Börsennotierte Indexfonds können das Leben leichter machen

Aktives Management mit passiven ETF behebt viele Anlagesorgen

Börsennotierte Indexfonds können das Leben leichter machen

Die Jagd nach Rendite ist in vollem Gange. Und wenn die Europäische Zentralbank (EZB) ab März mit breit angelegten Staatsanleihenkäufen Monat für Monat 60 Mrd. Euro zusätzliche Liquidität in den Markt gibt, wird das Dilemma noch größer. Die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen fällt auf immer neue Rekordtiefststände, so wie der Bund-Future historische Höchststände markiert. Im Bereich der Kurzläufer sieht es noch dramatischer aus: Anfang Januar 2015 wechselten Sechsmonatspapiere des Bundes zu minus 0,1565 % die Hände. Folgt der interessierte Anleger den zahlreichen Berichten und Empfehlungen, so verdichtet sich der Eindruck, dass Exchange Traded Funds, kurz ETF oder börsengehandelte Investmentfonds, die Antwort auf viele der damit einhergehenden Probleme sein könnten. Aber sind ETF eine universelle Antwort auf eine vermutlich noch lang anhaltende Phase niedriger Zinsen?Wer sich mit ETF beschäftigt, findet sofort zwei Merkmale, die börsengehandelte, meist passiv verwaltete Investmentfonds von den etablierten Produkten aktiver Verwalter unterscheiden: Zum einen bilden ETF einen Vergleichsmaßstab “nur” ab, können die Benchmark aber nicht schlagen. Zum anderen sind sie preisgünstiger. Kostenargument greiftDer Kostenvorteil ist in den letzten Jahren umso bedeutender geworden, als der Ertrag, der mit klassischen Anlageformen zu erzielen ist, immer niedriger geworden ist. Auf den ersten Blick einzusehen ist dies bei Fixed-Income-Produkten, also Anleihen. Beträgt der Zins in einem Fonds auf 10- bis 15-jährige Anleihen derzeit 1,37 %, so spielt es eine wesentliche Rolle, ob die jährlichen Kosten bei 0,12 % (ETF) liegen oder bei 1 % (aktiver Rentenfonds).Der größte Anteil der in ETF verwalteten Vermögen liegt aber auf der Aktienseite. Und die sind in den vergangenen Jahren stark gestiegen. Warum also hier auf Kosten achten? Die natürliche Antwort, dass jeder nicht für Management Fees ausgegebene Euro der Wertentwicklung zugutekommt, scheint trivial. Aber es sind nicht nur die Verwaltungsvergütungen, die durch die geringe Höhe eine Rolle spielen, sondern es sind ersparte operative Kosten, die vielen Anlegern weitaus mehr helfen, und die das Anlegen an Kapitalmärkten demokratisiert haben: Mit einer Order ist es zu Bedingungen, die vorher nur institutionelle Großkunden kannten, möglich, Portfolien sehr breit zu diversifizieren und dies nicht über Hunderte von Orders tun zu müssen. Von der Geschwindigkeit, mit der dies umsetzbar ist, ganz zu schweigen. Und dennoch hat gerade das vergangene Jahr gezeigt, dass Aktienmärkte nicht nur eine Richtung, nämlich nach oben, kennen. Der Deutsche Aktienindex hat im Jahr 2014 um knapp 2,7 % zugelegt. Ein ETF auf den Dax hätte 0,08 % gekostet, also weniger als ein Dreißigstel, ein aktiver Fonds dagegen gut und gerne 1,30 %, also fast die Hälfte.Neben den Kosten ist das zweitgewichtigste Argument für eine Anlage in ETF die Diversifikation. Vielen Anlegern, und das trifft nicht nur auf Privatanleger zu, ist es durch ETF erst möglich, Depots sehr breit aufzustellen. Der “Klassiker” ist natürlich ein Anfangsinvestment in einen ETF auf den MSCI World, das dann sukzessive erweitert wird. Zum Beispiel um Schwellenländer oder Branchen. Zusatzertrag als RisikopufferFür viele institutionelle Anleger halten ETF beim Thema Diversifikation manchmal zunächst unbeachtete Vorteile bereit. So beobachten wir bereits seit geraumer Zeit, dass sehr rentenlastige Anlagen im Rahmen des Erlaubten um Investments in den MSCI World und MSCI Emerging Markets erweitert werden. Es geht darum, einen zusätzlichen Ertrag über den reinen Zinsertragsanteil hinaus zu erwirtschaften. Nicht selten dient dabei der – wenn auch magere – Ertrag aus Bonds als Risikopuffer und damit als Überzeugungshilfe vor Eingehen einer ETF-Aktienposition. Fokus auf die StärkenSeit es ETF gibt, muss sich ein Anleger fragen: aktiv oder passiv investieren? Das Schwarz-Weiß-Denken ist aber seit ein paar Jahren überholt. Inzwischen hat sich das Paradigma hin zu “Aktives Management mit passiven Anlagen” weiterentwickelt. Denn gerade in der heutigen Zinslandschaft gilt es, eigene Stärken klar zu erkennen und dem Kunden anzubieten. Für alles andere werden passive Lösungen genutzt. Nicht ohne Grund sind in den letzten Jahren viele Vermögensverwalter, aber auch große institutionelle Kunden offen zu einem Core-Satellite-Ansatz übergegangen. Auch wenn diese Strategie keine Neuerfindung ist, sondern eine lange Historie hat. Wiederanlage hat CharmeEin ganz wesentliches Argument für Renten-ETF und auch für thesaurierende Aktien-ETF ist die Wiederanlage von Kupons, fälligen Bonds und Dividenden. Bei niedrigen Zinserträgen ist es vielen Anlegern nicht möglich, selbst die anfallenden Erträge wiederanzulegen oder festverzinsliche Wertpapiere zu erwerben, die die gewählte Strategie sinnvoll fortführen. Und je komplexer die Rentenstrategie oder je exotischer das Anlageuniversum, desto wichtiger eine breite Streuung. Portfolios mit nur einer Handvoll von Einzelanleihen gehören mehr und mehr der Vergangenheit an.Nicht besser sein zu können als ein Vergleichsmaßstab, das ist für viele Investoren die Haupthürde, passiv zu investieren. In der Tat: Per Definition sind ETF immer so gut wie der zugrunde liegende Index minus Kosten. Die möglichen Verluste aus nicht aufgegangenen Erwartungen an eine aktive Strategie werden mittlerweile in Theorie und Forschung als Opportunitätskosten gesehen und auch akzeptiert. Auch wenn Anleger das mitunter anders sehen – hinterher.Eng verknüpft mit der Sichtweise der Opportunitätskosten ist der sogenannte “Active Share”. Dahinter verbirgt sich die Messung, wie aktiv ein Verwalter wirklich gegenüber einem Vergleichsmaßstab agiert. Untersuchungen zeigen, dass es daran hapert. Manches aktive Portfolio weicht nicht wesentlich von einer Benchmark ab, die Kosten sind aber dennoch höher. Natürlich können an dieser Stelle Fondsgröße oder Höhe der Mittelzuflüsse eine Rolle spielen – eine gute Wertentwicklung ist für Fondsmanager nicht immer ein Segen. Festzuhalten bleibt, dass an Kapitalmärkten mit Zukunftserwartungen gehandelt wird. Und solange es Fantasie am Markt gibt, wird es aktives Management geben.Eng verbunden mit der möglicherweise entgehenden Chance auf Outperformance ist die Hoffnung, dass aktive Vermögensverwalter auf aktuelle Entwicklungen reagieren können. Auch hier zeigen Untersuchungen ein eher gemischtes Bild. Kurzfristig ja, mittel- und längerfristig eher nein. Dennoch: In Europa stehen 360 Mrd. Euro in ETF über 10 000 Mrd. Euro in aktiv verwalteten Fonds gegenüber. Allerdings mit wachsender Tendenz Richtung passiv.Immer wieder ist zu lesen: “Buy and Hold ist tot.” Vermutlich hängt die Gültigkeit dieser Empfehlung stark von der betrachteten Anlegergruppe und dem Anlagehorizont ab. Da es sich um eine alte Börsenweisheit handelt, sei das entsprechende Pendant nachgeschoben: “Hin und her macht Taschen leer.” Mit dem Durchschnitt lebenIm Endeffekt sind Verlockung und Versuchung groß, doch besser als der Markt zu sein. Schließlich beweisen Ranglisten an jedem Jahresende immer wieder, dass da doch etwas geht – in Einzelfällen. Bewusst mit dem Durchschnitt, also mit der Marktentwicklung zu leben, ist sicherlich die größte aller Herausforderungen für Anleger, die sich bewusst für ETF entscheiden. Und das kennen viele Verwalter aus den Jahresendgesprächen oder den Jahresrückblicken mit ihren Kunden und aus den Anlageausschusssitzungen – auch wenn die Benchmark nicht umsonst das Maß der Dinge ist.Ein Trend am Markt: Smart Beta ETF. Dahinter verbergen sich meist Lösungen, die von dem traditionellen Verfahren, Indizes nach Marktkapitalisierung zu gewichten, abweichen. Denn der Nachteil einer Gewichtung nach Marktkapitalisierung ist, dass allein Aktienkurs und Anzahl der umlaufenden Aktien den Marktwert bestimmen – und damit leicht das Bild, das Investoren vom Börsengeschehen bekommen, verzerren. Eine Aktie, auf die sich alle Marktteilnehmer stürzen, wird nur deshalb steigen, weil sie eben gefragt ist, und umgekehrt. Das Ziel von Smart Beta: eine Methode der Gewichtung von Wertpapieren zu finden, die der reinen Marktkapitalisierung überlegen ist.Natürlich gibt es gute und überlegenswerte Konzepte. Nur meist fehlt bislang die Bewährung in der gelebten Praxis. Die zur Verfügung stehenden Zeiträume sind meist noch zu kurz, um beurteilen zu können, was von Indexing Plus, Enhanced Indexing oder Strategic Beta zu halten ist. Smart Beta ist interessant, erfordert aber den risikobewussten und kundigen Investor. Eine Frage der AlternativenAber was soll der Anleger nun tun? Letztendlich läuft es auf einen Vierklang aus möglichen Alternativen, der Risikotragfähigkeit des Kunden, dem Anlagehorizont und den eigenen oder den Stärken des Verwalters hinaus. Gepaart mit niedrigen Kosten und einem natürlichen Diversifikationspotenzial sind Exchange Traded Funds in dem gegenwärtigen Umfeld sicherlich nicht die Lösung für alle Anlageprobleme, können das Leben aber deutlich erleichtern.—Thomas Meyer zu Drewer, Geschäftsführer von ComStage