Börsenfusion wird hart kritisiert
ck Frankfurt – Auf teilweise heftige Kritik ist die geplante Fusion der Deutschen Börse mit der London Stock Exchange (LSE) in einer vom CDU-Kreisverband Frankfurt veranstalteten Podiumsdiskussion am Dienstagabend gestoßen. Im Fokus stand dabei der Londoner Sitz des aus dem Zusammenschluss entstehenden Börsenbetreibers.”Wir wollen eine starke Börse, wir befürchten aber, dass beim derzeitigen Modell mit einer Gesellschaft, die ihren Sitz in London hat, auf Dauer der Schwerpunkt Richtung London geht”, sagte Ulrich Caspar, Mitglied des Hessischen Landtages und wohnungspolitischer Sprecher der CDU-Landtagsfraktion. Unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten mache es sicherlich Sinn, die Börsen zusammenzulegen, weil man Synergien heben könne. Wenn man Synergien heben wolle, müsse man Doppelstrukturen abbauen. “Da ist es für einen Standort schon wichtig, ob das hier stattfindet und sich der Börsenplatz weiterentwickeln wird. Wir befürchten, dass wenn Entscheidungen in London gefällt werden, wir hier das Nachsehen haben. Wenn die Zentrale in Deutschland wäre, hätten wir weniger Bedenken”, sagte Caspar.”Wir sind für die Fusion, aber unter der Voraussetzung, dass die Zentrale hier ist”, sagte Caspar, der auf andere Börsenzusammenschlüsse als warnende Beispiele verwies. Mailand habe nach der Übernahme der Börse durch die LSE keine Bedeutung mehr. Die Fusion von Nyse und Euronext habe die New Yorker Börse gestärkt. An den Standorten in Paris, Amsterdam, Brüssel und Lissabon sei die Zahl der Arbeitsplätze halbiert worden. “Gleichwertiger Sitz”Matthias Fritton, seit Anfang März Generalbevollmächtigter der Deutschen Börse mit Zuständigkeit für die Bereiche Unternehmenskommunikation, Marketing und Regierungsbeziehungen, versuchte, die Sorgen um den Standort zu zerstreuen. Der fusionierte Börsenbetreiber werde ein Unternehmen sein, das einen mit London “gleichwertigen” Sitz in Frankfurt / Eschborn habe und hier weiterhin Leute beschäftige und Steuern zahle. “Wir wollen das, was wir in Frankfurt und London geschaffen haben, fortführen. Wir wollen nichts hin- und herschieben, sondern zusammen etwas Besseres schaffen.”Das wesentliche Geschäft der Deutschen Börse sei das Post-Trade-Geschäft. Dieses sei durch die Finanzkrise wichtiger geworden. Es sei ein großer Vorteil, dass die Deutsche Börse in diesem Geschäft zu den führenden Anbietern gehöre. “Warum sollte man solche Vorteile aufgeben und Dinge nach London verlagern, wenn die hier besser gemacht werden und auch von der Regulierung gewünscht sind.” Es gebe eine Menge Dinge, die nicht einfach verlagert werden könnten. “Das sind Dinge, die sehr wichtig sind und in Frankfurt eine sehr lange Zukunft haben.” Fritton betonte, dass bei der Hebung von Synergien die Vereinheitlichung von Plattformen der klare Schwerpunkt sei. “Zuerst klären wir, wie man technische Einsparungen realisieren kann, dann sprechen wir über Arbeitsplätze. Wir werden sicherlich auch Arbeitsplätze abbauen müssen. Das wird aber nicht im Vordergrund stehen.Ulrich Burgard, Professor für bürgerliches Recht, Handels- und Wirtschaftsrecht, Law and Economics an der Universität Magdeburg, äußerte sich skeptisch. Wenn man Größenvorteile realisieren wolle, müsse man Schwerpunkte setzen. In London werden entschieden werden, wo welche Geschäfte gemacht werden, wo IPOs stattfinden. Von daher könne es sein, dass Handel nach London abwandern wird. Es sei eben nicht so, dass man Handel nicht verlagern könne. Vorteile “überschaubar”Eine Fusion habe durchaus Vorteile, aber die Frage sei, wo die Vorteile seien. “Mit einer Konzernzentrale in London sind die Vorteile einer Fusion für Frankfurt überschaubar.” Einen Unternehmenssitz zu verlegen sei kompliziert. Managementkapazitäten könnten dagegen leicht verlagert werden. Die Entscheidung über den Unternehmenssitz könne man nicht leicht revidieren, eine Verteilung von Managementkapazitäten dagegen schon.