BVI-Studie

Provisionsverbot bremst Geldanlage in Fonds

Ein Verbot von Rückvergütungen im Finanzvertrieb würde das Fondsgeschäft deutlich schmälern, analysiert der deutsche Branchenverband BVI in einem Ländervergleich. Die Rendite in der Geldanlage wäre kaum betroffen.

Provisionsverbot bremst Geldanlage in Fonds

BVI-Studie: Provisionsverbot bremst Geldanlage in Fonds

Reform der Vertriebspraxis in Großbritannien und Niederlande zeigt deutliche Spuren, wie eine statistische Auswertung des deutschen Branchenverbands zeigt

jsc Frankfurt

Im Streit über das Für und Wider eines Provisionsverbots im Finanzvertrieb will der deutsche Fondsverband BVI seine Argumente mit einer statistischen Auswertung untermauern: Während ein Aus für Vertriebsprovisionen demnach keine wesentlichen Folgen auf das Anlageergebnis für private Haushalte hat, sinkt zugleich der Fondsabsatz rapide, wie die Interessenvertretung in einer Studie aufzeigt.

Der Verband wertete dazu Rendite und Neugeschäft in 13 europäischen Ländern seit dem Jahr 1999 aus – darunter in Großbritannien und den Niederlanden, wo Vertriebsprovisionen im Fondsgeschäft seit 2013 und 2014 verboten sind. In beiden Ländern entfällt damit ein wesentlicher Kostenblock, der über die Fondsgebühren abgedeckt wird. Trotzdem hat ein Verbot laut der Analyse keinen statistisch belastbaren Effekt auf das Anlageergebnis. "Ein Provisionsverbot führt nicht zu höheren Renditen für Privatanleger", schreibt der Verband.

Modell mit Vor- und Nachteilen

Die BVI-Experten Jan Simanovski und Markus Michel sahen sich die Rendite in der Geldanlage privater Haushalte an. Ein Vergleich auf Produktebene, also nur zwischen den Fonds selbst, war damit nicht Gegenstand der Studie – was zählt, ist das Gesamtergebnis der Geldanlage.

Ein Vorteil: Separat erhobene Depot- und Beratungskosten, wie sie in einem Honorarmodell anfallen, schmälern das Anlageergebnis ebenso wie Fondsgebühren. Die Analyse berücksichtigt auf diese Weise also etwaige Honorarkosten genauso wie Produktkosten. Ein Nachteil: Die Studie vergleicht verschiedene Portfolios in der Geldanlage, die von Land zu Land sehr unterschiedlich sein können. Der Blick auf bestimmte Fondskategorien geht damit verloren.

Appetit auf Fonds schwindet

Ebenfalls sahen sich die Experten an, wie sich die Nettomittelzuflüsse in Fonds vor und nach dem Verbot in Großbritannien und den Niederlanden veränderten. Dabei schätzen sie den Effekt der Länder sowie der Kapitalmarktentwicklung selbst ein. Ergebnis: Ohne Provisionsverbot wäre der Zufluss in beiden Ländern vermutlich deutlich höher gewesen.

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Laut Modell hätte jeder private Anleger ab 15 Jahren in den Niederlanden seit 2014 statt lediglich 18 Euro etwa fünf- bis sechsmal so viel je Quartal in Investmentfonds angelegt. In Großbritannien, wo der Brexit die Börsenkurse belastete, wären demnach nicht etwa Abflüsse von 43 Euro pro Quartal, sondern Zuflüsse in etwa auf dem Niveau des Neugeschäfts in Portugal zu erwarten gewesen. In Deutschland sind die Zuflüsse mit 163 Euro pro Kopf und Quartal vergleichsweise hoch.

Wie stark der Effekt tatsächlich ist, lässt sich wegen der üblichen Schwankungen in der Statistik nicht genau festhalten. Das Ergebnis des Modells ist aber statistisch signifikant, also vermutlich nicht bloß ein Produkt des Zufalls. Ein ähnliches Ergebnis zeigt sich, wenn zusätzlich die Teilverbote in Dänemark und Finnland statistisch als Verbot gezählt werden.

"Idee ist noch nicht vom Tisch"

Hatte die EU-Kommission zeitweilig ein Verbot von Vertriebsprovisionen ins Auge gefasst, sieht sie in ihrer Kleinanlegerstrategie bislang davon ab. "Doch die Idee ist noch nicht vom Tisch", warnt aber der Verband. Einen geplanten Stopp von Rückvergütung in einem Teilbereich des Fondsvertriebs, nämlich im beratungsfreien Geschäft, wertet der BVI als "ersten Schritt" eines Verbots. Ein Ende von Vertriebsprovisionen halte Menschen von einer kapitalmarktnahen Geldanlage ab und untergrabe damit ein Ziel der EU-Kommission, argumentiert der Verband.

Union Investment vs. Quirin Bank

In Deutschland sind Vertriebsprovisionen im Massengeschäft üblich. Die Höhe der Vergütungen liegt zuweilen etwa auf dem Niveau einer Honorarberatung. Das zeigt ein Vergleich der Fondsgesellschaft Union Investment, die Vertriebsprovisionen vorsieht, und der Quirin Privatbank, die das Honorarmodell verfolgt.

So kehrt Union Investment aus dem Mischfonds "Privatfonds: kontrolliert" eine Rückvergütung von 0,60 bis 0,72% an die jeweilige Bank aus. Ein Ausgabeaufschlag ist nicht vorgesehen. Die Quirin Privatbank verlangt in einem mittleren Preismodell 0,84% im Jahr, telefonische Beratung inklusive. Eine umfangreiche Betreuung ("exklusiv") kostet 1,28%, ein digitales Angebot ohne Beratung 0,48%.

Ein Vergleich ist allerdings schwierig. Weitere Fondskosten kommen in beiden Fällen noch hinzu. Beratungsleistungen sind nicht normiert und Vergütungsmodelle von Fall zu Fall verschieden.

Wertberichtigt Seite 2
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