Buße erledigt, Klage offen
Mit der milliardenschweren Buße gegen ein mutmaßliches Bankenkartell im Devisenhandel hat die EU-Kommission einen Haken an eine jahrelange Untersuchung gesetzt – die zivilrechtliche Aufarbeitung gewinnt womöglich erst an Fahrt. Auf zumindest dreistellige Millionensummen hofft die Investoren-Kanzlei.jsc Frankfurt – Nach der EU-Strafe für fünf Großbanken wegen mutmaßlicher Kartellabsprachen im Devisenhandel zeigen sich Klägeranwälte optimistisch. In der Aufarbeitung der Fälle stärke die EU-Entscheidung den Investoren den Rücken, da Banken die grundsätzliche Verantwortung für die Absprachen nun nicht mehr verneinen können, sagte Boris Bronfentrinker, Partner der Kanzlei Quinn Emanuel, der Börsen-Zeitung. Die global tätige Kanzlei, die sich zugutehält, weltweit von Großbanken in diversen Verfahren mehr als 30 Mrd. Dollar erstritten zu haben, hatte im Zuge des Devisenskandals im November eine Klageschrift in New York eingereicht und im Dezember ein weiteres Dokument in London. Dreistellige Millionensummen, möglicherweise mehr, seien für die Kläger zu holen, sagt Bronfentrinker, der die Kanzlei in London vertritt. Zu den Klägern gehören auch die Allianz-Töchter Pimco und Allianz Global Investors, in den USA ist BlackRock dabei.Beziffern kann der Jurist, der ein Team auf die Untersuchungen angesetzt hat, die Forderungen nicht. Erst müssten möglichst viele Chatrooms, in denen die Händler mutmaßlich ihr Verhalten koordinierten, um die Geld-Brief-Spannen im Devisenhandel auszuweiten, genau ausgewertet werden. Zwei bis drei Jahre könne ein Verfahren insgesamt dauern.Im US-Bundesstaat New York hatten Investoren im November 2018 Klage eingereicht, darunter auch gegen die Deutsche Bank. In London folgte im Dezember eine weitere Klage, die sich den Fällen in Europa widmet. Am Donnerstag gab die EU-Kommission bekannt, gegen Citigroup, Royal Bank of Scotland, J.P. Morgan, Barclays und die japanische MUFG Bußgelder von insgesamt 1,1 Mrd. Euro zu verhängen. Die Schweizer UBS kam wegen einer Kronzeugenregel ohne Geldbuße davon (vgl. BZ vom 17. Mai).Die Banken hatten sich laut EU-Kommission zu verschiedenen Zeiträumen an den Absprachen beteiligt, die insgesamt von Dezember 2007 bis Januar 2013 reichten. Gerade einmal zwei Händlergruppen standen dabei im Visier: Der Chatroom “Essex Express ‘n the Jimmy” etwa umfasste Händler, die bis auf “James” in Essex lebten und sich im Zug nach London trafen, wie die Kommission berichtet. Persönliche Beziehungen und auf Vertrauen basierende geschlossene Kreise haben die Absprachen demnach ermöglicht. Eine weitere Gruppe tauschte sich in Chatrooms wie “Three Way Banana Split” aus. Es sei eine Verfahrensfrage gewesen, sich auf diese beiden Chatroom-Komplexe zu konzentrieren, sagt Bronfentrinker. Womöglich habe es noch weitere Absprachen gegeben.Die Deutsche Bank war bereits von Untersuchungen rund um den Devisenhandel betroffen – zu der Klage in New York, die im März neu eingereicht wurde, hat die Bank einen Antrag auf Zurückweisung gestellt, wie aus öffentlichen Unterlagen hervorgeht. Von der Klage in London und der Geldbuße der EU-Kommission ist das Haus nicht betroffen. Möglich, dass ein automatisierter Handel den Spielraum für Pfusch einschränkte. Vielleicht saßen die Händler der Deutschen Bank aber auch schlicht in einem anderen Zug.