Cerberus gibt den Aktivisten

Großaktionär setzt Commerzbank öffentlich unter Druck und fordert Aufsichtsratsmandate

Cerberus gibt den Aktivisten

Mitten in die Vorbereitungen für zusätzliche Einsparungen ist der Commerzbank ein Brief ins Haus geflattert, in dem das Fehlen einer überzeugenden Strategie bemängelt wird. Absender ist nicht etwa ein aktivistischer Aktionär, sondern der am deutschen Bankenmarkt breit engagierte Finanzinvestor Cerberus, Von Anna Sleegers, FrankfurtVier Wochen nach der letzten ordentlichen Hauptversammlung gerät das Top-Management der Commerzbank wegen der enttäuschenden Profitabilität unter Druck. In einem Schreiben beklagt der über verschiedene Rechtseinheiten mit insgesamt mehr als 5 % an der Commerzbank beteiligte Finanzinvestor Cerberus das Fehlen einer überzeugenden Strategie und die mangelnde Profitabilität im Vergleich mit ähnlich positionierten europäischen Wettbewerbern (siehe Tabelle).”Unsere langfristige Investition in die Gesellschaft basierte auf der zugrundeliegenden Stärke des Kerngeschäfts der Commerzbank und ihrer starken Stellung als Kreditgeber des deutschen Mittelstands”, heißt es in dem Brief. Cerberus sei davon überzeugt gewesen, dass sich durch die Beteiligung an der Commerzbank eine einmalige Gelegenheit bot, ihre Position in der Bankenlandschaft zu stärken.Die Vorgehensweise, das Top-Management von Minderheitsbeteiligung durch pointiert formulierte Beschwerdebriefe unter Druck zu setzen, ist das übliche Vorgehen sogenannter aktivistischer Investoren, wie Petrus Advisers, die sich im Zuge der Comdirect-Übernahme durch die Konzernmutter Commerzbank eine höhere Übernahmeprämie sicherte, oder des Hedgefonds Teleios, der die Aareal Bank unter Druck gesetzt hat.In diese Kategorie gehört der Finanzinvestor Cerberus bislang nicht. Die Gesellschaft, die während der Finanzkrise begonnen hat, sich in den deutschen Bankenmarkt einzukaufen, bemüht sich vielmehr darum, als langfristiger strategischer Investor ernstgenommen zu werden. Cerberus ist nicht nur mehrheitlich an der in HCOB umbenannten HSH Nordbank beteiligt sein, sondern ist auch bei der Deutschen Bank engagiert.Letztere hatte ein zeitweise ein Beratungsmandat an die Tochtergesellschaft Cerberus Operations and Advisory Company vergeben, was wegen möglicher Interessenkonflikte bei anderen Investoren für Kritik gesorgt hatte. In Finanzkreisen wird nun gemutmaßt, dass sich Cerberus mit der Androhung eines aktivistischen Gebarens auch bei der Commerzbank ein Beratungsmandat verschaffen wollte. Nachdem der Aufsichtsrat dies abgelehnt habe, sei pünktlich zur Aufsichtsratssitzung am Mittwoch der Brief abgeschickt worden. 400 Mill. Euro verbranntIn dieser Lesart hat sich der Finanzinvestor mit dem Engagement bei der Commerzbank verspekuliert, indem er erst auf steigende Zinsen und dann auf eine Fusion mit der Deutschen Bank gesetzt hatte, zu der es nicht kam. Angesichts des massiven Kursverfalls, mit dem Cerberus etwa 400 Mill. Euro verbrannt hat, versuche die Gesellschaft die eigenen Investoren zu besänftigen – sei es mit einem Beratungsmandat oder auch nur mit einer öffentlichkeitswirksamen Geste.Gegen diese Deutung spricht allerdings, dass ein Beratungsmandat bestenfalls einen niedrigen zweistelligen Millionenbetrag und damit nur einen Bruchteil des verbrannten Investments einbringen würde. Angesichts der anhaltenden Kritik, die schon das Beratermandat bei der Deutschen Bank hervorgerufen hatte, wäre dies auch mit Blick auf künftige Engagements etwa bei der Nord/LB womöglich wenig hilfreich.Laut einer anderen Version, die in der Branche kursiert, ist Cerberus nach mehr als 70 Terminen mit verschiedenen Vertretern des Topmanagements der Commerzbank schlicht der Kragen geplatzt. Anlass sei die Rede von Vorstandschef Martin Zielke auf der Hauptversammlung gewesen, in der er länglich über die volkswirtschaftliche Bedeutung der Commerzbank für den deutschen Mittelstand referierte, die Interessen der Aktionäre jedoch mit kaum einem Wort bedachte.Die Commerzbank bestätigte, dass sie mit ihrem Großaktionär Cerberus seit mehreren Jahren intensive Gespräche führt und diese “in einem angemessenen Rahmen” fortführen werde. “Wie bereits angekündigt wird die Bank voraussichtlich mit der Veröffentlichung der Zahlen zum 2. Quartal 2020 eine Weiterentwicklung dieser Strategie vorstellen, an der derzeit gearbeitet wird”, heißt es darin weiter.Den Gremien der Bank sei bewusst, dass die Wertentwicklung am Kapitalmarkt nicht zufriedenstellend ist. Die Commerzbank nehme auch kritische Meinungsäußerungen wie diesen sorgfältig auf und werde diese in interne Erörterungen und in den Dialog mit ihren Eigentümern einfließen lassen. – Personen Seite 16