlusskurs platzieren.Blessing relativierte am Donnerstag erneut die strategischen Ziele der Bank für 2016. Die Bedingungen seien heute schlechter als vor zwei Jahren, als die Bank die strategische Agenda formuliert habe, erklärte er mit Verweis “nicht zuletzt” auf anhaltend niedrige Zinsen. 60 000 neue KundenDie jüngste Mitteilung des Instituts zu den vorläufigen Zahlen im Startquartal ergänzte Blessing am Donnerstag mit dem Hinweis, in allen operativen Sparten sei die Bank gewachsen. Im Privatkundengeschäft hat sie demnach in den ersten drei Monaten dieses Jahres über 60 000 Neukunden geworben, und die Mittelstandsbank hat ihr Kreditvolumen gegenüber dem Vorjahr um 11% gesteigert. In allen Kundensegmenten seien die Erträge um 10 % gewachsen, hieß es. Im vergangenen Jahr hatte das Institut im Privatkundengeschäft netto rund 288 000 Kunden gewonnen. 2012 hatte die Bank angekündigt, die Zahl ihrer Privatkunden bis 2016 um netto 1 Million zu erhöhen. Am Aktienmarkt kamen diese Nachrichten gut an. Mit 12,145 Euro gingen Commerzbank-Aktien am Donnerstag fester als die übrigen Dax-30-Werte ins lange Wochenende, auch wenn die Bank mit ihrem Vorhaben, den Bonusdeckel für rund 200 Risikoträger in der Bank zu lüften, eine veritable Pleite erlebte, weil der Bund, mit dem die Bank vor der Versammlung offenbar kein Einvernehmen erzielt hatte, gegen die Vorlage stimmte (siehe Text auf dieser Seite). Die übrigen Vorschläge wurden mit Mehrheiten von jeweils mindestens 98,4 % angenommen. Auch die im Portalhaus der Messe Frankfurt versammelten Aktionäre zeigten durchaus Wohlwollen gegenüber dem Management der Bank. Kritisch äußerte sich vor allem Klaus Nieding, Vizepräsident der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (siehe Zitate rechts). Die von Anfang an nicht voll besetzten Reihen begannen sich frühzeitig zu leeren. Hatte sich die Versammlung in den vergangenen Jahren jeweils bis in den späten Abend gezogen, lagen am Donnerstag schon am Nachmittag die Ergebnisse der Abstimmungen vor.Wie der Aufsichtsratsvorsitzende Klaus-Peter Müller berichtete, hat allerdings der im März vereinbarte milliardenschwere Vergleich der Bank mit US-Behörden wegen Verstößen gegen US-Sanktionsbestimmungen und Versäumnissen bei der Einhaltung von Geldwäschevorschriften in den Jahren 2002 bis 2008 bzw. 2008 bis 2013 ein Nachspiel. Der Aufsichtsrat habe eine unabhängige rechtliche Prüfung der Frage veranlasst, ob bzw. inwieweit das Institut Schadenersatzforderungen gegen ehemalige oder amtierende Vorstandsmitglieder geltend machen könne, sagte Müller. Die Prüfung, mit welcher die Kanzlei Noerr beauftragt worden ist, soll bis Jahresende abgeschlossen sein. Mangelhafte CompliancePikant: Als für Compliance Verantwortlicher fungierte 2003 der damalige Vorstandssprecher und heutige Aufsichtsratsvorsitzende Klaus-Peter Müller. Im Aufsichtsrat wurde mit der Prüfung durch Noerr denn auch nicht Müller, sondern Stefan Lippe betraut, Mitglied im Aufsichtsrat und ehemaliger Präsident der Geschäftsleitung der Swiss Re. Vor Müller war dem Geschäftsbericht zufolge Axel Freiherr von Ruedorffer im Vorstand für Compliance zuständig, danach für mehrere Jahre der spätere Finanzvorstand Eric Strutz. In dem Mitte März geschlossenen Vergleich über die Zahlung von 1,45 Mrd. Dollar hatte die Bank eingeräumt, vorsätzlich (“willfully”) mangelhafte Compliance mit Bezug auf den Bank Secrecy Act sowie auf Geldwäschevorschriften unterhalten zu haben.