Bundesbank warnt vor Kreditausfällen

Wuermeling: Moment der Wahrheit wird kommen - Hufeld erwartet "spannende Diskussionen"

Bundesbank warnt vor Kreditausfällen

Die Deutsche Bundesbank sorgt sich angesichts von Corona um die Kreditrisiken der Banken. Weitere Erleichterungen von Vorgaben hält Vorstandsmitglied Joachim Wuermeling gleichwohl nicht für erforderlich. BaFin-Präsident Felix Hufeld rechnet mit “spannenden Debatten”, wenn es darum geht, diese zu beenden.bn Frankfurt – Die Deutsche Bundesbank warnt vor Kreditausfällen im zweiten Halbjahr. “Die größten Sorgen machen mir als Aufseher die Kreditrisiken, die voraussichtlich vermehrt ab dem dritten Quartal schlagend werden”, erklärte Joachim Wuermeling, für Bankenaufsicht zuständiges Vorstandsmitglied, am Dienstag auf einer Online-Veranstaltung der deutschen Zentralbank zu Covid-19. Im Fokus stehen dabei für ihn Kredite an inländische Unternehmen und Selbständige, auf die etwa ein Viertel aller vergebenen Darlehen entfällt und deren Volumen zu mehr als zwei Dritteln eine Restlaufzeit von mehr als fünf Jahren hat. Moratorien, Bilanzierungs- und Abschreibungsregeln führten zu einem Zeitgewinn, erklärte Wuermeling mit Blick auf jüngste Erleichterungen und fügte hinzu: “Der Moment der Wahrheit aber wird kommen, wenn sich die Kreditrisiken materialisieren.” Ein schmaler GratDas verfügbare Kapital reicht seinen Angaben zufolge aus, um Wertberichtigungsquoten wie in den Jahren 2003 oder 2009 “im Aggregat zu decken”. Allerdings hätten manche Institute hohe Exposures gegenüber besonders betroffenen Branchen der Realwirtschaft. Dies seien zunächst Gastronomie und Tourismus gewesen, weitere Bereiche könnten bald hinzukommen: “Hier wird es vermutlich zu Kreditausfällen kommen”, sagte Wuermeling. “Wir werden einen Anstieg der Risk Weighted Assets sehen, und wir werden deshalb eine Verschlechterung der Kapitalsituation in den Banken sehen”, prognostizierte Yves Mersch, EZB-Direktoriumsmitglied und Vizechef der europäischen Bankenaufsicht.Auf die erwarteten Belastungen durch die Coronakrise haben Aufseher und Standardsetzer in den vergangenen Wochen mit der Lockerung von Vorgaben etwa zur Bilanzierung erwarteter Kreditausfälle reagiert. Felix Hufeld, Präsident der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), räumt ein, dass sich die zuständigen Instanzen dabei mit Blick auf die Transparenz auf einem “schmalen Grat” bewegen. Insbesondere die Standardsetzer für die Rechnungslegung hätten aber kein Interesse daran, auf Dauer Intransparenz walten zu lassen und damit ein Problem gleichsam “weghexen zu wollen – das funktioniert auf Dauer nicht”. Angesichts gewaltiger fiskalischer Hilfsprogramme gehe es vielmehr darum, einem Automatismus in der Rechnungslegung entgegenzuwirken, “der praktisch die Intention dieser fiskalischen Hilfsprogramme konterkarieren würde”. Die Aufsicht und auch nicht die Banken könnten auf Dauer die Augen verschließen wollen vor Kreditausfällen, “wo sie sich denn tatsächlich ergeben”. Die Ratingagentur Fitch hatte tags zuvor angekündigt, die erwarteten Kreditverluste von Banken gemäß Bilanzstandard IFRS 9 entgegen jüngsten Vorschlägen der EU-Kommission weiterhin zur Beurteilung der Kapitalbasis von Banken heranzuziehen. “Auf Dauer ist absolut klar: Dort, wo Abschreibungsbedarf besteht, muss er vorgenommen werden”, sagte Hufeld. Im Moment sei es für Banken und Aufseher schwer, mit belastbaren Prognosen zu arbeiten. “Wir behelfen uns im Moment alle mit Szenario-Rechnungen.” Eine Verdreifachung oder Vervierfachung des Vorsorgebedarfs in Banken wäre für Hufeld indes “keine große Überraschung” nach einer Phase außerordentlicher niedriger Abschreibungen und Bewertungsergebnisse.”Weitere Erleichterungen sind aktuell nicht notwendig”, stellte Wuermeling heraus. Deutschlands Kreditinstitute hätten über die aufsichtlichen Anforderungen hinaus überschüssiges Kernkapital im Volumen von 136 Mrd. Euro und könnten zudem Kapitalpuffer über 114 Mrd. Euro freisetzen. Auch solle niemand damit rechnen, dass die bankaufsichtlichen Anforderungen dauerhaft gelockert würden: “An unserer Glaubwürdigkeit als Aufsicht lassen wir nicht rütteln.” Es werde “mit Sicherheit spannende Diskussionen” geben darüber, wie viele krisenbedingte Ausnahmen man nicht doch verstetigen solle, ergänzte Hufeld. “Die Wünsche werden schon jetzt vorgetragen.” – Wertberichtigt Seite 8