Natwest liefert schwache Zahlen
Natwest schockt mit schwachen Zahlen
Aufsicht bemängelt Verstöße gegen Datenschutz im Fall Nigel Farage – Nettozinsmarge niedriger als erwartet
hip London
Der Aktienkurs von Natwest ist in London nach Quartalszahlen unter Druck geraten. Die Nettozinsmarge verfehlte ebenso die Markterwartungen wie die Kernkapitalquote. Die Aufarbeitung des Skandals um die Schließung des Kontos von Nigel Farage bei der Privatbanksparte Coutts brachte wenig Überraschendes.
Die schottische Großbank Natwest hat bei der Bekanntgabe ihrer Quartalszahlen gleich in mehrfacher Hinsicht negativ überrascht. Wie das einst unter dem Namen Royal Bank of Scotland (RBS) bekannte Institut mitteilte, entsprach zwar das bereinigte Vorsteuerergebnis in etwa den Markterwartungen. Doch ging die Nettozinsmarge so stark zurück, dass das Management für das Gesamtjahr nur noch mit "mehr als 3%" rechnet. Die Kernkapitalquote verfehlte den Durchschnitt der Analystenschätzungen, nachdem die risikogewichteten Assets im Firmenkundengeschäft gestiegen waren.
Aktie unter Druck
"Die heutigen Zahlen des dritten Quartals zeigen, dass Natwest eine starke Bank ist, die eine gute Leistung bringt und nachhaltige Gewinne und Renditen hervorbringt", ließ sich Paul Thwaite in der Pflichtveröffentlichung zitieren. Nach dem plötzlichen Abgang von Alison Rose in Folge des Skandals um die Schließung des Kontos von Nigel Farage bei der Privatbanksparte Coutts hatte der damalige Leiter des Firmenkundengeschäfts den Chefsessel übernommen. Am Markt sah man das anders: Die Aktie brach in London bis zum Mittag um 11% auf 183 Pence ein.
Natwest | ||
Konzernzahlen nach IFRS (9 Monate) | ||
in Mill. Pfund | 2023 | 2022 |
Erträge gesamt | 11.215 | 9.448 |
Operative Kosten | 5.842 | 5.549 |
Wertberichtigungen | -452 | -193 |
Vorsteuerergebnis | 4.921 | 3.706 |
Nettoergebnis | 3.165 | 2.078 |
Cost-Income-Ratio, ber. (%) | 49,9 | 55,6 |
Eigenkapitalrendite, ber. (%) | 17,1 | 10,0 |
Nettozinsmarge Bank (%) | 2,94 | 2,99 |
Datenschutzrechte verletzt
Natwest legte auch den von ihr beauftragten unabhängigen Untersuchungsbericht der Kanzlei Travers Smith zum Fall Farage vor. Demnach seien im Umgang mit dem ehemaligen Chef der UK Independence Party zwar "schwerwiegende Fehler" gemacht worden. Die Kontoschließung sei jedoch rechtmäßig und "in erster Linie eine geschäftliche Entscheidung" gewesen. Unterdessen stellte der britische Datenschutzbeauftragte (Information Commissioner's Office) Sky News zufolge fest, dass Farages Datenschutzrechte verletzt wurden, als Rose Einzelheiten des Falls an einen BBC-Reporter durchstach. Chairman Howard Davies, der Rose bis zuletzt den Rücken gestärkt hatte, entschuldigte sich abermals bei Farage.
Zinsergebnis enttäuscht
Die Nettozinsmarge rutschte von 3,13% im zweiten Quartal auf 2,94% ab. Analysten hatten im Schnitt 3,07% auf der Rechnung. Das Zinsergebnis lag um 4% unter den Markterwartungen. Das Management erwartet für das Gesamtjahr nur noch eine Nettozinsmarge von "mehr als 3%". Nach Rechnung der Branchenexperten von Keefe, Bruyette & Woods (KBW), der auf Finanzdienstleister spezialisierten Tochter von Stifel Europe, impliziert das für das laufende Quartal einen Wert von 2,85%. Natwest habe "sehr schwache" Zahlen vorgelegt, lautete ihre Einschätzung, "schlechter als Barclays". Die Deutsche-Bank-Rivalin hatte die Berichterstattungssaison am Dienstag mit einem Stimmungsdämpfer eröffnet.
Kernkapitalquote im Fokus
Angesichts dessen, dass bislang alle britischen Banken die Latte für das Zinsergebnis tiefer gelegt hätten, sei der Rückgang der Nettozinsmarge bei Natwest keine große Überraschung, schrieb der Jefferies-Bankenexperte Joseph Dickerson in einer ersten Einschätzung. Die Neuigkeit sei, dass die Kernkapitalquote hinter den Erwartungen zurückblieb, weil die risikogewichteten Assets zugenommen haben. Natwest wies eine Kernkapitalquote von 13,5% aus. Analysten hatten im Schnitt 13,8% angesetzt. Die risikogewichteten Assets stiegen von 177,5 Mrd. im vorangegangenen Quartal auf 181,6 Mrd. Für das laufende Quartal rechnet das Management mit einem weiteren Anstieg um 3 Mrd. Pfund. Nach Rechnung der KBW-Analysten impliziert das eine Kernkapitalquote von 13,3%.
Einlagenvolumen steigt
Die Liquiditätsdeckungsquote verbesserte sich seit Ende Juni um vier Prozentpunkte auf 145%. Das Einlagenvolumen ist von 430,5 Mrd. Pfund im ersten Quartal auf nunmehr 435,9 Mrd. Pfund gestiegen. "Das ist ein positives Zeichen dafür, dass Natwest bei der Preisgestaltung richtig liegt, um Kunden anzuziehen, die auf der Suche nach höheren Zinsen sind", sagte der Analyst Matt Britzman von Hargreaves Lansdown. Der Anteil der Gelder, die in höher verzinslichen Festgeldprodukten geparkt sind, stieg von 11% auf 15% des gesamten Einlagenvolumens. Allerdings werfen solche Konten eine niedrigere Marge ab. Natwest führte die niedrigere Nettozinsmarge im wesentlichen darauf zurück, dass Kunden ihr Geld in höher verzinsliche Produkte umschichteten.