Bloomberg Nowhere

Mehr als zweistündiger Ausfall der Terminals wirft Fragen auf - Londoner Händler genießen die Sonne

Bloomberg Nowhere

Ein mehr als zweistündiger Ausfall der Bloomberg-Terminals, die Finanzdienstleistern weltweit als Informationsquelle dienen, hat die Aufsichtsbehörden auf den Plan gerufen. Die britische Schuldenagentur DMO verschob eine Auktion von Staatsanleihen auf den Nachmittag. Londoner Händler genossen den sonnigen Vormittag im Café.Von Andreas Hippin, LondonAus “Bloomberg Anywhere”, wie eines der Produkte des Finanzdatenanbieters heißt, ist am Freitag vorübergehend “Bloomberg Nowhere” geworden. Die wichtigste Informationsquelle der Finanzbranche fiel für mehr als zwei Stunden aus. Betroffen war vor allem die Londoner City, da sich die Panne während des Handels ereignete. Die britische Schuldenagentur DMO (Debt Management Office) verschob eine geplante Auktion von Staatsanleihen mit einem Volumen von 3 Mrd. Pfund auf den Nachmittag. Andere Emissionen wurden dem Vernehmen nach vertagt. Im Bondhandel hat Bloomberg im Vergleich zum Wettbewerber Thomson Reuters die Nase vorn. Der Ausfall der Plattform zwang Händler dazu, wie in alten Zeiten zum Telefonhörer zu greifen, um sich mit Kunden über Preise auszutauschen. Im vergangenen Jahr erwirtschaftete das verschwiegene Unternehmen mit 320 000 Kunden mehr als 9 Mrd. Dollar Umsatz. Die Financial Conduct Authority (FCA) will nun die Auswirkungen des Terminal-Ausfalls auf die von ihr beaufsichtigten Firmen unter die Lupe nehmen. “Sooo. Pub?”Zahlreiche Händler genossen den sonnigen Vormittag in einem der zahlreichen Cafés in der Square Mile. Andere brachten ihr Facebook-Profil auf den neuesten Stand, twitterten “Soooo. Pub?” unter dem Hashtag #BloombergDown, wie Jeremy Cook, der Devisenstratege von World First. Manche dürften die Zeit auch für ein bisschen Online-Shopping genutzt haben, “Black Friday” wäre damit um eine Bedeutung reicher. Unterdessen kursierten Gerüchte über eine Attacke aus dem Cyberspace, die das System zum Erliegen gebracht haben könnte. Anderenorts war zu lesen, eine versehentlich in einen Netzwerkrechner geschüttete Dose Cola sei dafür verantwortlich.Die Störung habe wesentliche Teile, aber nicht das ganze System erfasst, sagte eine Bloomberg-Sprecherin am Nachmittag und entschuldigte sich zugleich bei den Kunden. “Es gibt derzeit keine Hinweise darauf, dass es sich um irgendetwas anderes handeln könnte als ein internes Netzwerkproblem”, trat sie Spekulationen entgegen, es könnte sich bei dem Ausfall um einen Hackerangriff handeln. Alles laufe wieder ordnungsgemäß, hieß es später.Die Finanzbranche ist nur unzureichend auf Attacken aus dem Cyberspace vorbereitet. So viel jedenfalls lässt sich den Berichten zu den Manövern “Quantum Dawn” und “Waking Shark” entnehmen, die von den zuständigen Aufsichtsbehörden in Washington und London veranstaltet wurden. Zu den bekannten Bedrohungen, auf die sich die Branche bereits eingestellt hat, gehören die sogenannten DDoS-Attacken (Distributed Denial-of-Service Attacks). Dabei werden massenhafte Anfragen an eine Webpage abgeschickt, wodurch diese lahmgelegt wird. Die Hackergruppe Anonymous griff auf diese Weise bereits vor einiger Zeit Bank of America, Mastercard und Visa an. Kritiker der Cyber-Kriegsspiele bemängelten stets, dass dabei nicht weit genug gedacht werde. Auch Telekomunternehmen wie BT müssten mit einbezogen werden. Zudem bleibe die Möglichkeit physischer Angriffe auf die Internetinfrastruktur der Finanzbranche unberücksichtigt. Ob die Auswirkungen eines Ausfalls der Bloomberg-Plattform einmal durchgespielt wurden, ist nicht bekannt. Die Eikon-Terminals von Thomson Reuters liefen während des Ausfalls beim Rivalen weiter. An der dominierenden Marktposition von Bloomberg dürfte die Panne jedoch nichts ändern.Erst vor kurzem hatte Michael Bloomberg wieder die Führung der Firma übernommen.