Chef von US-Einlagensicherung kritisiert Schweiz wegen Credit-Suisse-Rettung
US-Regulator kritisiert Rettung der Credit Suisse
Eidgenossen hätten Geldhaus laut FDIC-Chef Gruenberg abwickeln sollen – Warnung vor Verlass auf Bail-outs in Amerika
xaw New York
Der Chef der amerikanischen Einlagensicherung FDIC hat die Schweiz wegen ihres Umgangs mit der kollabierten Credit Suisse kritisiert. Die Entscheidung der eidgenössischen Regulatoren, eine Übernahme des Zürcher Geldhauses durch die Konkurrentin UBS zu vermitteln, sei „nicht hilfreich“ gewesen, sagte der US-Behördenvorsitzende Martin Gruenberg gegenüber der „Financial Times“. Auf einer Veranstaltung des Washingtoner Thinktanks Peterson Institute führte der FDIC-Chef am Mittwoch aus, die Schweiz sei vom nach der Finanzkrise 2008 vereinbarten internationalen Standard abgewichen, indem sie im vergangenen Jahr keine Abwicklung der Credit Suisse eingeleitet habe.
Die FDIC würde nach Darstellung Gruenbergs in einem ähnlichen Fall nicht vor einer Abwicklung zurückschrecken. Dies sei selbst für den Branchenprimus J.P. Morgan oder die sieben anderen global systemrelevanten US-Institute „machbar“, eine geordnete Auflösung scheiternder Kredithäuser sei mit Blick auf die Finanz- und Marktstabilität zu bevorzugen. Die Einlagensicherung wolle Investoren, Gläubiger und Management-Teams daran erinnern, dass sie sich nicht auf staatliche Bail-outs wie nach dem Kollaps von Lehman Brothers 2008 verlassen könnten.
Kompetenzen von Behörden ausgeweitet
Durch den in Reaktion auf die Finanzkrise beschlossenen Dodd-Frank Act erhielten die FDIC und andere Bundesbehörden der Vereinigten Staaten deutlich ausgeweitete Kompetenzen bei der Regulierung global aktiver Großbanken. Bisher haben sie diese allerdings nie eingesetzt. Zwar kam es im Zuge der Turbulenzen unter amerikanischen Regionalinstituten im vergangenen Jahr mit dem Kollaps von Silicon Valley Bank (SVB), Signature Bank und First Republic Bank zu drei der vier größten Bankzusammenbrüche der US-Geschichte. Allerdings waren die betroffenen Häuser noch immer klein genug, um unter die Standardprozesse der Einlagensicherung zu fallen.
Die FDIC stellte die Institute unter Zwangsverwaltung und versteigerte ihre Assets bzw. bildete Joint Ventures, um riskante Kredite aus ihren Portfolios zu verwalten. Allerdings übten Marktteilnehmer in diesem Zuge deutliche Kritik an der Behörde. Nicht nur hätten die FDIC-Prüfer Mängel vor dem Kollaps der Regionalbanken, deren Anleihebestände hohe nicht realisierte Verluste enthielten, übersehen. Auch die Suche nach einem Käufer für die Assets der Signature Bank und der SVB habe viel zu lange gedauert: Bis zur Übernahme vergingen acht bzw. sogar 17 Tage.
Verzögerungen verstärken Unsicherheit
Der Vizechef der Einlagensicherung, Travis Hill, räumte darauf ein, die Verzögerung habe die Unsicherheit im Finanzsektor erhöht und die Krise verschärft. Allerdings garantierte die FDIC zugleich im Widerspruch zum eigenen Regelwerk die Depositen der SVB – was hohe Folgekosten auch für die US-Großbanken nach sich zog, die verpflichtet waren, den daraufhin leergefegten Reservefonds der Einlagensicherung wieder aufzufüllen.
Gruenberg betonte nun, der Kollaps einer global systemrelevanten Bank sei „in jedem Fall außerordentlich herausfordernd für das Finanzsystem“. Gerade deshalb sei es aber wichtig, das regulatorischen Vorgehen im Vorhinein klar aufzuzeichnen. Die größten Banken mit grenzüberschreitenden Geschäften müssen seit der Finanzkrise sogenannte „Living Wills“ vorweisen können, in denen Pläne zur Abwicklung festgehalten sind. Die ursprünglichen Entwürfe kritisierten Marktbeobachter dabei als unzureichend, laut Gruenberg hat sich dies in den vergangenen zehn bis zwölf Jahren aber geändert.
Harte Maßnahmen
In den USA würde der Regulator bei einer Bankenabwicklung zunächst das Spitzenmanagement ablösen. Zudem müssten Aktionäre Totalverluste und Gläubiger der jeweiligen Holding hohe Verluste hinnehmen. Allerdings soll es in der Folge möglich sein, zentrale Geschäftseinheiten und Tochtergesellschaften in Betrieb zu halten und Ansteckungseffekte im Finanzsystem zu verringern.
Eine Untersuchung des Financial Stability Board im Nachgang zum Kollaps der Credit Suisse ergab, dass Schweizer Regulatoren zu einer Abwicklung des Zürcher Geldhauses durchaus in der Lage gewesen wären. Stattdessen arbeiteten sie einen umstrittenen Rettungsplan aus, in dem Aktionäre gegenüber Nachranganleihegläubigern bevorzugt behandelt wurden. Gruenberg äußerte seine Kritik an dem Vorgehen am selben Tag, an dem Bern Vorschläge für eine Stärkung des Schweizer Bankensystems vorlegte.