IM BLICKFELD

Brexit, Covid und Zinsängste belasten britische Banken

Von Andreas Hippin, London Börsen-Zeitung, 22.10.2020 Die Quartalsergebnisse der kleinen Metro Bank haben einen Vorgeschmack darauf geliefert, was die britischen Großbanken in den kommenden Tagen über ihr Geschäft auf dem Heimatmarkt berichten...

Brexit, Covid und Zinsängste belasten britische Banken

Von Andreas Hippin, LondonDie Quartalsergebnisse der kleinen Metro Bank haben einen Vorgeschmack darauf geliefert, was die britischen Großbanken in den kommenden Tagen über ihr Geschäft auf dem Heimatmarkt berichten werden. Das vor einem Jahrzehnt vom US-Immobilienmogul Vernon Hill an den Start gebrachte Institut verzeichnete ein Einlagenwachstum von 10 %. Die Kreditvergabe wurde dagegen nur um 1 % ausgeweitet. Nachdem der Kredithunger der Konsumenten lange Zeit zweistellig gewachsen ist, ging er seit Ausbruch der Coronavirus-Pandemie zurück (siehe Grafik). Das Kredit-Einlagen-Verhältnis verbesserte sich auf 97 (i.V. 105) %.Zwar wird die Arbeitslosigkeit durch die Lohnsubventionierungsmaßnahmen der britischen Regierung immer noch niedrig gehalten, doch ist bereits klar, dass die wirtschaftliche Erholung an Schwung verloren hat. Zudem werden über immer neue Regionen Ausgangsbeschränkungen verhängt, um die Pandemie einzudämmen. Die damit verbundenen Arbeitsplatzverluste und Firmenpleiten könnten höhere Wertberichtigungen auf Problemkredite erforderlich machen. Für rund ein Fünftel der Hypotheken, ein Zehntel aller Autofinanzierungen und zwischen 5 % und 10 % aller Kreditkartenschulden wurden Daten der UBS zufolge “Zahlungsferien ” bis Mitte Juli gewährt. Rund zwei Drittel dieser Vereinbarungen blieben darüber hinaus in Kraft. In Irland wurde bereits ein erneuter Lockdown verkündet. Käme es auch in Großbritannien dazu, würde dies im Verbund mit einem Scheitern der Handelsgespräche mit der EU die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass die Bank of England den Leitzins unter null senken muss. Die Notenbank ermittelt bereits, ob Banken auf einen solchen Schritt vorbereitet wären. Analysten fürchten, dass die Nettozinsmargen dadurch weiter unter Dreck gesetzt würden. Doch ob negative Zinsen für die Banken zur Belastung werden, hängt stark von den Maßnahmen ab, mit denen die Bank of England die Folgen abfedern würde.Institute mit einem starken Investment Banking sind weniger davon abhängig, wie sich ihr Zinsergebnis entwickelt. Barclays, die am Freitag ihre Neunmonatsergebnisse vorlegt, ist die größte Investmentbank aus Großbritannien. Die Erträge der US-Rivalen in diesem Geschäft stiegen einer Studie des Instituts zufolge im dritten Quartal im Schnitt um ein Fünftel. Besonders gut entwickelte sich Jefferies zufolge das sogenannte FICC-Geschäft, der kapitalintensive Handel mit Anleihen, Währungen und Rohstoffen. Hier habe das Wachstum im Schnitt bei 25 % gelegen. Das Aktiengeschäft habe um 15 % zugelegt. Im Geschäft mit Übernahmen und Fusionen sorgten die Pandemie, Steuerdiskussionen und die herannahende US-Präsidentschaftswahl für eine gewisse Zurückhaltung der Firmenkäufer. Allerdings ist die Pipeline M&A-Bankern zufolge gut gefüllt.Barclays-Chef Jes Staley hatte das in Ungnade gefallene Investment Banking aufgewertet und den Erzrivalen der Deutschen Bank als Transatlantikbank neu aufgestellt. Gute Ergebnisse dürften seine Position gegen Kritiker wie den Shareholder-Aktivisten Edward Bramson stärken. Im Vergleich zu HSBC, Standard Chartered und Natwest, die in der kommenden Woche ihre Geschäftszahlen vorlegen, wird bei Barclays nicht mit Aussagen zur Unternehmensstrategie gerechnet. Das Institut teilte bereits bei den Halbjahreszahlen mit, 3,7 Mrd. Pfund für Kreditausfälle zurückgestellt zu haben. An der Frage, ob noch mehr Rückstellungen nötig sind, scheiden sich die Geister. Der Jefferies-Bankenexperte Joseph Dickerson hält eine positive Überraschung für möglich. Nicholas Hyett, Analyst bei Hargreaves Lansdown, rechnet dagegen mit Blick darauf, dass sich die Weltlage seit dem Sommer nicht verbessert hat, mit höheren Wertberichtigungen.Auch HSBC und Standard Chartered dürfte ihr Investment Banking zugutekommen. Das Kapitalmarktgeschäft der HSBC dürfte Barclays zufolge um 15 % zugelegt haben. Allerdings hat die Bank in den vergangenen Monaten gezeigt, dass global tätige Firmen immer Gefahr laufen, in geopolitische Auseinandersetzungen hineingezogen zu werden. Die Drohung, von der Pekinger Führung auf die Liste “unzuverlässiger Körperschaften” gesetzt zu werden, steht immer noch im Raum. Wenn die Bank am Dienstag ihre Zahlen präsentiert, stehen Aussagen zu weiteren Restrukturierungsmaßnahmen im Fokus der Anleger.Der britische Häusermarkt verzeichnet zwar seit der vorübergehenden Aussetzung der Stempelsteuer durch Schatzkanzler Rishi Sunak einen Mini-Boom. Allerdings ist es Immobilienmaklern zufolge für Kaufinteressenten schwerer geworden, eine Hypothek zu bekommen. Banken fürchten, dass sich die Häuserpreise künftig nicht mehr nur nach oben bewegen könnten. Dabei hat sich das Geschäft mit Wohnimmobilienkrediten zuletzt erfreulich entwickelt. Einer Jefferies-Umfrage zufolge sind die Zinsen von Hypotheken mit einer Laufzeit von fünf Jahren und einer Beleihungsgrenze von 75 % seit März um 30 Basispunkte (BP) gestiegen. Dazu habe eine höhere Nachfrage ebenso beigetragen wie die Berücksichtigung künftiger Risiken. Den stärksten Zuwachs (70 BP) verzeichnete Lloyds Banking Group, die – ebenso wie Standard Chartered – am kommenden Donnerstag Zahlen vorlegen wird. Natwest folgt tags darauf.