Bündelung von Datenzentren in Frankfurt stößt an Grenzen
Im vergangenen September war Apple mit der Präsentation seiner neuen iPhones – eher en passant – für einen Internet-Weltrekord verantwortlich: Mit 5,88 Terabit pro Sekunde wurde der höchste Datendurchsatz aller Zeiten gemessen. Ort des Geschehens war der IT- und Gewerbepark Osthafen in Frankfurt am Main mit dem weltweit wichtigsten Internetknotenpunkt Decix. Das ist kein Zufall, die Bedeutung der Mainmetropole als – in Bezug auf den Datendurchsatz – weltgrößter Standort für Rechenzentren ist historisch gewachsen.Eine maßgebliche Ursache dafür ist, dass die Frankfurter Banken ihre eigengenutzten Data Center in unmittelbarer Nähe zum Unternehmenssitz platzieren wollten, um sie unkompliziert warten lassen zu können und Auflagen der Finanzaufsicht gerecht zu werden. Zudem ist für den Hochfrequenzhandel von Wertpapieren die Nähe zu den wichtigen Knotenpunkten wie Decix wichtig: Obwohl sich die Signale beinahe mit Lichtgeschwindigkeit bewegen, zählen dort selbst minimale Zeitunterschiede. Mehr “Daten-Hotels” Inzwischen etablieren sich in Frankfurt neben den eigengenutzten Rechenzentren aber auch zunehmend sogenannte Colocations. Dabei handelt es sich gewissermaßen um “Daten-Hotels”, also Betreiberimmobilien, in denen Nutzer einzelne Server-Racks oder Etagen bei einem Operator anmieten können. Bezahlt wird nicht nach Mietfläche, sondern nach der abgenommenen elektrischen Leistung. Die meisten dieser Colocations befinden sich im Eigentum solcher Operatoren, während eine Minderheit als Immobilienprodukt für professionelle Investoren gehandelt wird.Infolge der fortschreitenden Digitalisierung kommen immer mehr Unternehmen als Mieter für Colocations in Frage – beispielsweise internationale Anbieter von Cloud Services oder auch Start-up-Unternehmen. Auch die Endverbraucher greifen von der ganzen Welt aus auf die jeweiligen Daten zu. Dies hat unter anderem zur Folge, dass nur noch etwa die Hälfte aller Daten von der Mainmetropole selbst aus abgerufen werden.Die geografische Nähe zu den Knotenpunkten spielt also heutzutage in vielen Fällen keine so große Rolle mehr. Trotzdem werden neue Colocations und zahlreiche andere Rechenzentren bislang überwiegend in Frankfurt errichtet. Aktuell beläuft sich die Gesamtleistung der Frankfurter Colocation-Rechenzentren auf rund 240 Megawatt. Zum Vergleich: In Berlin sind es circa 28, in München 19 Megawatt.Im Zuge der digitalen Transformation wird dies zunehmend zum Problem. Modernere Servereinheiten benötigen zwar immer weniger Fläche, verbrauchen dafür allerdings immer mehr Strom. Bereits jetzt entspricht der Verbrauch eines mittelgroßen Data Centers häufig dem einer ganzen Kleinstadt, alle deutschen Center zusammengenommen machen rund 10 % des landesweiten Stromverbrauchs aus. Nicht nur die steigenden Preise für Bauland in Frankfurt stellen also ein Hindernis für den Neubau dar, sondern auch die lokale Energieinfrastruktur stößt an ihre Grenzen. Folgt auf die Dezentralisierung der Daten also die Dezentralisierung der Data Center? Projektentwickler werden aller Wahrscheinlichkeit nach zukünftig alternative Standorte ins Auge fassen und Entwicklungen außerhalb von Frankfurt zumindest erwägen. Zwar ist es auch möglich, ausländische Server anzumieten, jedoch nur unter Wahrung der nationalen Datenschutzgesetze. Zudem muss qualifiziertes Personal zur Wartung verfügbar sein. Daher bietet sich die Entwicklung von regionalen Datencentern in Deutschland an, um Kosten für Bauland und den Wettbewerb im Großraum Frankfurt zu umgehen und gleichzeitig den hohen rechtlichen Anforderungen Genüge zu tun. Mögliche InvestmentzieleDie Immobilienbranche muss auch deshalb den Blick über den Tellerrand wagen, weil sich Colocations, wie eingangs erwähnt, allmählich auch als Investmentprodukt etablieren – ganz ähnlich, wie es mit Logistikobjekten zur Jahrtausendwende der Fall war. Dies liegt einerseits an der explodierenden Datenmenge, andererseits sind Colocations eine vielversprechende Möglichkeit für Investoren, viel Kapital in einzelne Objekte zu allozieren, deren Managementaufwand für den Eigentümer überschaubar ist – und deren Renditen zudem einige Basispunkte oberhalb des Logistiksektors liegen. Attraktiv ist für die Investoren zudem, dass sie auf eine Reihe professioneller und etablierter Betreiber zugreifen können. Weil nach elektrischer Leistung abgerechnet wird, können zukünftig auf unveränderter Fläche immer mehr Server und damit Stromverbraucher aufgestellt werden, die die Mieteinnahmen maximieren. Einige nachträgliche Investitionen werden natürlich dennoch notwendig.—-Michael Dada, Associate Director des US-Immobiliendienstleisters CBRE