Cash-Management - die unterschätzte Disziplin
Bei der Suche nach Mehrertrag zählt jeder Basispunkt. Investoren haben dabei vor allem neue Strategien und Assetklassen im Blick. Aber auch der Umgang mit den Barmitteln im Fonds hat einen Einfluss auf die Gesamtperformance. Gerade im Niedrigzinsumfeld kann effektives Cash-Management wertvolle Basispunkte sichern.Das Vorhalten von Bargeldbeständen ist ein elementarer Bestandteil des Portfoliomanagements. Zwar ist das aktive Management der Barbestände primär nicht auf das Erzielen eines Mehrertrages ausgerichtet und verfolgt somit keine explizite Renditestrategie. Dennoch gilt es, auch das Cash-Management so auszugestalten, dass die Barmittel effektiv und insbesondere nicht zulasten der Fondsperformance eingesetzt werden. Gerade im aktuell vorherrschenden Niedrigzinsumfeld, in dem die Bargeldhaltung durch Negativzinsen belastet ist, erhält die Optimierung der Kassenbestände zunehmend mehr Bedeutung. Emir erhöht den Cash-BedarfAusschlaggebend für die Höhe der Kasse sind die individuellen Anlagepräferenzen des einzelnen Investors. Dabei übt unter anderem die Einschätzung der Marktlage Einfluss auf die Höhe der Barmittel aus. So steigt die Cash-Quote in der Regel vor allem in Zeiten krisenhafter Märkte an – also dann, wenn Investoren Risiko aus dem Portfolio herausnehmen möchten. Gerade in einer solchen Situation ist der effiziente Umgang mit Cash besonders wichtig. Denn die Rückführung von Risiko bedeutet gleichzeitig auch einen Verzicht auf Renditechancen und stellt somit einen einschränkenden Performancefaktor dar.Aber besonders regulatorische Anforderungen können die Höhe der Cash-Quote bestimmen. Als Beispiel sei hier der Einsatz derivativer Finanzinstrumente genannt. So sieht die European Market Infrastructure Regulation (Emir) die Verpflichtung zum Clearing aller außerbörslich gehandelten OTC-Derivategeschäfte vor. Die dabei geforderte Hinterlegung von Sicherheiten erfolgt in der Regel in Form von Cash. Die entsprechenden Barmittel werden direkt vom Clearer dem Konto des Investors belastet. Aber auch nicht clearingpflichtige Derivate unterliegen nach Emir einer Besicherungspflicht. Im bilateralen Collateral-Management wird nahezu zu 100 % mit Cash besichert. Dieses Vorgehen macht das Halten einer täglich verfügbaren Kasse in nicht unbeträchtlicher Höhe erforderlich.Die Relevanz eines optimierten Cash-Managements zeigt sich exemplarisch an folgender Berechnung: Bei einem Fonds, der Derivate zum Einsatz bringt, ist eine Cash-Quote von ca. 5 % durchaus üblich. Bei einem Fondsvermögen von 1 Mrd. Euro beträgt der Kassenbestand somit 50 Mill. Euro. Im vergangenen Jahr führte die Europäische Zentralbank (EZB) einen Negativzins von zunächst 0,1 % und ab September sogar von 0,2 % auf bei ihr gehaltene Einlagen ein. Unter der Annahme, dass die Depotbanken die Strafzinsen an die Investoren weitergeben, würden diese den Fonds mit 100 000 Euro pro Jahr belasten.Laut BVI lag das Anlagevolumen des Spezialinvestmentvermögens Ende 2014 bei 1,231 Bill. Euro. Nimmt man auch in diesem Fall eine Cash-Quote von 5 % an, würden im Spezialfondsbereich Mehrkosten in Höhe von 123 Mill. Euro pro Jahr zu Buche schlagen. Diese beispielhaften Berechnungen vermitteln lediglich einen ungefähren Eindruck über die Herausforderungen der Barmittelverwaltung im Portfoliomanagement. In der Investmentpraxis kann das Belastungspotenzial je nach tatsächlicher Cash-Quote geringer, aber auch höher ausfallen. Schwieriger GeldmarktDem Erfordernis eines optimierten Cash-Managements steht ein infolge der Finanzmarktkrise zunehmend intransparenter und verzerrter Geldmarkt entgegen. Der Interbankenhandel funktioniert heute nur noch eingeschränkt. Viele Marktteilnehmer weichen mit steigender Tendenz auf den besicherten Geldmarkt und den anonymen Handel über regulierte Handelsplattformen aus. Gängige Geldmarktindizes haben daher eine geringe Aussagekraft. So werden die Euribor-Sätze heute teilweise nur noch taxiert, das heißt anhand von Schätzkursen auf der Basis geringer Umsätze ermittelt.Portfoliomanager haben verschiedene Optionen, um den beschriebenen Herausforderungen zu begegnen. Dabei empfiehlt es sich, zunächst das Spektrum der Geldhandelspartner gezielt zu erweitern. Dies ist mit einem Umdenken verbunden. Waren bisher nur die größeren und bekannten Adressen für Geldhandelsgeschäfte interessant, empfiehlt es sich mittlerweile, auch kleinere Häuser in die Geldmarktgeschäfte einzubeziehen. Denn gerade kleine Häuser bieten oft interessante Möglichkeiten durch speziellen Refinanzierungsbedarf in bestimmten Laufzeiten.Für die Auswahl der Handelspartner sollten im Weiteren sinnvolle Parameter entwickelt werden, die ein optimales Matching der unterschiedlichen Anlageoptionen mit den Investmentvorgaben der Investoren ermöglichen. Da für die Sondervermögen sehr heterogene Anlagerichtlinien und somit Risikovorgaben gelten, empfiehlt sich, eine möglichst breite Auswahl an Kontrahenten anzustreben. Zu den möglichen Parametern sollte neben Kriterien wie dem haftenden Eigenkapital, der Bonität und dem Rating auch die Zugehörigkeit zu einer Einlagensicherung gehören. Hier gibt es neben den Sicherungseinrichtungen der Sparkassen und Landesbanken sowie der Genossenschaftsbanken auch die freiwillige Mitgliedschaft bei der Einlagensicherung des Bankenverbands. Die Einlagensicherung ist vor allem für Sondervermögen von Versorgungswerken und Versicherungen ein wichtiges Kriterium. Chancen rechtzeitig erkennenIm aktuellen Umfeld negativer Zinsen ist es für ein optimiertes Cash-Management unvermeidbar, die mitunter zu beobachtende stiefmütterliche Behandlung der Assetklasse Cash aufzugeben und den Markt täglich genau zu beobachten, um Chancen rechtzeitig zu erkennen. In Zeiten nur taxierter Indizes und gestiegener Intransparenz kann dies nur durch den persönlichen und steten Kontakt zu den Handelspartnern am Geldmarkt funktionieren. Denn die genaue Kenntnis der Geldhandelspartner und ihrer Refinanzierungsbedürfnisse trägt erheblich zur Optimierung des Cash-Managements bei.Darüber hinaus erweist sich auch die Bündelung der Geldmarktaktivitäten in einem Cash-Management-Team als Vorteil. Im Gegensatz zur Situation, in der jeder Fondsmanager einer Fondsgesellschaft isoliert agiert, ermöglicht das Cash-Team-Modell einen kompletten Überblick über den kurzfristigen Anlagebedarf sämtlicher Sondervermögen.Durch die Bündelung aller Cash-Management-Aktivitäten in einem Team haben die Kontrahenten einen zentralen Ansprechpartner, wenn in bestimmten Laufzeiten Refinanzierungsbedarf besteht. Somit können Angebot und Nachfrage im Geldmarkt optimal zusammengebracht und Synergien gehoben werden. Gleichzeitig eröffnet die Bündelung der Cash-Management-Aktivitäten die Möglichkeit, klassische Instrumente aus dem Banken-Treasury auch in der Welt des Assetmanagements zum Einsatz zu bringen. So kann es sich für Assetmanager lohnen, die liquiden Mittel der einzelnen Sondervermögen in einem eigenen Cash-Fonds zu bündeln. Da hierdurch eine Form des Cash-Pooling erfolgt, kann ein Bodensatz errechnet werden. Dieser beschreibt Barmittel, welche unter Berücksichtigung verschiedener Szenarien der Liquiditätssteuerung berechnet werden, also den Cash-Anteil, der für längerfristige Anlagen verwendet werden kann.Durch diese sogenannte Fristentransformation können Teile der Kasse längerfristig angelegt werden. Die Mehreinnahmen durch bessere Sätze in den längeren Laufzeiten kommen den einzelnen Sondervermögen zu Gute. Der Bereich Cash-Management weist somit in vielerlei Hinsicht Optimierungsmöglichkeiten auf, die sowohl Umdenken wie auch Kreativität erfordern: Denn jeder Basispunkt zählt.—Martin Aschenbrenner Leiter Cash-Management bei der BayernInvest