Brücken bauen: dieses Motto ist seit jeher ein wichtiges Thema, und Brücken müssen auch in der Finanzwelt gebaut werden, ganz besonders in Zeiten geprägt von geopolitischen Spannungen, welche die Finanzmärkte sehr anfällig erscheinen lassen.Die aktuelle EU-Kommission in Brüssel, deren Mandat in einigen Wochen endet, als auch die europäischen Aufsichtsbehörden haben in den vergangenen Monaten eine Vielfalt von Regelungen und Richtlinien angenommen oder vorbereitet, die alle direkt oder indirekt Einfluss auf das Kapitalmarktgeschehen haben und mehr oder minder die künftige Organisation der Märkte und die Abwicklung der Finanztransaktionen beeinflussen werden. Interessant sein wird wie die neue Europäische Kommission unter Präsident Jean-Claude Juncker, der als ehemaliger Luxemburger Staatsminister reichlich Erfahrung als Brückenbauer aufweisen kann, die Prioritäten setzen wird, um, wie angekündigt, Arbeitsplätze, Wachstum und Investitionen zu schaffen. Ebenfalls wird seine langjährige Erfahrung als Vorsitzender der Eurogruppe ihm erlauben, die Situation der Finanzmärkte bestmöglich einzuschätzen.Für einen internationalen Börsenplatz wie Luxemburg gilt es in dieser Phase die Situation vorausschauend zu beobachten und richtig einzuschätzen, Signale früh zu erkennen und die daraus resultierenden Möglichkeiten zu nutzen. Brücken bauen ist auf diesem Gebiet besonders wichtig für die Luxemburger Börse, die eine lange Erfahrung als Vorreiter bei innovativen Finanzprodukten aufweisen kann. Vorreiter in vielen BereichenIm vergangenen Jahr hat die Luxemburger Börse auf 50 Jahre erfolgreiche Notierungen von internationalen Wertpapieren, ihr Kerngeschäft, zurückblicken können. Emittenten aus fünf Kontinenten wenden sich an Luxemburg, um ihre Wertpapiere an der hiesigen Börse zum Handel zuzulassen, darunter auch ein Großteil der Dax-Konzerne sowie zahlreiche Emittenten aus dem deutschen Mittelstand. Mit derzeit fast 40 000 notierten Wertpapieren in 54 verschiedenen Währungen, wovon 27 000 Anleihen aus über 100 Ländern betreffen, zeichnet sich gegenwärtig ein stabiles Bild einer Börse mit langjähriger Erfahrung und internationalen Wurzeln.Jahrzehntelanges Know-how, eine effiziente Abwicklung der entsprechenden Prüf- und Zulassungsprozesse, eine hochmoderne IT-Infrastruktur gepaart mit einer verlässlichen Qualitätskontrolle der Wertpapierinformationen machen Luxemburg weltweit zur Referenzbörse in diesem Bereich.Daneben hat sie seit 1986 eine Vorreiterrolle bei der ersten Notierung eines chinesischen Wertpapieremittenten gespielt. 1990 wurde sodann der erste GDR (Global Depository Receipt) an der Luxemburger Börse notiert, gefolgt im Jahre 1994 von der ersten chinesischen Staatsanleihe. Stabile Brücke nach ChinaIn nur kurzer Zeit hat sich die chinesische Landeswährung, der Renminbi oder RMB, zu einer der weltweit gefragtesten Währungen entwickelt, und deren internationale Verbreitung hat die Notwendigkeit für einen angemessenen Hub in Europa geschaffen.Seit mehreren Jahren hat sich der Luxemburger Finanzplatz dazu verpflichtet, seine Kompetenz und Erfahrung einzubringen, um sich als verlässlicher Partner Chinas zu beweisen und dessen Bemühungen hinsichtlich der Internationalisierung des Renminbi zu unterstützen. Im Laufe der letzten drei Jahre hat die Luxemburger Regierung, zusammen mit den wichtigsten Akteuren des Finanzplatzes, die Basis geschaffen, um dem Land einen gebührenden Platz im internationalen Finanzgeschäft mit China und der chinesischen Währung zu sichern.Luxemburg kann eine lange, vertrauenswürdige Geschichte als internationales Finanzzentrum in Europa aufweisen, welche sich ebenfalls positiv auswirkt, um ein führendes Zentrum für auf Renminbi lautende Transaktionen außerhalb Chinas zu werden und so eine weitere Entwicklung seiner historischen Rolle in der Finanzwelt als Brückenbauer zwischen China und Europa voranzutreiben. Langfristiges ProjektIn den letzten Monaten haben zwei weitere chinesische Banken angekündigt, sich in Luxemburg mit ihren europäischen Hauptquartieren niederlassen zu wollen, was ihre Zahl auf sechs in der nächsten Zukunft erhöhen wird.Daneben haben die Luxemburger Zentralbank und die People’s Bank of China rezent ein Memorandum of Understanding unterzeichnet, welches den Rahmen für die zukünftige Benennung einer Renminbi-Abwicklungsbank in Luxemburg regelt, zwecks einer weiteren effizienten Entwicklung von auf Renminbi lautenden Transaktionen innerhalb Luxemburgs und Europas. Die Luxemburger Fondsvereinigung Alfi unterzeichnete ebenfalls eine Absichtserklärung mit ihrem Pendant, der chinesischen Asset-Management-Vereinigung AMAC, um die Zusammenarbeit zwischen beiden Organisationen zu verbessern.Für die Luxemburger Börse ist der Erfolg in diesen Märkten ein langfristiges Projekt. Die erste Notierung einer internationalen Anleihe in RMB an der hiesigen Börse fand im Jahr 2011 statt. Seitdem ist die Zahl der Notierungen kontinuierlich gewachsen, so dass bis heute deren 43 aus 20 Ländern und für einen Betrag von über 30 Mrd. RMB gehandelt werden können. Damit ist die Luxemburger Börse der wichtigste Notierungsplatz für sogenannte Dim-Sum-Anleihen außerhalb Asiens und die Nummer 3 weltweit.Da die meisten Emittenten der aktuellen Dim-Sum-Anleihen keine Chinesen sind, versuchen wir unser Angebot für chinesische Emittenten in der Zukunft noch attraktiver zu gestalten. Um dieses Ziel zu erreichen, baut die Börse die Beziehungen mit den wichtigsten Akteuren in den chinesischen Märkten aus, insbesondere mit jenen, die maßgeblich an den Kapitalmarkttransaktionen beteiligt sind. Zusammenarbeit stärkenDaneben hat die Luxemburger Börse vor kurzem mit der Börse von Shenzhen sowie mit der Bank of China Group zwei Absichtserklärungen unterzeichnet. Das wichtigste Ziel dieser Vereinbarungen ist eine langfristige und verbesserte Entwicklung der Notierungsaktivitäten in unserem gemeinsamen Interesse, welche sich aber nicht ausschließlich nur auf das RMB-Segment beschränkt. Ein weiteres Ziel ist es, chinesischen Emittenten den Zugang zu unseren Märkten sowie zu den internationalen Investoren zu vereinfachen. Darüber hinaus erlaubt uns dies, die über zehnjährige Zusammenarbeit mit der Börse von Schanghai, der größten chinesischen Börse, zu stärken und gemeinsam erfolgreichen chinesischen Unternehmern zu mehr Visibilität auf internationaler Ebene zu verhelfen.Um den Handel sowie den Zugriff auf relevante Informationen für Marktteilnehmer zu vereinfachen, hat die Luxemburger Börse rezent auch ein eigenes spezifisches Segment für Renminbi-Anleihen auf ihrer Handelsplattform eingerichtet.Aufgrund dieser Zusammenarbeit und der großen Anzahl von bestehenden RMB-Einlagen und -Krediten und anderen in RMB investierten Vermögenswerten ist Luxemburg gut aufgestellt, um sich als eine führende europäische Drehscheibe für die chinesische Währung zu etablieren. Tiefgreifende EntwicklungDurch die Vertiefung der Beziehungen und die Zusammenarbeit ist die Luxemburger Börse überzeugt, dass jeder von den Erfahrungen und dem Know-how des jeweils anderen profitieren kann und dass die Marktteilnehmer und die Finanzdienstleistungsbranche in Europa und der Volksrepublik China gemeinsam Erfolg haben können. Der Internationalisierungsprozess des Renminbi steckt noch in den Kinderschuhen und wird erst in einigen oder vielleicht vielen Jahren zu einer vollen Konvertibilität der Währung führen. Und doch ist heute schon absehbar, dass es sich hier um eine der tiefgreifendsten Entwicklungen handelt, welche die Finanzordnung der Zukunft maßgeblich prägen wird.—Robert Scharfe Chief Executive Officer der Luxemburger Börse