Börse München greift Tradegate an
jh München – Mit ihrer neuen Handelsplattform Gettex will die Börse München Marktanteile gewinnen. “Wir greifen an im Wettbewerb mit außerbörslichen Anbietern und anderen Börsen in Deutschland”, sagte Andreas Schmidt, Vorstand der Bayerischen Börse. Das neue Angebot richte sich an Privatanleger, die sich schnell informieren und unverzüglich handeln wollten, ohne Courtage und Börsenplatzentgelte zu zahlen, ergänzte sein Vorstandskollege Jochen Thiel. Auf der Internetseite gettex.de werden kostenlos Realtime-Kurse gezeigt. Mehr als 13 000 WertpapiereSeit dem Marktstart am Montag in dieser Woche haben die mehr als 1,8 Millionen Kunden von Comdirect Zugang zu Gettex. Im zweiten Quartal werde ein zweiter großer Partner hinzukommen, kündigte Thiel an. Ziel sei es, in diesem und im nächsten Jahr alle großen Online-Broker sowie Geschäftsbanken in Deutschland für Gettex zu gewinnen. Auf der Plattform könnten mehr als 13 000 Werte gehandelt werden, darunter 300 deutsche und 2 500 ausländische Aktien, 3 300 Fonds und 5 900 Anleihen, davon mehr als 2 500 in Fremdwährung. Der Market Maker, der Verkaufs- und Kaufaufträge ausgleicht, ist die Baader Bank aus Unterschleißheim bei München.Mit Gettex greift die Bayerische Börse vor allem die Berliner Tradegate Exchange der Deutschen Börse an. Dort wurde seit einiger Zeit mit Konkurrenz aus München gerechnet. Tradegate machte zuletzt nach eigener Aussage außerhalb von Xetra rund 60 % aller Umsätze des Aktienhandels von Privatanlegern in Deutschland, ebenfalls ohne Courtage (vgl. BZ vom 23.8.2014). Es folgten das Parkett an der Frankfurter Börse mit 25 % und die Stuttgarter Börse (Euwax) mit 11 %. München kommt nach Angaben von Vorstand Schmidt auf einen gesamten Anteil von 3,5 % (ohne Xetra-Hauptmarkt und Zertifikate). Die Handelsumsätze hätten 2014 wie im Vorjahr 6,5 Mrd. Euro betragen.”Im Unterschied zu Tradegate bieten wir mehr Möglichkeiten und zusätzlichen Service”, betonte Thiel, der bis Mitte 2012 Geschäftsführer von Tradegate war. Mit dem Münchner System können Banken über einen einzigen elektronischen Zugang auswählen, ob sie über Gettex handeln oder doch eine andere Plattform nutzen wie die um 4 000 Titel weitergefasste Max-One, das sogenannte Spezialistenmodell der Börse München. Außerdem würden Transaktionen mit dem jeweiligen Wertpapier zusammengefasst. “Diese Aggregierung spart Kosten”, sagte Thiel. So müsse die Abwicklungsgesellschaft Clearstream nicht für jede einzelne Transaktion bezahlt werden, sondern nur einmal für alle Orders an einem Tag. Für 2017 Gewinn angestrebtDie Kosten für den Aufbau von Gettex bezifferte der Vorstand der Börse München nicht. Thiel sprach lediglich von einem “geringen Budget”. Dies habe dank Standardmodulen vom Softwarelieferanten PDV Financial Service in Hamburg und eines somit relativ geringen Programmieraufwands ausgereicht. Die Börse habe dies aus dem laufenden Geschäft finanziert, ergänzte Schmidt. Ein Zuschuss des Gesellschafters, des Münchner Handelsvereins mit 49 Mitgliedern, sei nicht notwendig gewesen. 2017 solle Gettex die Gewinnschwelle erreichen.