Chef von Prüfer-Aufsicht handelte Wirecard-Aktien
sp Berlin – Der Chef der Wirtschaftsprüferaufsichtsstelle Apas, Ralf Bose, hat wenige Wochen vor dem Zusammenbruch des Zahlungsdienstleisters Wirecard mit Aktien des Unternehmens gehandelt. Das hat Bose, der dem Bundeswirtschaftsministerium unterstellt ist, in der Nacht zum Freitag vor dem parlamentarischen Untersuchungsausschuss zum milliardenschweren Bilanzskandal bei Wirecard auf Nachfrage der SPD-Abgeordneten Cansel Kiziltepe eingeräumt. Mehrere Abgeordnete forderten Bose zum Rücktritt auf. Danyal Bayaz, der für die Grünen im Untersuchungsausschuss sitzt, hat eine Verdachtsanzeige bei der Hinweisgeberstelle der Finanzmarktaufsicht BaFin gemäß Art. 7 und Art. 8 der Marktmissbrauchsverordnung hinterlegt. “Nach meinem Verständnis legen die Aussagen von Ralf Bose (. . .) den Verdacht von Insiderhandel nahe”, erklärte Bayaz. “Wenn sich der Verdacht bestätigt, muss die BaFin unverzüglich Strafanzeige gegen Herrn Bose stellen.”Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) reagierte “befremdet” auf die Darstellung Boses im Untersuchungsausschuss. Altmaier kündigte an, die Transaktionen des Behördenleiters kritisch hinterfragen und prüfen zu wollen, ob bei der Apas Regeln missachtet worden seien. Matthias Hauer, Obmann der CDU/CSU-Fraktion im Untersuchungssausschuss, wurde deutlicher: “Dass Apas-Chef Bose während eines laufenden berufsrechtlichen Verfahrens gegen EY-Prüfer mit Wirecard-Aktien gehandelt hat, ist starker Tobak. Ein solches Verhalten kann nicht ohne Konsequenzen für ihn persönlich bleiben.”Die Apas beaufsichtigt Wirtschaftsprüfer wie KPMG und EY, die bei Wirecard involviert waren. Während die Bundesbehörde die Arbeit des damaligen Wirecard-Bilanzprüfers Ernst & Young (EY) unter die Lupe nahm, handelte Bose mit Aktien des mittlerweile kollabierten Zahlungsabwicklers. Der Zeitpunkt der Transaktionen ist besonders pikant. Denn Bose kaufte die Aktien am 28. April, just an dem Tag, als KPMG ihren Sonderbericht zu Wirecard veröffentlichte, in dem die Wirtschaftsprüfer ein vernichtendes Urteil über die Zustände bei dem Zahlungsdienstleister fällten. Der Verkauf der Aktien erfolgte am 20. Mai, an dem auch ein Telefonat zwischen der Apas und der Finanzaufsicht BaFin zu aufsichtsrechtlichen Erkenntnissen im Zusammenhang mit dem KPMG-Bericht stattgefunden hat.Einen Gewinn hat Bose mit seinem Investment bei Wirecard zwar nicht gemacht, und die Mitarbeiter der Apas müssen Aktienkäufe selbst von Unternehmen, deren Wirtschaftsprüfer sie untersuchen, nur melden, wenn der Wert des Aktienpakets mehr als 5 % ihres Vermögens ausmacht, wie der Informationsdienst des Bundestags schreibt. Doch allein die Möglichkeit einer persönlichen Bereicherung durch dienstlich erworbene Informationen im Zusammenhang mit Wirecard ist brisant.”Private Aktiengeschäfte mit Wirecard-Aktien just zu der Zeit, in der die eigene Behörde gegen den Abschlussprüfer des Unternehmens ermittelt, sind eine riesige Instinktlosigkeit”, sagte FDP-Politiker Florian Toncar. Die Apas brauche einen Neuanfang an der Spitze. Ähnlich äußerten sich Linken-Abgeordneter Fabio De Masi und auch Bayaz. Unangenehm ist der Vorgang auch für das Wirtschaftsministerium, das die Versäumnisse der Politik am liebsten ganz im Verantwortungsbereich von Finanzminister Olaf Scholz (SPD) verorten würde. Der steht vor allem wegen der Rolle der Finanzmarktaufsicht BaFin unter Druck. Dass Wirecard zu den von BaFin-Mitarbeitern am stärksten gehandelten Wertpapieren zählte, ist nur einer der Makel, die der Behörde anhaften. – Wertberichtigt Seite 6