Aufschwung im Kapitalmarktgeschäft der US-Banken

Brummende Wall Street steht vor neuen Risiken

Die geldpolitische Lockerung der Fed beschert der Wall Street Auftrieb im Kapitalmarktgeschäft. Insbesondere die Fixed-Income-Underwriter von Morgan Stanley und Goldman Sachs profitieren von neuem Schwung auch bei M&A. Doch regulatorische Einschnitte bedrohen wichtige Standbeine der Banken.

Brummende Wall Street steht vor neuen Risiken

Wall Street wittert Morgenluft

Zinssenkungen treiben Deal-Aktivität – Regulatorische Gefahren lauern

xaw New York

Geldpolitische Lockerungen und ein wachsender Konjunkturoptimismus verleihen Amerikas Großbanken im Kapitalmarktgeschäft Auftrieb – doch Analysten warnen vor regulatorischen Risiken auf Wachstumsfeldern der US-Geldhäuser. Bei den Anlegern überwiegt indes zunächst die Zuversicht, nachdem sich Morgan Stanley am Mittwoch in den Reigen der starken Resultate der großen Wall-Street-Dealmaker einreihte. Das New Yorker Geldhaus vermeldete für das dritte Quartal einen Sprung der Investment-Banking-Erlöse um 52% auf 1,46 Mrd. Dollar, der entscheidend zu einem Anstieg des konzernweiten Nettogewinns um 32% auf 3,19 Mrd. Dollar beitrug.

Rivalin Goldman Sachs hatte bereits am Dienstag einen Gewinnanstieg um 45% auf 2,99 Mrd. Dollar vermeldet. Vorstandschef David Solomon hob angesichts eines Zuwachses der Investment-Banking-Erlöse um 20% auf 1,87 Mrd. Dollar ein „verbessertes operatives Umfeld“ hervor und betonte in einer Analystenschalte, bei den Kunden habe sich eine „signifikante Nachfrage“ angestaut.

Goldman-CEO David Solomon sieht eine aufgestaute Nachfrage im Investment Banking. Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Alex Brandon.

„Der Beginn des Zinssenkungszyklus hat den Optimismus hinsichtlich einer weichen Landung erneuert, was eine wachsende ökonomische Aktivität nach sich ziehen sollte“, führte der CEO aus. Sein Kollege Ted Pick, seit Anfang 2024 bei Morgan Stanley am Steuer, verwies auf ein starkes Momentum im Underwriting. Dabei zogen insbesondere die Erlöse im Fixed-Income-Geschäft deutlich an: Bei Morgan Stanley legten sie um 120% auf 555 Mill. Dollar zu, bei Goldman Sachs um 46% auf 605 Mill. Dollar.

Denn angesichts der geldpolitischen Lockerung wollen sich viele Unternehmenskunden am Anleihemarkt zu geringeren Zinsniveaus Kapital beschaffen. Goldman beobachtet dabei eine hohe Aktivität im Investment-Grade-Bereich, laut Finanzchef Denis Coleman zieht aber auch die Leveraged-Finance-Aktivität in einem freundlicheren Liquiditätsumfeld für Fusionen und Übernahmen bereits an.

M&A-Volumina nehmen zu

Die globalen M&A-Volumina beliefen sich laut Dealogic im dritten Quartal auf 909 Mrd. Dollar nach 744,6 Mrd. Dollar 2023. Gegenüber dem Niveau von nahezu 1,6 Bill. Dollar im Vergleichszeitraum des Jahres 2021 – damals bescherte eine expansive Geld- und Fiskalpolitik den Finanzmärkten eine gewaltige Liquiditätszufuhr – fallen sie allerdings noch ab.

Dennoch beflügelt der wachsende Optimismus nicht nur das Kapitalmarktgeschäft der spezialisierten Investmentbanken, sondern auch das der Universalinstitute. Bei J.P. Morgan zogen die Dealmaking-Erlöse im abgelaufenen Quartal um 31% an, während die Gebühreneinnahmen bei Bank of America um 15% zulegten und bei Citigroup gar um 44%.

Privatkundengeschäft bremst

Die größten Geldhäuser der USA werden dabei allerdings noch vom Privatkundengeschäft gebremst. Denn inzwischen sind auch sie gezwungen, mit höheren Zinsen um Einlagenkunden zu werben, während ihre Einnahmen aus dem Kreditgeschäft aufgrund niedrigerer Zinsen unter Druck stehen. In der Folge erodieren die Zinsmargen: Bei Bank of America ging das viel beachtete Profitabilitätsmaß gemäß Veröffentlichung vom Dienstag im dritten Quartal auf 1,92% zurück. Damit lag es deutlich unter dem Vorjahreswert von 2,11%.

Selbst Goldman, die nach ihrem 2016 begonnen, verlustreichen Ausflug ins Consumer Banking seit 2022 konsequent den Rückzug angetreten hat, ringt weiterhin mit den Folgen. Zwar wird das Geldhaus eine mit hohen Ausfallraten behaftete Kreditkartenpartnerschaft mit General Motors an Barclays los – der Verkauf der Kooperation und andere Faktoren drückten den Vorsteuergewinn im dritten Quartal aber um 415 Mill. Dollar.

Basel III als Einschnitt

Indes müssen die Geldhäuser für regulatorische Einschnitte vorbauen. Allerdings hat Morgan Stanley ihr hartes Kernkapital im dritten Quartal zwar um 2,1 Mrd. Dollar aufgestockt, um sich auf die Umsetzung des globalen Bankenpakets Basel III in den USA vorzubereiten. Doch der Anteil an den risikogewichteten Aktiva liegt nurmehr bei 15,1% – ein Rückgang sowohl gegenüber dem Vorquartal als auch dem Vorjahr.

Greg Hertrich, Leiter US-Bankenstrategie bei Nomura, befürchtet, dass Marktteilnehmer die Folgen der Regulierungsflut im Sektor unterschätzen. So werde es als Erfolg gewertet, dass die Fed nach hartem Gegenwind aus der Finanzbranche bei der Erhöhung der Kapitalquoten im Rahmen von Basel III zurückgerudert sei. „Angesichts der ursprünglich geplanten Aufschläge von bis zu 20% auf das harte Kernkapital führender Geldhäuser gerät aus dem Blick, dass die nun angepeilten 9% noch immer eine stattliche Erhöhung darstellen“, betont Hertrich.

Abfluss in dunkle Ecke des Finanzmarkts

Hinzu kämen neue Richtlinien für Bankmerger der Einlagensicherung FDIC. Zunehmende Hindernisse für Banken könnten dazu führen, dass sich Assets weiter zu Nichtbanken verschöben, die weniger stark reguliert seien als Intermediäre mit Einlagengeschäft. Die Ratingagentur Fitch sieht Amerikas Finanzinstitute zwar gut auf Neuregulierungen vorbereitet, Basel III sei heute als neutral für die Bonität einzustufen – dies gelte allerdings nur dann, wenn die jüngsten abgeschwächten Vorschläge der Fed mit einer Einführungsphase von drei Jahren umgesetzt würden.

Die Analysten betonen zugleich, dass dafür ein Konsens zwischen Regulatoren nötig sei – und die Bereitschaft, die Neuregelungen wie von der Notenbank angepeilt zu implementieren, schwanke je nach Aufsichtsbehörde stark. Für die Banken sei auch entscheidend, welche Vorgaben hinsichtlich der Absicherung von Betriebsrisiken künftig gälten. Ursprünglich hatten Regulatoren beispielsweise deutlich strengere Vorschriften für das Wealth Management angepeilt. Die Vermögensverwaltung und Anlageberatung für äußerst vermögende Kunden ist für Morgan Stanley noch immer der zentrale Wachstumsmotor und wird für Goldman als Quelle stabiler Erträge zu einem immer wichtigeren Standbein.

Die geldpolitische Lockerung der Fed beschert der Wall Street Auftrieb im Kapitalmarktgeschäft. Insbesondere die Fixed-Income-Underwriter von Morgan Stanley und Goldman Sachs profitieren von neuem Schwung auch bei M&A. Doch regulatorische Einschnitte bedrohen wichtige Standbeine der Banken.

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