Büros werden eine wichtige Anlageklasse bleiben
Die Unsicherheit ist an die Investmentmärkte für Immobilien zurückgekehrt. Praktisch über Nacht beendete ein “Schwarzer Schwan” mit Namen Corona-Pandemie den zehn Jahre währenden Aufschwung an den Immobilienmärkten. Wie geht es weiter? Da gehen Meinungen, Einschätzungen, Expertise auseinander. In den Medien spiegelt sich die ganze Bandbreite wider, von emotional bis nüchtern, von “blaues Auge” über “große Skepsis” bis “starker Dämpfer”. Was sagen die Fakten? Die Daten für das erste Quartal 2020 zeigen weitgehend noch die Vor-Corona-Zeit, sind also wenig aussagekräftig. Für das zweite Quartal hingegen verzeichnet Jones Lang LaSalle in seinem Investmentmarktüberblick bereits einen Umsatzeinbruch von fast 50 % bei Transaktionen von Gewerbeimmobilien und Wohnimmobilienportfolien.Dass der ebenso plötzliche wie umfassende Lockdown zur Eindämmung des Coronavirus die Investitionsbereitschaft massiv bremst, überrascht nicht. Schließlich kamen Wirtschaft und öffentliches Leben abrupt zum Stillstand und haben erst angefangen, sich sehr langsam wieder zu erholen. Zunächst kümmerten sich die Investoren um bereits laufende Transaktionen, versuchten diese zum Abschluss zu bringen oder auch vereinzelt nachzuverhandeln.Im Anschluss ließen sich unterschiedliche Reaktionen der Marktteilnehmer beobachten. Die einen legten sich selbst einen Investitionsstopp oder ein Investitionsmoratorium auf, während andere bewusst nach Opportunitäten Ausschau hielten und eine dritte Gruppe weiterhin auf kleinerer Flamme weitermachte. In Summe war die Nachfrage nach Finanzierungen zwar spürbar zurückgegangen, brach aber nie komplett ab und führte weiterhin zu Geschäftsabschlüssen, wenn auch unterhalb des Volumens, das wir vor dem Ausbruch der Pandemie erwartet hatten.Die Auswirkungen der Coronakrise und die mit ihr einhergehende Rezession treffen die Immobilien-Anlageklassen sehr unterschiedlich. Der Wohnimmobilienmarkt erweist sich bislang als recht robust und die Logistikimmobilien scheinen bislang die Gewinner zu sein. Demgegenüber wurden Hotels und Einzelhandel – ausgenommen Nahversorger und Lebensmittelgeschäfte – von der Krise unmittelbar und sehr heftig getroffen. Zunehmend richtet sich der Blick nun auf die bedeutendste Anlageklasse: Büroimmobilien.Bis zum Ausbruch der Krise boomte der Markt für Büroimmobilien. Er war gekennzeichnet durch eine hohe Flächennachfrage und niedrige Leerstände. Beides führte zu steigenden Preisen und Mieten. Zugleich konnte der Neubau die Nachfrage nicht decken, was sich unter anderem in hohen Vorvermietungsquoten niederschlug. Homeroffice funktioniertLockdown und Rezession ließen den Büroflächenumsatz in Deutschland im ersten Halbjahr 2020 um rund ein Drittel sinken. Büroimmobilien blieben zwar die stärkste Anlageklasse, doch die Diskussion über die Zukunft des Büros nahm an Fahrt auf. Denn während des Lockdowns hat sich gezeigt, dass Homeoffice auch in größerem Umfang funktioniert – insbesondere die technische Anbindung. Das hat die Frage aufgeworfen, ob die Büroimmobilienmärkte vor strukturellen Veränderungen stehen.Nicht nur für professionelle Investoren, sondern auch für Immobilienbanken – wie die MünchenerHyp – kann ein weitreichender Wandel der Arbeitswelt Büro deutliche geschäftsstrategische Auswirkungen mit sich bringen. So machen bei der Bank Büroimmobilien den größten Teil des gewerblichen Finanzierungsportfolios aus. Deshalb ist es für uns wichtig zu analysieren, wie gravierend und nachhaltig die derzeit zu beobachtenden Entwicklungen an den Büroimmobilienmärkten sind und inwieweit sich daraus Folgen für die gewerbliche Immobilienfinanzierung ergeben.Zunächst gilt es dabei, die wirtschaftlichen Folgen der Rezession in den Blick zu nehmen. Die Erfahrungen aus der Vergangenheit zeigen, dass Büroimmobilienmärkte zwar mit einer gewissen Verzögerung, aber in der Regel stark auf konjunkturelle Veränderungen reagieren. Das heißt, dass im Abschwung die Mieten und die Preise sinken und im Aufschwung die Flächennachfrage wieder anzieht.Aktuell erwartet beispielsweise das Institut der deutschen Wirtschaft einen “gravierenden Ab-schwung auf dem Büromarkt”. Für die Zeit nach der Rezession rechnen viele Experten hingegen nicht mit einer Rückkehr zur Normalität der Vorkrisenzeit. Sie halten es für sehr fraglich, dass die Erfahrungen vergangener Immobilienzyklen in der aktuellen Situation noch gültig sind. Drei Entwicklungen, die während der Krise stark hervortraten, werden von vielen Experten dafür angeführt, dass es kein Zurück zur Vorkrisenzeit auf den Büromärkten geben wird.1. Veränderte BüroanforderungenDas Büro ist nicht mehr zwingend die Arbeitsstätte für alle Mitarbeiter. Die Erfahrungen aus der Coronakrise haben verdeutlicht, dass der laufende Betrieb aufrechterhalten werden kann, wenn die Mitarbeiter von zuhause oder außerhalb arbeiten. Das hat zur Folge, dass immer mehr Unternehmen darüber nachdenken, Büroarbeit anders zu definieren. Zunehmend wird darüber nachgedacht, das Büro als Treffpunkt für Besprechungen und zum persönlichen Austausch zu nutzen. Das würde insgesamt weniger Büroflächen erfordern, dafür aber mehr Besprechungsräume und flexiblere Arbeitsflächen. Zum einen ließe sich das durch Umbauten einrichten, zum anderen durch Verlegung von Standorten. So zum Beispiel durch den Umzug aus Innenstädten in Vororte oder durch die Nutzung verschiedener Satellitenstandorte, um Mitarbeitern lange Wege zu ersparen.2. Social DistancingDerzeit kann niemand vorhersagen, wie lange uns die Maßnahmen zur Eindämmung des Virus noch begleiten werden, vor allem da nicht absehbar ist, wann und ob überhaupt ein wirksamer Impfschutz möglich sein wird. Deshalb wird es auf absehbare Zeit weiter geboten sein, Abstand zu halten – auch im Büro. Social Distancing im Büro erfordert aber neue Raumkonzepte. Das betrifft insbesondere den angelsächsischen Raum, in dem Mitarbeiter in Großraumbüros recht eng zusammensitzen. Mehr Platz für den Einzelnen bedeutet somit höheren Flächenbedarf. Für Deutschland sieht Jones Lang LaSalle rund 10% mehr Flächenbedarf pro Mitarbeiter. Aber auch die Frage, der Laufwege im Gebäude, um Abstandsregeln einzuhalten, gilt es dabei zu berücksichtigen.3. HomeofficeVeränderte Raumnutzung und Social Distancing werden voraussichtlich zu einer intensiveren Nutzung von Homeoffice führen. Nach einer aktuellen Umfrage des Ifo-Instituts will mehr als die Hälfte der deutschen Unternehmen Homeoffice ausweiten, und zwar dauerhaft. Für die Unternehmen hat das den Vorteil, Kosten zu sparen, insbesondere beim Büroflächenbedarf.Aber auch viele Mitarbeiter haben an der Flexibilität, die das Homeoffice bietet, Gefallen gefunden und werden es auch künftig nutzen wollen. All dies zusammengenommen, spricht dafür, dass der Trend hin zum Homeoffice anhalten wird.Die eigenen Erfahrungen sind dabei durchaus lehrreich. Im Zuge der Corona-Pandemie konnte die MünchenerHyp zum ersten Mal konkret erleben, inwieweit das Konzept Homeoffice anwendbar und durchführbar ist. Durch Homeoffice konnten wir zum einen auch in der Hoch-phase der Pandemie den Normalbetrieb aufrechterhalten und zum anderen schätzten die Mitarbeiter die Flexibilität, die ihnen Homeoffice in dieser Zeit bot. Deshalb gehen wir inzwischen davon aus, dass der Homeoffice-Anteil, auch nach der Pandemiesituation dauerhaft 20 bis 25 % betragen wird. Das wird sich entsprechend auf unsere eigene Büroflächennachfrage und Expansionspläne auswirken. Weitere Entwicklung offenWas bedeuten die hier skizzierten Entwicklungen für den Investment- und Finanzierungsmarkt? Das Ausmaß einer künftigen Flexibilisierung der Arbeitswelt und der Intensität der Nutzung von Homeoffice lassen sich nur aus der Pandemiesituation heraus nicht verlässlich auf die Zukunft übertragen. Wir denken auch, dass sich dieser Trend in den verschiedenen Branchen und je nach Tätigkeitsbereich sehr unterschiedlich ausprägen wird. Am wahrscheinlichsten scheint es derzeit, dass Homeoffice an Bedeutung gewinnt, aber zugleich weiterhin die Mehrzahl der Mitarbeiter regelmäßig ins Büro kommen wird. Insbesondere die schnelle und zielführende Interaktion zwischen Mitarbeitern vor Ort wird nach wie vor eine große Rolle spielen.Büros werden somit eine sehr wichtige Anlageklasse bleiben. Investoren sollten sich jedoch auf eine niedrigere Gesamtnachfrage und steigende Leerstände einstellen. Das bedeutet, dass Transaktionen noch intensiver hinsichtlich Branche, Qualität und Lage des Objekts geprüft werden müssen. Die Objekte selbst müssen höheren Anforderungen an Flächenflexibilität beziehungsweise Drittverwendungsfähigkeit, digitaler Infrastruktur und Mieterstruktur gerecht werden. Weiter wichtige AnlageklasseDenn auch die Banken werden voraussichtlich höhere Maßstäbe an die Zukunftsfähigkeit und Lage der zu finanzierenden Immobilien anlegen. Ihre Herausforderung wird es sein, das vermeintlich höhere Risiko durch Marktveränderungen im Griff zu behalten. Dies ist bestimmt keine neue Weisheit, eher eine Rückbesinnung auf alte Tugenden wie “Lage, Lage, Lage” in einem sich schnell verändernden Umfeld. Jedoch ist diese Bewertung für den Investor wie für den Finanzierungspartner durch die Corona-Pandemie und ihre Folgen schwieriger geworden. Grundsätzlich erwarten wir daraus am Immobilienfinanzierungsmarkt dennoch keine substanzielle Veränderung bei der Finanzierungsbereitschaft für Büroobjekte, schon allein aufgrund der großen Bedeutung, die Büros als Anlageklasse auch in Zukunft zukommen wird.Die MünchenerHyp als Immobilienbank mit der Kernkompetenz in der Finanzierungsstrukturierung arbeitet bevorzugt mit Investoren zusammen, die in ihrer Kernkompetenz der rentierlichen Anlage in Immobilien den entsprechenden Mehrwert schaffen. Insofern setzen wir auf partnerschaftliche, langjährige Kundenbeziehungen mit professionellen Geschäftspartnern, die insbesondere im Assetmanagement einschließlich Vermietungsmanagement gut aufgestellt sind und mit ihrem Ankaufskonzept beziehungsweise Business Plan überzeugen.Selbstverständlich analysieren wir als Finanzierungspartner auch intensiv die zu finanzierenden Immobilien. Wir sind jedoch nicht der Ansicht, bei der Auswahl oder im Assetmanagement über mehr Expertise als der Investor selbst zu verfügen. Falls wir nicht von einem Vorhaben gänzlich überzeugt sind, wirkt sich dies eher auf die Finanzierungsstruktur beziehungsweise Risikobe-reitschaft aus. Maximale Beleihungsausläufe in Höhe von ca. 70 % des Marktwerts bieten aus unserer Finanzierungssicht weiterhin einen guten Risikopuffer für Wertveränderungen und Anpassungsbedarf. In der Realität liegen wir im Schnitt sogar eher bei 60 %.Darüber hinaus verstehen wir uns als Finanzierer, der flexibel und innovativ an Finanzierungsstrukturen arbeitet. Voraussetzung ist dabei immer, die positive Beantwortung der Frage “Entspricht diese Finanzierung den strategischen Leitplanken?” Falls nicht, sorgt ein schnelles “Nein” eher für positives Feedback bei den Kunden. Die Verbindlichkeit und Berechenbarkeit von Aussagen verbunden mit der dazugehörigen Lieferfähigkeit erachten wir als das Wichtigste an einer partnerschaftlichen Kundenbeziehung. Jan Polland, Bereichsleiter Gewerbliche Immobilienfinanzierung der Münchener Hypothekenbank eG