Büromarkt mit Fragezeichen

Nach dem Lockdown denken viele Mieter über ihre künftige Arbeitsweise nach

Büromarkt mit Fragezeichen

Nach dem zumeist geglückten Wechsel ins Homeoffice denkt nicht nur der Chef der Deutschen Bank laut darüber nach, wie viel teure Büroflächen in den Metropolen künftig angemietet werden müssen. Das wird auch den Frankfurter Markt verändern, aber nicht dauerhaft einbrechen lassen, hoffen Experten.lee Frankfurt – Auch wenn die Folgen etwa für Einkaufszentren und Hotels einschneidender und unmittelbarer waren, wird die Covid-19-Pandemie auch am Markt für Büroimmobilien nicht spurlos vorübergehen. Auf einem virtuellen Pressegespräch zeigten sich Immobilienexperten von Commerz Real und ABG Holding einig, dass sich der Markt verändern wird. Zumindest der Frankfurter Markt sei aber in einer deutlich besseren Verfassung als in früheren Krisen und werde daher mit einem blauen Auge davonkommen, hofft Andreas Wende, Geschäftsführer der Immobilienberatung NAI Apollo.Viele Banken und Unternehmen haben in den vergangenen Wochen gemerkt, dass mobiles Arbeiten auch im großen Stil gelingen kann. Das veranlasste zum Beispiel Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing kürzlich dazu, auf der Hauptversammlung darüber zu sinnieren, wie viel teure Büroflächen in den Metropolen er künftig überhaupt noch anmieten muss. Ulrich Höller, seit Jahresbeginn geschäftsführender Gesellschafter der Frankfurter ABG Holding, bezweifelt jedoch, dass sich der Trend zum Homeoffice auch nach der Pandemie dauerhaft rechnen wird: “Die Mitarbeiter werden irgendwann anfangen, Kosten bei ihren Arbeitgebern geltend zu machen, und die Betriebsräte werden auch Ansprüche stellen.” Nur temporäre Delle?NAI Apollo prognostiziert für den Frankfurter Markt einen Rückgang der Flächennachfrage von 580 000 Quadratmeter auf 350 000 Quadratmeter. Aus Höllers Sicht handelt es sich dabei jedoch nur um eine temporäre Delle, langfristig sei nur mit einem leichten Rückgang der Nachfrage zu rechnen. Dabei stützt sich der Immobilienmanager darauf, dass nach zehn Jahren Wirtschaftsboom nur wenige Büros leer stehen. “Von einer gesunden Leerstandsquote kann man bei etwa 5 bis 7 % sprechen”, so Höller. Der Frankfurter Büromarkt liege am unteren Ende, andere Märkte wie etwa München oder Berlin lägen sogar deutlich darunter. “Auch die Bauentwicklung und Fertigstellung neuer Büros ist in Frankfurt im historischen Vergleich allenfalls mittelmäßig”, unterstreicht der ABG-Chef.In Frankfurt gibt es Höller zufolge derzeit kaum spekulative Bautätigkeit. Das zeige sich etwa daran, dass von den 300 000 Quadratmetern Bürofläche, die in diesem Jahr fertiggestellt würden, bereits 200 000 Quadratmeter vermietet seien. “Die Vorvermietungsquote ist in Frankfurt generell extrem hoch”, so Höller. So seien auch von den etwa 150 000 Quadratmetern Bürofläche, die in den Folgejahren bis 2023 fertiggestellt werden, bereits die Hälfte vermietet: “Trotz der in Prozent erschreckenden Zahlen erwarte ich daher objektiv betrachtet nur moderate Einflüsse der Pandemie.”Trotzdem ist die Lage aktuell von großer Unsicherheit geprägt. Auch deshalb, weil mögliche Ratingmigrationen infolge der Krise viele Mieter am Finanzplatz Frankfurt besonders heftig treffen könnten. Vorerst bewegen jedoch andere Themen die Mieter, wie Andreas Muschter, Vorsitzender des Vorstands von Commerz Real, unterstreicht. Er berichtete von zwei Großvermietungen an Beratungsgesellschaften, die derzeit auf Eis liegen, weil die langfristigen Büro- und Arbeitskonzepte überdacht werden müssten.Das Ergebnis derartiger Überlegungen sei jedoch noch völlig offen. Einerseits hätten viele Unternehmen gemerkt, dass Homeoffice auch für große Teile der Belegschaft besser funktioniert als erwartet. Andererseits stelle die Empfehlung, Abstand zu halten, die Raumplanung vieler Konzerne in Frage, die teils nur noch von 0,7 Arbeitsplätzen pro Mitarbeiter ausgingen. “Neuerdings halten viele Unternehmen eher 3 Arbeitsplätze pro Mitarbeiter für angemessen.” Auch Günter Vornholz, Professor für Immobilienökonomie an der EBZ Business School in Bochum, hält es nicht für ausgemacht, dass das Homeoffice den Bedarf an Büroflächen dauerhaft schwächt. So habe die Pandemie auch die Defizite der Heimarbeit sichtbar gemacht: “Faktoren wie optimierte Arbeitsbedingungen und Gemeinschaftsgefühl sind nicht zu unterschätzen.”Was das Neugeschäft auf dem Frankfurter Markt betrifft, sieht der Immobilienexperte Wende von NAI Apollo nach dem totalen Einbruch Ende März wieder etwas Anlass zu Hoffnung. Zumindest bei kleineren Objekten sei etwa seit Mitte Mai wieder etwas Bewegung zu verzeichnen. Infolge der Krise werde die Zahl der Neuabschlüsse in diesem Jahr aber voraussichtlich um 25 bis 30 % sinken.